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Heinz W. und seine Verteidiger setzen weiter auf Angriff


Autor: Jutta Behr-Groh

Bamberg, Dienstag, 13. Oktober 2015

Am 26. Verhandlungstag vor dem Bamberger Landgericht sah sich der Lebensgefährte der Hauptbelastungszeugin einem Kreuzverhör durch die Anwälte des Angeklagten ausgesetzt. Sie versuchten, seine Glaubwürdigkeit zu erschüttern.
Der angeklagte Heinz W. betritt den Sitzungssaal im Bamberger Landgericht. Foto: dpa/Nicolas Armer


Die Angriffslust der Verteidigung im so genannten Chefarzt-Prozess ist auch ein halbes Jahr nach Beginn unvermindert groß.

Am Dienstag, dem inzwischen 26. Verhandlungstag, versuchten die Rechtsanwälte des angeklagten Heinz W. (50) vor allem, die Glaubwürdigkeit eines 34-jährigen Forchheimers zu erschüttern: Der Zeuge ist der Lebensgefährte jener angehenden Medizinerin, die mit ihrer Anzeige Mitte 2014 die Ermittlungen gegen den damaligen Chefarzt der Gefäßchirurgie im Klinikum Bamberg ausgelöst hat.

W. soll sich an der Medizinstudentin und wenigstens elf weiteren Mitarbeiterinnen und Patientinnen des Bamberger Krankenhauses vergangen haben. Er soll die Frauen zu Untersuchungen für eine Studie gewonnen und ihnen dann ein Mittel verabreicht haben, das sie handlungsunfähig machte.

In diesem Zustand hätte der Phlebologe sie unangemessen "untersucht" und Intimfotos der Frauen gemacht, heißt es in der Anklage, die W. entschieden von sich weist.

Der Zeuge aus Forchheim schilderte auf Fragen des Vorsitzenden Richters Manfred Schmidt detailliert, wie er den Abend des 28. Juli 2014 erlebt hat. Das war der Tag, an dem seine Lebensgefährtin mutmaßlich Opfer von Heinz W. geworden ist.

Sie sei deutlich später als sonst von ihrem damaligen Praktikum im Klinikum Bamberg zurück nach Forchheim gekommen und habe das mit einer Untersuchung für eine Studie erklärt. Obwohl seiner Freundin etwas schwindlig gewesen sei, hätten sie ihren Tanzunterricht an jenem Abend absolvieren wollen. Sie hätten ihn vorzeitig abgebrochen, weil sich seine Partnerin nicht konzentrieren konnte.

Zu Hause habe sie ihm dann erzählt, dass ihr der Chefarzt angeblich ein Kontrastmittel gespritzt habe, sie aber keine Erinnerung an die Untersuchung habe - "Ihr fehlt eine Stunde!" - und auch nicht wisse, wie sie mit dem Auto heim gefahren sei.


Zeuge: Verdacht erhärtete sich

Nach Angaben des Zeugen lag seiner Freundin an einer schnellstmöglichen Blutentnahme, weil sie wissen wollte, welche Substanz ihr Bewusstsein getrübt hat. Einen konkreten Verdacht gegen den Chefarzt hätte sie an diesem Abend und auch am Tag darauf noch nicht gehegt. Im Gegenteil: Sie habe gehofft, dass sich alles klären lässt, wenn sie ihr Blut untersuchen ließe und sie am nächsten Tag mit W. sprechen könnte.

Weil das Paar am Abend des 28. Juli 2014 im Krankenhaus Forchheim erfolglos auf eine Blutentnahme gedrängt hatte, suchte es nach einem anderen Weg. Schließlich war es der Vater der Frau, ein niedergelassener Internist aus dem Raum Coburg, der seiner Tochter Blut entnahm - in einem Auto auf einem Parkplatz in Zapfendorf, auf halbem Weg zwischen Forchheim und Coburg.

Das Ergebnis der Blutuntersuchung lag dem Paar am 30. Juli vor: Das Labor fand ein bestimmtes Hypnotikum. Erst daraufhin war das mutmaßliche Opfer zur Polizei gegangen.

Wie der Zeuge berichtete, hatte sich da sein Verdacht gegen W. schon durch ein Telefonat mit einem Professor in Greifswald erhärtet. Dessen Name habe Heinz W. am 29. Juli gegenüber der Praktikantin erwähnt; angeblich handelte es sich um einen Kollegen und Partner W.s in der behaupteten Studie über Beckenvenenthrombosen.

Am Telefon hätte ihm der Angerufene aber gesagt, weder den Bamberger Chefarzt zu kennen noch an so einer Studie beteiligt zu sein.


Im Kreuzverhör der Verteidiger

Obwohl der Zeuge auf Fragen des Gerichts auch ausführlich geschildert hatte, wie und wo die nächtliche Blutentnahme abgelaufen ist, bezweifelt die Verteidigung, dass es diese Blutentnahme überhaupt gegeben hat.

Die Rechtsanwälte Professor Klaus Bernsmann und Dieter Widmann machten ihre Zweifel vor allem an einem Gedächtnisprotokoll fest, welches das Paar über die Ereignisse am Abend des 28. Juli 2014 angefertigt hat: Sie vermissen darin Einzelheiten über die nächtliche Aktion in Zapfendorf.

Der Zeuge ließ sich nicht beirren. Er antwortete auf wiederholtes Insistieren, seine Partnerin und er hätten damals nicht geahnt, welche Bedeutung der Blutentnahme und -untersuchung einmal zukommen würde. Sonst hätten sie sie sicher näher beschrieben.

Dazu muss man wissen, dass der Nachweis des Hypnotikums im Blut der Forchheimerin eines der wichtigsten Beweismittel ist, die die Staatsanwaltschaft gegen Heinz W. ins Feld führt.

Dieser streitet konsequent ab, sich an Frauen vergangen zu haben. Zu Beginn des 26. Verhandlungstags hatte er eine kurze Erklärung zur Vernehmung einer anderen Patientin abgegeben, die kürzlich als Nebenklägerin ausgesagt hat. W. beschwerte sich beim Gericht über angeblich nicht richtig gewürdigte Aussagen der Opferzeugin mit den Worten: "Dass aus meiner Patientin ein Opfer gemacht wurde ist höchst befremdlich."

Am Mittwoch, 14. Oktober, will das Gericht ab 9 Uhr eine weitere Nebenklägerin befragen - unter Ausschluss der Öffentlichkeit.