In Bamberg kam der Tod aus heiterem Himmel
Autor: Petra Mayer
Bamberg, Dienstag, 17. Februar 2015
Es geschah an einem Aschermittwoch: Am 14. Februar 1945 starben beim ersten schweren Luftangriff auf Bamberg 94 Menschen. Acht Tage später brachten Bomben 216 Männern, Frauen und Kindern den Tod. Ein Zeitzeuge erinnert sich an Stunden der Angst (siehe angehängte Dateien).
Winzige Pünktchen waren es zunächst nur, die sich von der Friesener Warte her in rasender Geschwindigkeit näherten. Dann "hörte man auch schon das monotone Gebrumm", wie sich Rudolf Albart in seinem Kriegstagebuch erinnerte. Plötzlich sei alles erfüllt gewesen von einem Brausen, dem Dröhnen der 33 Bomber der 3. US-Luftdivision, die Bamberg um die Mittagszeit erreichten: an einem sonnigen Wintertag, der schon einen Vorgeschmack auf den Frühling gab. Zwei Minuten lang standen die "fliegenden Festungen" über der Stadt. Zwei Minuten, die 94 Männer, Frauen und Kinder das Leben kosteten. Dann drehten die Flugzeuge wieder ab. Und der Aschermittwoch 1945 ging als einer der schwärzesten Tage in die Geschichte der Domstadt ein.
Ja, das Unvorstellbare geschah vor 70 Jahren, nachdem sich viele Menschen zuvor noch in trügerischer Sicherheit gewähnt hatten.
Wolkenloser Himmel
Eineinhalb Monate später am Aschermittwoch, dem 14. Februar: der erste schwere Luftangriff auf Bamberg. Wobei eine Verkettung unglücklicher Umstände zu den Ereignissen führte, die sich für immer ins Gedächtnis der Überlebenden einbrannten. So kam die 94. Bombergruppe der in Südengland stationierten 3. US-Luftdivision, die den großen Verschiebebahnhof in Chemnitz angreifen wollte, vom Kurs ab. Und der Kommandeur entschied sich, den Rangierbahnhof einer nahe gelegenen Stadt anzugreifen, über der der Himmel kaum Bewölkung zeigte: Bamberg.
Mehr als 200 Sprengbomben und rund 13 000 Stabbrandbomben trafen damals den Bahnhofsbereich und angrenzende Wohngebiete. Ein Munitionszug explodierte. Dunkle Rauchschwaden hingen über dem Gelände. Etliche Bahnmitarbeiter starben, ebenso Schüler aus dem Umland, die am Bahnhofspostamt auf ihren Bus gewartet hatten. Fast 24 Stunden lang war die Feuerwehr nach dem ersten schweren Luftangriff auf Bamberg im Einsatz.
Um die Mittagszeit
Am 22. Februar: die zweite Bombardierung, die noch weit mehr Menschenleben kostete. "Es muss um die Mittagszeit gewesen sein, als wir die Flugzeuge hörten. Dann das Heulen fallender Bomben und eine fürchterliche Explosion erschütterte das Haus", erinnert sich Günter Weiland, der im Keller der Hainstraße 51 mit Familienangehörigen und anderen Bambergern überlebte. "Die Luft war voller Staub, das Atmen fiel schwer. Die Beleuchtung war ausgefallen." Ein schwerer Steinbrocken hatte das Kinderbett getroffen, auf dem zwei Mädchen saßen. "Sie blieben unverletzt. Es war wie ein Wunder." Nach einiger Zeit wieder das "Heulen der Bomben" und eine weitere Explosion. "Dann wurde es ruhig und wir warteten auf die Entwarnung. Doch nichts war zu hören." Voller Angst, verschüttet zu sein, wollten die Menschen durch die Waschküche ins Freie flüchten. Die zunächst verklemmte Tür war nach einiger Anstrengung auch zu öffnen, so Weiland. "An der südlichen Hauswand sah man zwei Bombentrichter. Ein Nachbarhaus, angrenzend an den hinteren Teil unseres Gartens war nicht mehr da": Die Familie des 73-jährigen Lademeisters a. D. Heinrich Boxdorfer hatte in dem Anwesen der E.T.A.-Hoffmann-Straße gewohnt. Niemand aber überlebte außer dem Vater, der als Soldat diente: "Er kam nach Kriegsende aus der Gefangenschaft, klingelte bei uns und fragte meine Mutter, ob sie wüsste, wohin seine Familie gegangen sei."
Im Bunker gestorben
216 Männer, Frauen und Kinder starben am 22. Februar 1945. Auch im großen Stephansberg-Bunker, wo 54 Menschen den Tod fanden. "Aus einem Großteil der Bamberger waren Höhlenbewohner geworden", schrieb Rudolf Albart in seinem Bamberger Kriegstagebuch "Die letzten und die ersten Tage". Doch wurden der Obere Stephansberg und Kaulberg schwer getroffen. Apokalyptisch anmutende Bilder im Herzen der Domstadt: Der Bereich um den Grünen Markt und den Obstmarkt glich einer Trümmerlandschaft. Ruinen waren die Alte Maut und die städtische Altane. Zwischen Hainstraße und Priesterseminar, im weiten Bereich um den Bahnhof bis hin zum rechten Regnitzarm sah man die Spuren der Zerstörung. Die Erlöserkirche war getroffen worden, während die Obere Pfarre diesem Schicksal knapp entging.
Wohin mit den Toten?
"Die Friedhofsverwaltung stand vor dem ernsthaften Problem: Wohin mit den vielen Toten?", berichtete Albart. Viele wurden erst Monate später aus den Trümmern geborgen, aus Ruinen, die zum Himmel ragten. Fast 7000 Bamberger waren am 22. Februar auch von einer Minute zur anderen obdachlos geworden und standen buchstäblich vor dem Nichts.