In Bamberg werden Segelflugzeuge aus ganz Europa fit gemacht
Autor: Sabine Christofzik
Bamberg, Montag, 03. April 2017
Segelflugzeuge und Motorsegler aus ganz Europa werden bei der Eichelsdörfer GmbH gewartet, repariert und restauriert.
Hoppla, das weiß man doch nicht, wenn man selbst nichts anderes lackiert als vielleicht mal die Heizkörper in der Wohnung. "Bitte die Tür zumachen!", ruft Hans-Ludwig Vornlocher. "Wir arbeiten hier in mit Unterdruck, damit kein Staub reinkommt", erklärt er und wendet in der Lackierkabine zur Demonstration den Segelflugzeugrumpf mitsamt der Vorrichtung auf der er angebracht ist. Fast wie ein Hähnchen am Spieß.
Leer ist der temperierte Raum bei Flugzeugbau Eichelsdörfer so gut wie nie - stellt doch das Lackieren von Flugzeugen und Flugzeugteilen (auch im Auftrag von Herstellern) eine der Säulen, auf denen der internationale Erfolg des Unternehmens gründet.
Bis 1974 selbst Flugzeuge gebaut
Wartung, Reparatur und Restaurierung von Seglern und Motorseglern, darauf hat sich das Unternehmen spezialisiert, seit 1974 die eigene Fertigung dieser Fluggeräte eingestellt wurde. Außerdem ist das Unternehmen in der Hafenstraßen sowas wie der TÜV für diese Flugsportgeräte. Nach 3000 Flugstunden muss jedes Segelflugzeug aus Kunststoff überprüft werden. Ganz gleich, ob motorisiert oder nicht. Faserverstärkter Kunststoff ist heute der Werkstoff der Wahl. Daneben gibt es die Gemischtbauweise: Rumpf Stahlrohrgerüst, Tragfächen und Leitwerke aus Holz, alles mit Polyestergewebe bespannt. Und die nicht mehr populäre Holzbauweise.
Kundschaft auch aus Japan
"Segler aus Holz zu restaurieren, ist ein ganz kleiner Markt", sagt Hans-Ludwig Vornlocher, der den Betrieb im Jahr 2000 von seinem Vater Hans übernommen hat (der sich 2014 zurückgezogen hat, aber noch Mitgesellschafter ist). "Das machen auch nur noch ganz Wenige." Deshalb hat er - nicht nur auf diesem Sektor - Kunden aus vielen Ländern. Sogar aus Japan werden per Schiffscontainer Flugzeuge nach Bamberg gebracht. Momentan sind drei Stück da. Der Firmenchef plant, sie im April auf die Rückreise zu schicken. An den zwei zu restaurierenden Seglern aus Holz muss noch einiges gemacht werden, der moderne aus Kunststoff ist schon fertig.
"Dann haben wir zurzeit - neben den aus Deutschland - noch welche aus England, Tschechien, Österreich, Holland und Belgien da." Vom 3000-Euro-Modell bis zu Luftfahrzeugen, für deren Kaufpreis man sich ein Einfamilienhäuschen hinstellen könnte, ist alles vertreten.
Hans-Ludwig Vornlocher öffnet auf dem Rasenstück vor dem Firmengebäude einen Transportanhänger: "An dem hier zum Beispiel, hängt noch der pulverfeine Wüstenstaub Namibias. Wenn wir ihn fertig haben, bleibt er einige Wochen in Deutschland, geht dann in die USA und wieder nach Namibia. Das ist ein Flugzeug der Oberklasse, das kann man schon sagen."
Innen im Dach des Transporters ruht nicht nur ein Satz Tragflächen, sondern zwei (und andere austauschbare Teile) in roten Halterungen. Für verschiedene Thermik-Verhältnisse.
Großer Dokumentationsaufwand
Einmal im Jahr muss jedes Segelflugzeug zur Lufttüchtigkeitsprüfung. Für knapp 400 hat Flugzeugbau Eichelsdörfer im vergangenen Jahr die Bescheinigung ausgestellt. 40 davon in Italien. "Dort ist der Besitz eines Fluggeräts etwas komplizierter als bei uns. Dazu kommt, dass darauf auch eine Luxussteuer erhoben wird. Um die zu umgehen, sind viele italienische Flugzeuge in Deutschland zugelassen - und müssen auch nach deutschen Vorschriften überprüft werden."Bürokratie ist etwas, von dem sich der 49-jährige Firmenchef sehr gebremst fühlt. "Bei dem was wir machen, ist der Dokumentationsaufwand immens. Und dann gibt es in der Luftfahrt so viele realitätsferne Bestimmungen. Ein Beispiel: Vor dem Gesetz ist eine Turbine eine Turbine. Ganz gleich, ob sie an einem Airbus 380 oder an einem Motorsegler zum Einsatz kommt. Und so kann es auch schon mal acht Jahre dauern, bis einen Turbine für so ein kleines, leichtes Flugzeug die Zulassung bekommt - vor allem, weil in diesem Fall die Behörden die Vorgaben so buchstabengetreu umsetzten, dass sie sich selbst ausgebremst haben und nicht und weiterkamen."
Instandgehalten und grundüberholt werden in Bamberg aber nicht nur ganze Flugzeuge, sondern auch Bauteile und Baugruppen. Hans-Ludwig Vornlocher deutet auf Formen, die in einer der Hallen von der Decke hängen und auf Regalen lagern. "Wir fertigen für bestimmte Flugzeugtypen auch Teile nach."
Und was sind das häufigste Schadensbild, wenn es an einem Flieger etwas zu ersetzen gibt? "Die Folgen des Ringelpietz. So nennt man in der Fliegersprache den Kontakt einer Tragfläche mit dem Boden oder einem Hindernis, der zur Folgen hat, dass das Flugzeug in eine unkontrollierte Drehbewegung gerät. Dabei wirken enorme Kräfte auf das gesamte Material ein. Ansonsten haben wir es auch viel mit aufgekratzten Bäuchen zu tun."
Drei Auszubildende
Was den Bogen zurück schlägt zum Lackieren. Präzision ist dabei oberstes Gebot. An den Tragflächen noch mehr als am Rumpf. Jede Unebenheit kann die aerodynamischen Eigenschaften beeinflussen. Und neuen Lack auf dem alten anbringen hieße, das Gewicht des Fluggeräts zu verändern. Also muss vorher jeder Quadratzentimeter Altlack abgeschliffen werden.
Unter den zehn fest angestelltenn Mitarbeitern sind Lackierer, Schreiner und Flugzeugschweißer. Der Chef selbst ist Segelflugzeugbauer. Drei Auszubildende, darunter eine junge Frau, lernen im Betrieb den Beruf des Leichtflugzeugbauers. "Wir versuchen, für den eigenen Bedarf auszubilden, aber das ist nicht immer einfach", sagt Hans-Ludwig Vornlocher und zählt Arbeitsstellen auf, die ehemalige Eichelsdörfer-Azubis jetzt haben. "Das sind fast alles echte Traumjobs im Bereich der Luftfahrt."
"Fieseler Storch" restauriert
Ein Traum-Auftrag für das Unternehmen und eine enorme Herausforderung war vor einigen Jahren die Restaurierung eines "Fieseler Storch", ein im Zweiten Weltkrieg eingesetztes Aufklärungsflugzeug, das viele Jahre in der Halle des Kasseler Bahnhofs als Dekorationsobjekt von der Decke hing. "Wir haben es innerhalb von drei Jahren wieder in einen flugfähigen Zustand versetzt. Der Motor allerdings wurde woanders fit gemacht, denn das gehört nicht zu unseren Arbeitsgebieten".Dennoch wartet ein Motorflugzeug in den Räumen der Firma auf seine Vollendung. "Wir haben einen Untermieter, der hier seine Maschine aus einem Bausatz selbst zusammensetzt. Mit unserer Hilfe. Ein Rentner, der aus einer Fliegerfamilie stammt, und in dieses Projekt sehr viel Zeit investiert."
Blick in die Firmengeschichte
Beim Bamberger Flugzeug-Konstrukteur Willi Messerschmitt, hat Firmengründer Johann Eichelsdörfer gelernt und einige Zeit gearbeitet. In seinem 1948 gründeten, eigenen Handwerksbetrieb stellte er zunächst Sportboote und Möbel her und führte Metallarbeiten aus. Eichelsdörfer war der Onkel von Hans Vornlocher, der den Betrieb ab 1972 weiterführte.Der Flugzeugbau begann 1951 und wurde 1974 eingestellt. Fortan konzentrierte sich das Unternehmen auf Instandhaltung und Grundüberholung von Segelflugzeugen und Motorseglern aller Bauarten und die Fertigung von Flugzeugteilen. Für die Industrie und den Automobilbau werden Formen und Faserverbundbauteile hergestellt.