Herbert & Schnipsi in Litzendorf: Ehe als Sisyphusarbeit
Autor: Bertram Wagner
Litzendorf, Montag, 03. November 2014
Claudia Schlenger und Hanns Meilhammer gastierten als Herbert & Schnipsi beim SPD-Kultur-Herbst im Ellertal. Mit ihrem aktuellen Programm "Juchhu, glei schmeißt's uns wieder!" sorgten sie für einen mitreißenden Abend.
Wer seit vier Jahrzehnten privat verbandelt ist und über drei Jahrzehnte gemeinsam auf den Bühnenbrettern steht - wie Claudia Schlenger und Hanns Meilhammer als "Herbert & Schnipsi" -, der wirkt authentisch und kann das Gefühl eines hohen Wiedererkennungswertes, humorvoll dargeboten, sehr gut vermitteln. Davon konnten sich die Zuschauer bei der dritten, wiederum ausverkauften Aufführung des SPD-Kulturherbstes im Ellertal ein Bild machen: Von einem Ehepaar mit der ganz speziellen Gabe, musikalisches Multitalent zu besitzen und kein Fettnäpfchen des Lebens auszulassen ohne dass es peinlich wirkt.
Die beiden Komödianten aus Niederbayern, die nach Erinnerungen von Veranstaltungs-Vorstand Wolfgang Heyder letztmals in den 90er-Jahren im Zentralsaal ein Bamberger Gastspiel gaben, stillten von der ersten Nummer ihres aktuellen Bühnenprogramms "Juchhu, glei schmeißt's uns wieder" den Hunger nach dieser langen Abstinenz.
Nachdem per Abstimmung des Publikums die richtige Rocklänge für "Schnipsi ohne Modelfigur-Maße" gefunden wurde, bekamen die "Versicherungsverbrecher" als "Halsabschneider" ihr Fett ab; amüsant wie die Lebens- und Rechtschutzversicherungen versagten und ein provozierter Unfall für eine herrlich verbundene "Schnipsi" sorgte.
Da war sich das Ehepaar noch einig, dies änderte sich jedoch postwendend, als es darum ging, von "Pepi und Heidi" das Hochzeitsgeschenk zurückzuverlangen. Es herrschte die höchste Vergnüglichkeitsstufe im Reh-Saal, als um Scheidung, Ehe-Rettung am Handy und allgemeine Weisheiten wie "Frauen sind nachtragend, von Natur aus" gezankt wurde. Dieser Ehe-Streit in einer langjährigen Beziehung entfachte sich als Flächenbrand. "Die Ehe ist keine Wellness-Oase, sondern Sisyphusarbeit."
Das "Minenfeld Ehe" eskalierte, die Ehefrau wurde als "Altenpflegerin" tituliert und verfing sich beim Anziehen auch noch im Kleiderbügel. "Ich sehe an dir immer nur das Schöne, das andere schau ich gar nicht an", äußerte Herbert im grotesken Streit, ehe sie sich wieder aussöhnten und damit den Bühnentitel als roten Faden erkennen ließen. Fettnäpfchen, Zwist, Umfallen, um dann wieder aufzustehen, eben wie im richtigen Leben.
Die beiden Klassiker der bayerischen Kleinkunstszene hatten das Gespür, nicht eine Katastrophe, sei es der defekte Bewegungsmelder im WC oder die eheliche Arbeitsteilung im Alltag, an die andere zu reihen. Ironische Gstanzl und Lieder dienten als willkommene Abwechslung eines Abends mit vielen Aspekten, die anderen Paaren sehr vertraut sein dürften.
Da kommt auch die musikalische Vielfalt zum Tragen: Ob Gitarre, Trommel, Mandoline oder beim Finale das Waschbrett "Marke Eigenbau", alles sitzt perfekt, auch wenn es etwas provisorisch und unbeholfen "verkauft" wird. Die beiden über 60-Jährigen wechseln die Orte im Schnelldurchgang, so springen sie von der Kuhweide nach Kreta in ein "Café Sophia", in dem das Leben stehen geblieben ist. Schnell umgezogen und schon steht die Fitnesstrainerin Heidi Hüpfl auf der Bühne und Herbert verwandelt sich zu einer "Sexbomb" mit dem Training des wichtigsten Muskels, dem Beckenboden. Denn er ist für den speziellen IQ zuständig: Inkontinenz-Quotient, den man mit "Unterhosen-Anteil pro Waschmaschine" auch leicht berechnen kann.
Das wahre Leben
Es ging vieles schief an diesem Zwei-Stunden-Abend: Herbert als biederer Angestellter, der Wecker und Tram verpasste, trieb mit seinem Zuspätkommen seine Chefin an den Rande des Wahnsinns. Deren Schnappatmung steht nur exemplarisch für die ausgeprägte Mimik und Gestik, die neben der Vielseitigkeit ein Merkmal bei diesem Einblick in das wahre Leben waren. Als die Sprache auf die Alltagssorgen kam (" ich lieg wach und er schläft"), war die Zustimmung im Publikum groß.
Trotz allem Zank und Streitereien: "I bleib bei dir, du bleibst bei mir!" Nicht nur als Eherezept gedacht, sondern auch für ihre weitere Zusammenarbeit auf der Bühne, dann dürfte dieses Programm wie zuletzt "Weil mir uns net genier'n" wieder an eine sechsstellige Besucherzahl herankommen.
Weitaus provozierender und polarisierender dürfte der nächste Auftritt im Reh-Saal werden: Am Freitag, 14. November (Beginn 20 Uhr), gastiert Sigi Zimmerschied in Lohndorf.