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Imbissbesitzer You Xie rettet Bambergs CSU


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Montag, 17. März 2014

Die Stadtratswahl 2014 endet mit einem Debakel für Bambergs CSU, die drei Sitze gegenüber 2008 verliert. Es wäre noch schlimmer ausgefallen ohne das herausragende Ergebnis des Deutschchinesen You Xie.
Politischer Senkrechtstarter auf der Liste der CSU: Der Deutsch-Chinese You Xie, hier stehend hinter den CSU-Stadträten Barbara Blecha und Klaus Gallenz, erhielt die meisten Stimmen aller CSU-Kandidaten.   Fotos: Matthias Hoch


Ente gut, alles gut. So lautete das Wahlkampfmotto des Deutschchinesen You Xie, Journalist und Betreiber eines China-Imbisses am Kranen. Es hat sich in überraschender Weise bewahrheitet. Mit 10621 Stimmen wurde der politische Neuling zum meist gewählten Politiker auf der Bamberger CSU-Liste - noch vor den CSU-Stadträten Gerhard Seitz, Christian Lange und Helmut Müller.

You Xie ist es zu verdanken, dass die CSU am Montag bei der Auszählung der Einzelstimmen nicht noch tiefer abstürzte. Denn der gewaltigen Materialschlacht zum Trotz, mit der sich die Christsozialen beim Wähler als Hort der Zukunft präsentierten, hat die Union in Bamberg ihr Ziel, 14 Mandate plus X, bei weitem verfehlt. Am Ende musste Kreisvorsitzender Christian Lange enttäuscht zugeben, dass es nur zu zwölf Mandaten gereicht hat.
Die CSU ist damit zwar immer noch stärkste Fraktion, aber vom einstigen Glanz einer Mehrheitspartei ist nicht mehr viel übrig geblieben. "Wir konnten den Verlust solcher Stimmenbringer wie Werner Hipelius und Melanie Huml nicht kompensieren. Außerdem hat uns die niedrige Wahlbeteiligung geschadet", begründete Lange das Abschneiden.

Auf sage und schreibe 27,51 Prozent ist die CSU abgestürzt. Doch während Lange hervorhob, dass die CSU immer noch stärkste Fraktion ist, fand das Ergebnis bei seinen Mitstreitern keine Gnade. "Ich hätte mir wirklich etwas Besseres vorstellen können", sagte ein zerknirschter Clemens Söldner, seit 65 Jahren Parteisoldat. Er hatte den ganzen Nachmittag im Rathaus verbracht und miterleben müssen, wie sich die Hoffnungen einer engagierten Wahlkampf-Mannschaft in Luft auflösten. Gisela Schlenker etwa ist eine von vielen CSU-Bewerberinnen, die den Einzug ins Rathaus trotz großer Mühen verpassten: Sie wollte nichts beschönigen, nannte das Abschneiden unterirdisch und sprach davon, dass die CSU nun auch über das Personal an der Spitze diskutieren müsse.

Starke appelliert an Kompromissfähigkeit aller Gruppierungen

Rein rechnerisch haben CSU und SPD künftig 22 Stimmen, genau die Hälfte des 44 Sitze zählenden Stadtrats. Zusammen mit der des OB ergäbe sich dadurch eine hauchdünne Mehrheit. Doch Andreas Starke ist weit davon entfernt, sich auf solche Rechenspiele einzulassen. "Angesichts der Aufgaben der nächsten Jahre können wir die Entscheidungen nicht auf so tönerne Füße stellen" kündigte das Stadtoberhaupt an. Starke appelliert statt dessen an die Kompromissfähigkeit aller Gruppierungen. Er sprach aber auch von der Verantwortung des Oberbürgermeisters, Mehrheiten zu finden und die verschiedenen Kräfte zu integrieren: "Dieser Aufgabe will ich mich gerne stellen."

In der Tat kommen auf die Verwaltungsspitze ungewohnte Herausforderungen zu. Neben CSU und SPD hat der Wähler eine Rekordzahl von sieben Gruppierungen in den Stadtrat gewählt, ein Flickenteppich von politischen Zielen und Prioritäten muss da unter einen Hut gebracht werden. Allen voran werden die Grünen zur dritten und künftig wohl auch mitregierenden Kraft. Acht Sitze hat die GAL erobert, einen mehr als vor sechs Jahren. Fast schwang ein wenig Enttäuschung mit, als Ursula Sowa und ihre Mitstreiter erkennen mussten, dass es zu neun Sitzen doch nicht gereicht hatte. Stärker als bisher sind auch die Freien Wähler geworden. Mit vier Sitzen haben Dieter Weinsheimer, Lauer und Co. die Ziele erreicht. Wie 2008 ist Norbert Tschener mit 19 411 Stimmen auch 2014 meist gewählter Stadtrat und kann drei weitere Bürger-Block Leute ins Rathaus ziehen.

Junger Gärtner schaffte mit 9551 Stimmen den Sprung auf Platz 2 der SPD-Liste

Sehr zufrieden konnte auch Daniela Reinfelder sein, der es mit BUB auf Anhieb gelungen ist, in Fraktionsstärke ins Rathaus einzurücken. Erklärung für diesen Erfolg ist auch das gute Abschneiden von Pankraz Deuber, amtierender Stadtrat der CSU-Fraktion und vor kurzem aus der Partei ausgetreten. Doch es gab noch viele andere Überraschungen: zum Beispiel Franz-Wilhelm Heller. Der alt gediente Fliegenträger hat es den Kreuzchen der Briefwähler zu verdanken, dass er es am Schluss der Auszählung doch noch in den Kreis der neuen CSU-Stadträte schaffte. Oder Sebastian Niedermaier. Der junge Gärtner aus der Mittelstraße schaffte mit 9551 Stimmen den Sprung auf Platz 2 der SPD-Liste, deutlich vor Klaus Stieringer und über 2000 Stimmen vor SPD-Fraktionschef Wolfgang Metzner. Sebastian Niedermaiers Schwester Anna, die für die CSU kandidierte, belegt die Position der zweiten Nachrückerin.

Aus dem Stadtrat verbannt

Das Beispiel zeigt: Die Bamberger haben offenbar Geschmack an unverbrauchten Persönlichkeiten gefunden, die das Gegenteil des karrierebewussten Politikertypus verkörpern. Manch langjährige Stadträte bekamen freilich die Kehrseite dieser Neigung zu spüren. Nicht mehr dem neuen Stadtrat gehören etwa Klaus Gallenz an, der sich mit dem ersten Nachrückerplatz der CSU begnügen muss. Auch die amtierenden Stadträtinnen Barbara Blecha und Gaby Seidl (beide CSU) schafften den Sprung ins Rathaus nicht mehr. Bei der SPD gehören Detlev Hohmuth, Armin Andreas und Monika Bieber zu den Abgewählten. Dafür konnten sich Felix Holland und Ingeborg Eichhorn durchsetzen.