Im Bamberger Rathaus geht es um die Macht
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Dienstag, 06. Mai 2014
Am Tag vor der Wahl überschlagen sich die Nachrichten. Peter Gack (GAL) kandidiert gegen Christian Lange (CSU), Heinz Kuntke (SPD) zieht seine Bewerbung für den Dritten Bürgermeister zurück. Für ihn tritt SPD-Fraktionschef Wolfgang Metzner an. Auch Dieter Weinsheimer (FW) will Bürgermeister werden. Wer ist Ihr Favorit? Stimmen Sie ab.
Am 1. April konnten die Leser noch schmunzeln über den Scherz dieser Zeitung und das Gedankenspiel eines Vierten Bambeger Bürgermeisters. Am Montag dieser Woche wäre unsere Satire beinahe von Wirklichkeit eingeholt worden. In einem Gespräch über die Zusammenarbeit in der künftigen Wahlperiode hat eine Delegation aus CSU- und SPD-Stadträten den Grünen dem Vernehmen nach einen Referentenposten angeboten, wenn sie für den Zweiten und Dritten zu diesem Zeitpunkt noch als hauptamtlich geplanten Bürgermeister stimmt. Als Unterpfand für eine mögliche Zusammenarbeit in der beginnenden Wahlperiode hätten die Grünen Zugriff auf eine Spitzenposition im Rathaus erhalten.
Grüne lassen sich nicht kaufen
Doch daraus wird nichts, wie Peter Gack am Dienstag gegenüber unserer Zeitung erklärte. Die Grünen wollten nicht Inhalte von Personalentscheidungen abhängig machen, außerdem sei eine weitere Kostenmehrung durch einen dritten Bürgermeister und einen zusätzlichen Referenten nicht mit ihrer Politik vereinbar, sagte Gack: "Wir können eine solche Lösung nicht mittragen."
Mit der Absage an die Unterhändler Helmut Müller, Gerhard Seitz (beide CSU) und Klaus Stieringer (SPD) ist auch eine zweite Entscheidung gefallen. Auch die Grünen stellen einen Kandidaten auf. Der Bewerber der CSU der CSU für den Zweiten Bürgermeisterposten, Christian Lange, kann folglich nicht mit einer breiten Mehrheit rechnen.
Unter drei grünen Interessenten hat die GAL Peter Gack ausgewählt. Der 55-jährige Betriebswirt möchte seine Kandidatur mit inhaltlichen Positionen in den Bereichen städtischer Haushalt, Verkehr, Energie sowie Umwelt und Soziales verknüpfen.
Hört man in die Fraktion der Grünen hinein, so sprachen sich die Alternativen offenbar einvernehmlich für Gack aus. Grund: Dem Haushaltsexperten, der seit 1984 im Rathaus sitzt, wird bei der Wahl aus der Mitte des Stadtrats eher als Ursula Sowa und Wolfgang Grader zugetraut, die rechnerische Mehrheit von CSU und SPD zu knacken.
Knappe Mehrheit mit 24 Stimmen
Anders als vor sechs Jahren, als Wolfgang Grader (GAL) gegen Werner Hipelius (CSU) kandidierte, gehen Beobachter 2014 von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Kandidaten aus. Zwar verfügen die CSU mit zwölf und die SPD mit zehn Sitzen über eine knappe Mehrheit von 24 Stimmen, zählt man die Stimmen von Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) und FDP-Stadtrat Martin Pöhner dazu. Doch da die Wahl geheim vonstatten geht, können schon wenige Abweichler aus den Reihen der beiden großen Fraktionen die Strategie ihrer Parteibosse über den Haufen werfen.
Käme es dazu, wäre das bisher im Bamberger Stadtrat verankerte Machtmodell einer Zusammenarbeit aus CSU und SPD ebenso hinfällig wie vermutlich die Kür des Dritten Bürgermeisters, die in der Sitzungsdramaturgie gleich nach der Wahl der Nummer 2 folgen soll. Denn die Vereinbarungen von CSU und SPD sehen vor, erst den CSU-Kandidaten Christian Lange und dann den SPD-Kandidaten aufs Schild zu heben.
Wie offen der Wahlausgang am Mittwoch nach wie vor ist, zeigt sich auch daran, dass sich am Vortag die Nachrichten noch einmal überstürzten. Kaum hatten die Grünen und die Freien Wähler erklärt, dass ein hauptamtlicher Bürgermeister die Stadt 130.000 Euro im Jahr kosten würde und eine solche Variante für sie nicht in Frage kommem, da war aus den Reihen der SPD auch schon das Dementi zu hören. Der bisherige SPD-Kandidat Heinz Kuntke zog zurück und machte Platz für einen Kandidaten, der nun "ehrenamtlich" aktiv sein möchte.
"Wir greifen die Stimmung im Stadtrat und in der Bevölkerung gegen einen weiteren hauptamtlichen Bürgermeister auf und verzichten auf die Forderung nach einer hauptamtlichen Position", sagte Oberbürgermeister Andreas Starke. Dies solle ein Zeichen an die Fraktionen sein, um eine sachliche Zusammenarbeit im Stadtrat möglich zu machen. Ein solcher ehrenamtlicher Bürgermeister soll sich laut Starke auf repräsentative Aufgaben beschränken, wofür es in der Weltkulturerbestadt Bamberg hohen Bedarf gebe.
Wer der neue Kandidat der SPD ist, entschied sich erst am Dienstagabend. Wie Starke mitteilte, stellt die Sozialdemokraten den bisherigen Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Metzner als Bürgermeisterbewerber auf. Sollte Metzner er eine Mehrheit erhalten, werde Klaus Stieringer neuer Fraktionschef der Bamberger SPD.
Offen ist, ob es eine Kampfkandidatur um das "ehrenamtliche Bürgermeisteramt" geben wird. Noch vor dem Bekanntwerden des SPD-Schwenks hatte Dieter Weinsheimer von den Freien Wählern seinerseits das Rennen um einen solchen Posten ohne Referatsverantwortung eröffnet, in dem er seinen Hut in den Ring warf.
Die CSU schweigt sich aus
Weinsheimer traut sich zu, kraft seiner langjährigen Erfahrung im Rathaus die Verpflichtungen eines Bürgermeisters sehr gut zu erfüllen. Auch, was die finanzielle Seite angeht, hatte sich der ehemalige Schulleiter bereits Gedanken gemacht. Der neue ehrenamtliche Bürgermeister solle im Unterschied zu einem hauptamtlichen Kollegen mit B- Besoldung nur eine Aufwandsentschädigung bekommen, die 1792 Euro beträgt - den vierfachen Satz dessen, was ein Stadtrat erhält. Ob Weinsheimer nach dem Rückzieher Kuntkes bei seiner Kandidatur bleibt, will er von seinen Chancen gegen den neuen SPD-Kandidaten abhängig machen.
Von der CSU war am Dienstag wenig zu hören. Chef-Unterhändler Helmut Müller ließ sich zur Bürgermeisterfrage kein Sterbenswörtchen entlocken.

