Kurzfilmtage Bamberg: "Ich fahre, also bin ich"
Autor: Petra Mayer
Bamberg, Donnerstag, 26. Januar 2017
Zurück in die 70er Jahre führt ein Experimentalfilm, der im Regionalfilm-Wettbewerb am 28. Januar ein versunkenes Bamberg zeigt.
Pöbeln, Hupen, Klingeln: Radfahrer gegen Fußgänger, Fußgänger gegen Autofahrer, Autofahrer gegen Radfahrer - mit Vollgas voraus. Auf Bambergs Straßen geht's ruppig zu - und das nicht erst seit der Jahrtausendwende. So ist im Regionalfilm-Wettbewerb der Bamberger Kurzfilmtage morgen ein Streifen zu sehen, der exakt vier Jahrzehnte zurück in die Vergangenheit führt und diverse "Kriegsschauplätze" beleuchtet: "radfahrn."
Erste Erfahrungen mit 14 Jahren
"Ich war 14, als ich in Bamberg meinen ersten - leider missratenen Film - drehte", erinnert sich Stephan Grosse-Grollmann. Sieben Jahre später entstand "radfahrn" als erstes gelungenes Werk. Zum Darsteller machte der Franke seinen Bruder Veit, der dafür quer durch die Innenstadt strampeln musste: Eine Innenstadt, in der die Fußgängerzone noch als Neuerrungenschaft galt. Und sich die bundesrepublikanische Medienwelt am Disput um Bambergs verhassten Röhrenbrunnen - auch "Spaghettiorgel" und "dynamisches Pissoir" genannt - ergötzte.
Grausliger Verkehr
Ja, in diese Zeit führt "radfahrn" zurück. "Denn schon damals herrschte in Bamberg ein grausliger Verkehr, obwohl es noch lange nicht so viele Autos gab wie heute", meint der Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann und Cutter des vierminütigen Filmbeitrags. Ätzend sei es gewesen, sich radelnd durchs Zentrum zu bewegen - verfolgt von einer motorisierten Übermacht. Ein Verdrängungswettbewerb tobte - ganz nach dem Motto "Ich fahre, also bin ich".
Dicke Schlitten im Visier
Bei einem filmischen Statement gegen Luftverpester blieb es nicht. Der nach Mittelfranken emigrierte Künstler drehte später noch einen Streifen, der dicke Schlitten ins Visier nahm. Ja genau, protzige Wagen, wie sie sich allzu oft durch Bambergs schmale Gassen zwängen - belächelt von anderen Verkehrsteilnehmern. Grosse-Grollmann aber steht natürlich auch privat auf umweltfreundliche Alternativen. "Vor 26 Jahren habe ich mein letztes Auto abgeschafft", sagt der passionierte Radfahrer.
Erstmals dabei
Bei den Bamberger Kurzfilmtagen ist der Filmemacher, der an der Nürnberger Akademie der bildenden Künste studierte, erstmals mit von der Partie. Dabei beteiligte er sich schon an anderen Festivals im In- und Ausland, wie der heute 60-Jährige auch auf seiner Homepageberichtet. Fotos, Malereien und Zeichnungen des gebürtigen Bambergs, der zur Präsentation seines Films ins Odeon kommt, sind im Netz ebenfalls zu sehen. Und eben diverse Ausschnitte aus experimentellen Filmen, darunter "radfahrn". Unter dem Titel "Oberfranken dreht auf" läuft der Regionalfilm-Wettbewerb am 28. Januar ab 17 Uhr im Odeonkino (Luitpoldstraße 25).