IGeL-Leistungen: Welche Vorsorge lohnt sich wirklich?
Autor: Irmtraud Fenn-Nebel
Bamberg, Freitag, 07. Februar 2020
Viele "individuelle Gesundheitsleistungen" werden nicht von den Krankenkassen bezahlt. Wann sind "IGeL" sinnvoll und wann nicht?
"Ich wurde im Behandlungszimmer, schon untenherum frei auf dem Gyn-Stuhl sitzend, zu einem Ultraschall überredet", beschwert sich eine Patientin. Ein anderer schreibt: "Vor dem Hautkrebsscreening wurde sofort eine Zuzahlung von 25 Euro gefordert." Aber auch so etwas ist zu lesen: "Mein Sehnerv ist bereits weitgehend und irreparabel geschädigt. Mit von der Krankenkasse unterstützter und frühzeitiger Augeninnendruckmessung wäre das nicht so weit gekommen."
Worum geht es? Um Individuelle Gesundheitsleistungen, kurz IGeL. Ihre Erfahrungen teilen Patienten regelmäßig auf einer Internetseite der Verbraucherzentrale. Dabei geht es auch um Unsicherheit in einem Dschungel aus Angeboten, von denen nicht klar ist, ob sie eher nützen oder schaden. Und: Die von den Patienten selbst bezahlt werden müssen.
In Erklärungsnot
Warum ihnen die Entscheidung über die Inanspruchnahme von Untersuchungen überlassen wird und Ärzte durch IGeL zu Verkäufern werden, bringt selbst Beteiligte in einen Erklärungszwiespalt. "IGeL ja, aber nur wenn sie sinnvoll sind und bei ganz strenger Abwägung der Indikation", sagt beispielsweise Wolfgang Rechl, Vizepräsident der Bayerischen Landesärztekammer. "Es muss eindeutig eine Notwendigkeit für die Untersuchung und positive Auswirkungen für den Patienten geben."
Rechls Beispiel: In der Schwangerschaft können Gynäkologen drei Ultraschalluntersuchungen gesetzlich abrechnen. Hat nun der Arzt Bedenken oder die Patientin möchte aufgrund von Beschwerden weitere Untersuchungen, muss sie diese selbst bezahlen. Im Vorfeld sollte deshalb abgewägt werden. "Bringt ein zusätzlicher Ultraschall mehr Klarheit? Dann ist es mir das Geld wert. Oder ich verlasse mich darauf, dass die Kasse schon wissen wird, warum sie nur drei Ultraschalluntersuchungen bezahlt. Dann lasse ich es bleiben§, sagt Rechl.
Gegen die ungefilterte Abgabe
Der Mediziner weiß aus der täglichen Praxis, dass oft von den Patienten selbst die Frage nach einer IGeL kommt. "Wenn das aber medizinisch nichts bringt, ist die Untersuchung abzulehnen. Wenn jemand aus Angst vor bösartigen Erkrankungen in kurzen Abständen immer wieder einen Ultraschall eines Organs oder eine Knochendichtemessung verlangt, müsse man abraten. "Für verlässliche Aussagen müssen zeitliche Abstände eingehalten werden."
Die Vorstellungen und Bedürfnisse des Experten mit denen des Patienten abzugleichen, sei oft ein Spagat. In keinem Fall dürften IGeL zu einer Mehrung des ärztlichen Einkommens führen.
Wichtig seien zwei Dinge: Dass der Patient dem Arzt vertraut und der Arzt gewissenhaft mit den IGeL umgeht. "Er muss davon überzeugt sein, dass es für den Patienten einen Zusatznutzen bringen kann."