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I can't get no Desinfektion - Wie sich das Corona-Virus auf Bamberg auswirkt


Autor: Rebecca Ricker

Bamberg, Montag, 02. März 2020

Ganz Deutschland scheint im Corona-Fieber zu sein. Wie zeigen sich die Auswirkungen des Virus in Bamberg?
Foto: News5


Eine Hand voll Fälle in Franken - und die Regale im Supermarkt sind leer.

"Seit Dienstag, als mehr Coronafälle in Deutschland bekannt wurden, gibt es eine große Nachfrage nach Flächen- und Handdesinfektionsmitteln", berichtet Marcel Weigang, Geschäftsführer der Tegut-Filiale am Bahnhof. "So einen Ansturm auf Desinfektionsmittel hatten wir noch nie." Auch haltbare Lebensmittel wie Reis und Nudeln werden laut Weigang verstärkt gekauft.

Für Hamsterkäufe besteht laut der Ärztin Dr. Susanne Paulmann vom Gesundheitsamt Bamberg kein Grund: "Es sind keine Abrieglungen ganzer Städte geplant. Wenn man in einer häuslichen Quarantäne ist, weil man direkten Kontakt mit einem Infizierten hatte, dann können immer noch Freunde oder Familie Essen vor die Tür stellen."

Apotheker Anatsch Ogün spürt ebenfalls den Ansturm auf Desinfektionsmittel und Atemmasken. Die Anfrage sei so groß, dass der Hersteller nicht mehr liefern könne. Das kann für Menschen, die aufgrund anderer Erkrankungen auf Desinfektionsmittel angewiesen sind, zum Problem werden. "Wir merken die Panik vieler Kunden", sagt Ogün. "Wenn aber Hygienemaßnahmen eingehalten werden, besteht keine große Gefahr."

Auch Tourismuskauffrau Kerstin Friedmann spürt die Auswirkungen des Virus': "Aida hat alle Reisen in Asien abgesagt", berichtet sie. Die Kunden bekämen in solchen Fällen, sowie bei Reisewarnungen des Auswärtigen Amts das Geld vom Veranstalter komplett zurück. Umbuchen sei allerdings schwierig, da unklar ist, welche Regionen als nächstes betroffen sind. Momentan müssen die Betroffenen also noch warten.

Thomas Meier, Schulleiter des Clavius-Gymnasiums, ist bisher nur wenig betroffen. "Das Gesundheitsministerium hat Eltern, die aus Risikogebieten zurückkehren, freigestellt, ihre Kinder nicht zur Schule zu schicken. Wir hatten allerdings keine Krankmeldung deswegen", sagt er. Falls ein Corona-Fall in der Schule auftreten sollte, würde das Gesundheitsamt entscheiden, wie die Schule damit umgehen soll: "Ich gehe davon aus, dass dann die Schule vorübergehend geschlossen wird." Den Schulablauf musste das Gymnasium bisher nicht ändern, allerdings rufen viele besorgte Eltern an.

Maßnahmen der Stadt

Um der Panik entgegenzuwirken gibt es eine bayernweite Hotline des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Zudem hat das Landratsamt Bamberg fünf bis sechs Mitarbeiter bereitgestellt, die während der Öffnungszeiten auf Fragen zu Corona Auskunft geben. Das Landratsamt ist beim Thema Gesundheit auch für die Stadt Bamberg verantwortlich.

Die Leitung ist häufig besetzt, da jeden Tag etwa 40 bis 50 Personen anrufen. Bis jetzt haben sich im Landkreis Bamberg 95 Bürger gemeldet, die in Risikogebieten waren. Bei den meisten kann eine Corona-Infektion schon nach wenigen Minuten ausgeschlossen werden. Laut der Amtsärztin Susanne Paulmann sollte man sich im Verdachtsfall lieber telefonisch melden, als gleich zum Arzt zu gehen: "Wir können dann besser koordinieren wo und wann ein Test durchgeführt wird. In der Praxis hingegen kann man andere anstecken."

Wegen der hohen Nachfrage richtet das Gesundheitsamt Bamberg in den nächsten Tagen eine besondere Hotline dafür ein. Außerdem haben Stadt und Landkreis zusammen einen Krisenstab gebildet, der am Dienstagmittag (3. März) erstmals tagen wird. Der Krisenstab beschäftigt sich unter anderem mit der Beschaffung von zusätzlichem Desinfektionsmittel, Atemmasken für das Pflege- und medizinische Personal, sowie dem Umgang mit Großveranstaltungen. Zur Information der Bürger findet zudem am Mittwochabend im Klinikum in Scheßlitz eine Informationsveranstaltung statt.

Bekämpfung der Panik

Georg Knoblach vom ärztlichen Kreisverband Bamberg sieht die Aufgabe der Ärzte primär in der Bekämpfung der Panik. "Das Virus ist vermutlich weniger gefährlich als die jährliche Influenza." Die angegebene Sterberate sei nicht verlässlich, da die chinesische Regierung falsche Zahlen herausgebe und die Anzahl der Erkrankten deutlich höher sei.

Die Taktik der chinesischen Regierung, die Epidemie erst zu verschweigen und dann drastische Maßnahmen wie die Quarantäne für Millionen Menschen zu verhängen, verursache allerdings Unsicherheit. So entständen auch Fake-News, zum Beispiel aus der Reichsbürgerszene. Sie nutzen die Unsicherheit um zu verbreiten, dass die Regierung die wahren Ausmaße der Krankheit verschweige. Gefährdet seien wie bei der Influenza, besonders Personen mit Vorerkrankungen der Lunge. Abgesehen davon lautet sein Appell: "Cool bleiben!"