Hinter der Fassade
Autor: Sebastian Schanz
Bamberg, Montag, 25. Januar 2021
Die mutmaßlich illegale Datenabschöpfung im Rathaus für einen SPD-Wahlkampfbrief an Zuwanderer in Bamberg hat den Integrationsbeirat entzweit. Ist Marco Depietri als Vorsitzender noch haltbar? Darüber zoffen sich die Mitglieder.
Je harmonischer die Pressemitteilung, desto größer der Streit im Hintergrund? Beim Bamberger Migranten- und Integrationsbeirat (MIB) scheint sich das zu bewahrheiten. Auslöser für den Streit ist der Wahlkampfbrief, der mittlerweile ein eigenes Aktenzeichen bei der Bamberger Staatsanwaltschaft bekommen hat: der mutmaßliche Datenmissbrauch durch Oberbürgermeister Andreas Starke , seine SPD - und den Vorsitzenden des Migrantenbeirates, Marco Depietri.
Die Staatsanwaltschaft Coburg hat dazu die Ermittlungen abgeschlossen. Gegen den Oberbürgermeister wurde der Erlass eines Strafbefehls mit einer Geldstrafe von sechzig Tagessätzen wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses beantragt. Starke hat diesen nicht angenommen. Ein Termin für die Gerichtsverhandlung steht laut Amtsgericht Bamberg noch nicht fest.
So viel zur strafrechtlichen Aufarbeitung. Die politische und medienethische Debatte dazu wird nicht nur in der Stadtspitze geführt - sondern auch im Migranten- und Integrationsbeirat. Denn das Gremium, das laut eigener Darstellung fast 20 Prozent der Bamberger Bevölkerung vertritt, ist durch den Wahlkampfbrief seines Sprechers in die Affäre reingezogen worden.
Wie sehr, darüber lässt sich streiten. Unstrittig dürfte jedoch sein, wie aufdringlich im Wahlkampfbrief die Trumpfkarte des Beirates gespielt wurde. Schon im ersten Satz stellt sich Marco Depietri darin als "vice chairman" des Migrantenbeirats vor und wirbt zusammen mit dem "Lord Mayor of the City of Bamberg " Andreas Starke dafür, zwei Kreuze bei Starke und der SPD zu machen. Zur Sicherheit wird erklärt, wo genau das Kreuzchen hin muss: "Find list 5 near the middle of the ballot and make a cross on , SPD '".
Gute Absichten, demonstrativer Rückhalt
Für den Migrantenbeirat alles halb so wild. In einer Pressemitteilung schreibt das Gremium: Zwar seien durch den Brief "Irritationen sowie Diskussionen über die Neutralität des Beirates entstanden", aber: "Gleichzeitig zeigt der aktuelle Fall, wie auch gute Absichten zu Missverständnissen führen können und wie wichtig es ist, dass sensibel und transparent mit Ämtern umgegangen wird, die zur politischen Neutralität verpflichtet sind". Gute Absichten, demonstrativer Rückhalt: "Der MIB lehnt die Einmischungen von außen und Forderungen nach dem Rücktritt seines kommissarischen Vorsitzenden, Marco Depietri, durch politische Parteien entschieden ab. "