Herausforderung für Ingenieure
Autor: Sebastian Schanz
Kemmern, Freitag, 16. November 2018
Die größte Baustelle im Landkreis Bamberg geht in die entscheidende Phase: Die Vorarbeiten für die 50 Millionen Euro teure Autobahnbrücke bei Kemmern sind abgeschlossen. Im Frühjahr beginnen Abbruch und Neubau.
Die Aufgabe ist ambitioniert: Eine Autobahnbrücke abbrechen und neu bauen, ohne den Verkehr von 40 000 Fahrzeugen am Tag zu stoppen. Eine Bundesstraße, eine künftige ICE-Strecke und einen Feldweg mit einer 150 Meter langen Trogbrücke überspannen. Nicht weniger plant die Autobahndirektion Bayreuth bei Kemmern und Breitengüßbach. Die Vorarbeiten sind nun abgeschlossen. Der eigentliche Brückenbau kann ab 14. Januar beginnen. Auf Kemmerner Seite wird bereits das Baulager eingerichtet.
"Derzeit wird die Verkehrsführung für den Winter eingestellt", berichtet Michael Probst, Abteilungsleiter für Planung und Bau. Bei Schnee und Matsch lassen sich schwer Linien auf die Fahrbahn zeichnen, deshalb finden diese Arbeiten im Herbst statt.
Seit Monaten haben Arbeiter Baustellenrampen errichtet. Dabei haben sie auch die neue kleine Betonbrücke genutzt, die Kemmern mit der anderen Seite der Autobahn verbindet. Allein diese hat 4,88 Millionen Euro gekostet. Die wichtigste Vorarbeit war jedoch an der A 73 selbst zu leisten: Die Baufirmen haben die bestehende, alte Autobahnbrücke verbreitert. Damit der Verkehr bis zur geplanten Fertigstellung 2023 auch weiterhin über vier schmale Baustellenspuren fließen kann, während nebendran der Abbruch startet.
Ein wichtiger Termin wird dabei der 30. März sein: Dann fällt der nördliche Brückenteil. Betonscheren sollen das Bauwerk in nur 72 Stunden "zusammenbeißen" - dafür muss der Verkehr ausnahmsweise ruhen. Die Sperrphasen sind genau mit der Bundesbahn abgestimmt und eingetaktet.
Schwieriger Stahlbau
"Wir arbeiten fast immer unter Verkehr, das ist das, was die Planung erschwert", sagt Probst. Die Brückenhälfte in Richtung Bamberg bleibt bis Herbst 2020 stehen. Gleich daneben wird die Hälfte in Richtung Lichtenfels abgebrochen. Bis August sollen die Hilfspfeiler stehen - sie sind nötig, um die fertigen Stahlkonstruktionen zu tragen, die als fertige Module darübergeschoben werden sollen.
Diese entstehen 160 Kilometer Luftlinie entfernt in Darmstadt. In den Hallen der Donges Steeltec GmbH werden die Träger wellenförmig aus doppelt gekrümmten Stahlteilen zusammengeschweißt. Eine schwierige Arbeit. Per Schwertransport werden die sperrigen Teile dann nach Kemmern gefahren und befestigt. "Am Brückenanfang und am Ende fertigt man die Widerlager. Die eigentliche Brücke wird auf einer Hilfsebene fertig gebaut und in einer Wochenendsperrung darübergeschoben", erklärt Georg Müller, Sachbereichsleiter für den Brückenbau. "Für den Laien klingt das spektakulär. Aber handwerklich ist das noch das Einfachste", sagt Müller.
Was ist das Schwerste an dem Projekt? "Der Stahlbau", antwortet der Experte sofort. "Die Brücke geht schiefwinklig über die Bundesstraße. Dadurch ergeben sich Zugkräfte in den Lagern." Der Fachmann erklärt das Problem mit einem Bierdeckel, der auf einen Topf gelegt wird. "Drückt man in der Mitte, schnabeln die Ecken hoch." Die Herausforderung löse man mit Ballastbeton. "Man zieht schon alle Register bei dieser Brücke", sagt Müller, der von einer "wahren Ingenieursleistung" spricht. "Am Ende wird das eine richtig schöne Brücke, allerdings auch sehr aufwendig."