Druckartikel: "Im Gesundheitssystem läuft etwas schief"

"Im Gesundheitssystem läuft etwas schief"


Autor: Marion Krüger-Hundrup

Bamberg, Freitag, 15. Februar 2019

Der Ärztliche Kreisverband Bamberg lädt ins Kino "Lichtspiel" ein. Gezeigt wird der Dokumentarfilm "Der marktgerechte Patient".
Szene aus dem Film "Der marktgerechte Patient"  Foto: Salzgeber Filmverleih


Nicht medizinische Ethik oder gesundheitliche Aspekte stehen in "Krankenhausfabriken" im Vordergrund, sondern das Geld: "Gesetze der Marktwirtschaft sollen für die Behandlung von Menschen gelten, das geht nicht!", betont Dr. Georg Knoblach, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Bamberg. Einen "marktgerechten Patienten gibt es nicht, das ist eine Definition aus der Wirtschaft", beklagt Knoblach. Ein Patient, der hoffnungsvoll zum Arzt gehe, um sich behandeln zu lassen, sei etwas Individuelles, Persönliches: "Wirtschaftliche Überlegungen stehen in der Zweierbeziehung Arzt - Patient außen vor."

Doch dass diese hehre Grundeinstellung nicht in allen Krankenhäusern vorherrscht, zeigt der Dokumentarfilm "Der marktgerechte Patient". Der Ärztliche Kreisverband Bamberg lädt alle Interessierten zu der kostenfreien Vorführung ein: am Mittwoch, 20. Februar, um 18 Uhr im Kino "Lichtspiel", Untere Königstraße 34. Der Film dauert 80 Minuten, danach besteht die Möglichkeit, den im Film mitwirkenden ehemaligen Chefarzt Professor Ulrich Hildebrandt (Berlin) zu befragen.

"Das Thema geht alle an", so Knoblach, daher öffne der Ärztliche Kreisverband diesen ursprünglich als Fortbildung der Ärzteschaft geplanten Kinoabend für jeden und jede. Natürlich sei der Titel des Films "überspitzt". Doch er zeige, "was schief läuft in unserem Gesundheitssystem", besonders in den privatwirtschaftlich geführten Kliniken. "In der Bamberger Region sind wir in der glücklichen Lage, dass alle Kliniken in öffentlicher Hand sind", sagt Georg Knoblach. Doch auch diese gerieten wegen der "DRG" unter Druck.

"DRG" steht für "Diagnosis Related Groups", also sogenannte "Fallpauschalen", nach denen die Behandlung in Krankenhäusern abgerechnet wird. Damit ist jeder Diagnose ein festes Entgelt zugeteilt: "Das bedeutet, je schneller ein Patient das Krankenhaus verlässt, desto weniger Kosten verursacht er", erklärt der Mediziner Knoblach. Das bedeute aber auch, dass privatwirtschaftlich orientierte Krankenhäuser versuchten, die Diagnose, die wenig Ertrag bringe, nicht in ihren Kliniken behandeln zu lassen und andere gewinnbringende offensiv bewerben.

Für Georg Knoblach liegt es auf der Hand, dass auch für die Ärzte und Pflegekräfte, die in solchen Kliniken arbeiten müssen, die "DRGs" nur Nachteile bringen. Denn der Druck, die Liegezeit so kurz wie möglich zu halten, führe zu ständigem Stress, Anfälligkeiten für Fehler und vor allem zu einem fehlenden innigen Verhältnis zu den Patienten.

Akteure, Opfer und Kritiker

Der Dokumentarfilm "Der marktgerechte Patient" - in Szene gesetzt von Leslie Franke und Herdolor Lorenz - lässt Akteure, Opfer und Kritiker zu Wort kommen. Ihre illustrativ bebilderten Statements sind deprimierend, erschreckend, teilweise sogar skandalös. Nichts also für allzu zart besaitete Gemüter. Auch wenn der "marktgerechte Patient" Gesprächspartner findet, die sich gegen diese Entwicklung stemmen, lässt offensichtlich die gesetzliche Lage nicht viel Spielraum zu. Der Film zeigt aber nicht nur die unvorhergesehenen Auswüchse der Regelung, die eingeführt worden war, einem drohenden Kollaps des deutschen Gesundheitssystems entgegenzuwirken. Der Film stellt implizit auch immer die Frage: Wie viel sind unsere Gesellschaft und unsere Mitmenschen uns wert? Wie viel sollten sie uns wert sein?

Dr. Knoblach verweist auf die Bayerische Verfassung, in der nicht das "Prinzip der Gewinnmaximierung verankert ist, sondern vielmehr das Allgemeinwohl". Das sei schließlich auch Ziel ärztlichen Handelns. Patientenwohl stehe generell über dem Geld. So habe der Ärztliche Kreisverband Bamberg 2018/2019 eine Fortbildungs- und Vortragsreihe zum Thema "Medizinische Ethik und Ökonomie" gestartet. In dieser Reihe stehe nun die öffentliche Filmvorführung.