Im Angesicht der Katastrophe
Autor: Stefan Fößel
Bamberg, Donnerstag, 18. Oktober 2018
Unter Federführung des Landkreises probten Katastrophenschützer den Ernstfall.
Im sogenannten Abrollbehälter auf dem Gelände des Hallstadter Bauhofs herrscht ein reger Austausch zwischen dem örtlichen Einsatzleiter, Kreisbrandrat Bernhard Ziegmann, und zahlreichen anderen Uniformierten aus dem Landkreis. Polizisten ordern einen Überwachungshubschrauber, Feuerwehrleute fragen Löschwasserbehälter an und der Rettungsdienst korrigiert die Verletztenzahl nach oben. Fast zeitgleich findet im Keller des Landratsamts eine Lagebesprechung der Führungsgruppe Katastrophenschutz statt. Henning Juntunen, der beim Landratsamt den Geschäftsbereich Sicherheit und Ordnung leitet, lässt sich auf den neuesten Stand bringen. Oberstleutnant Volker Rippl sagt seitens der Bundeswehr 565 Feldbetten für die Evakuierten zu, Markus Dotterweich meldet für die Polizei Bamberg-Land, dass ein Pfadfinderheim geräumt und die Bundesstraße 279 gesperrt wurde. Die Feuerwehr misst derweil noch die Gaskonzentration in der Luft, das Technische Hilfswerk schickt einen Baufachberater. "Wir wollen überprüfen, welche Gebäude einsturzgefährdet sind", erklärt THW-Ortsbeauftragter Michael Friedrich.
All das ist Teil einer großangelegten Katastrophenschutzübung, der folgendes Szenario zugrunde liegt: In Baunach ist ein Kesselwagen mit Flüssiggas explodiert, nachdem er von einem herabstürzenden Flugzeugteil getroffen wurde. Ein weiterer Wagen und eine nahe gelegene Gewürzfabrik geraten in Brand, es gibt einen Toten und zahlreiche Verletzte, die Gaswolke zieht weiter westwärts. Das Industriegebiet nördlich von Baunach wird evakuiert, auswärtige Schulen verständigt, damit die Schüler zunächst nicht nachhause gefahren werden. Doch bereitet den Einsatzkräften eine andere Schulklasse noch mehr Sorgen, die die Gewürzfabrik besichtigt hat und als vermisst gilt.
Ob es sich um einen Katastrophenfall handelt, entscheidet aufgrund der vorliegenden Informationen der Landrat, das Landratsamt ist die zuständige Katastrophenschutzbehörde. "Das hatten wir zum Glück noch nie, aber wir müssen üben, damit die Einsätze funktionieren, wenn es einmal soweit kommt", sagt Johann Kalb. Bei einem Ortsbesuch mit dem gastgebenden Bürgermeister Thomas Söder und Regierungsvizepräsident Thomas Engel (alle CSU) würdigen Kalb wie Söder den ehrenamtlichen Einsatz der fast 140 beteiligten Einsatzkräfte.
Gute Zusammenarbeit
Um 14.30 Uhr endet die Übung abrupt und alle Beteiligten müssen sich vom auf Stress angelegten Problemlösungsmodus auf die Analyse der vergangenen Stunden umstellen. "Die Arbeit der Einsatzkräfte vor Ort hat sehr gut geklappt, sie haben sich ausgezeichnet aufeinander abgestimmt", sagt der Verwaltungschef des Landratsamtes, Steffen Nickel. Verbesserungs- und Schulungsbedarf gebe es noch bei der Dokumentation. Auch werde das Landratsamt in solchen Fällen künftig Vertreter aus allen Bereichen in die Führungsgruppe mit aufnehmen. "Es wäre zum Beispiel gut gewesen, wenn ein Experte für Immissionsschutz dabei gewesen wäre."
Die Türen des Katastrophenschutzraumes im Landratsamt sind mittlerweile wieder geschlossen. Der Raum bleibt für den Ernstfall vorbehalten, auch wenn sich dieser meist noch unterhalb der Katastrophenschwelle bewegt. In Baunach hat man an diesem Tag nichts vom komplexen Krisenszenario mitbekommen. Dass solche Übungen trotzdem "enorm wichtig" sind, stellt an diesem Tag nicht nur Bürgermeister Söder im fünf Kilometer Luftlinie entfernten Hallstadt fest.