Hat das Bamberger Rathaus ein Daten-Leck?
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Donnerstag, 16. Juli 2020
Nur ein Kavaliersdelikt? Wie problematisch war die Herausgabe von tausenden Nationalitäten-Daten durch die Stadt Bamberg im Kommunalwahlkampf?
Vier Monate nach der Wahl muss sich die Stadt für ihren Umgang mit sensiblen Daten rechtfertigen. Während die Staatsanwaltschaft Coburg noch ermittelt, steht für den Landesbeauftragten für Datenschutz im Freistaat, Thomas Petri, der Missbrauch bereits fest. Was ist erlaubt, was nicht?
Tausende Mitbürger mit Migrationshintergrund haben im März, wenige Tage vor der Kommunalwahl, Post von der Bamberger SPD in ihrer jeweiligen Landessprache bekommen. Einige haben schon damals die Frage gestellt, wie die SPD in den Besitz der Nationalitätendaten kam und sie haben eine Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Manche hatten diese Bedenken nicht und zweifeln gar an der Verhältnismäßigkeit der Vorwürfe. Wurde da etwas aufgebauscht? Wer hat sich an Sie gewandt?
Thomas Petri: Es waren keine Massen von Bürgern, die sich bei uns gemeldet haben, mit der Bitte, den Vorfall zu überprüfen. Einige waren es aber. Und es hat sich herausgestellt, dass es um einen erheblichen Verstoß handelt, den die Meldebehörde hier begangen hat. Das Bundesmeldegesetz verbietet die Herausgabe von Daten, die Rückschlüsse über die Nationalität von Menschen zulassen. Wenn so etwas passiert wie in Bamberg, ist das ein eindeutiger Verstoß gegen das Gesetz, der sich nicht wiederholen darf.Doch wo sind die Grenzen des Erlaubten? Was darf herausgegeben werden, was nicht?
Hat es vergleichbare Fälle in der Vergangenheit in Bayern gegeben?
Ich bin jetzt seit zehn Jahren in der Position als Datenschutzbeauftragter, aber ich kann mich an keinen Fall erinnern, in dem ähnlich sensible Daten in dieser Menge herausgegeben wurden. Was vorkommt, ist dass Parteien vor Wahlen komplette Adressdaten von Bewohnern haben wollen. Aber auch das ist verboten, wenn man von ganz kleinen Kommunen absieht, in denen keine Gruppenbildung möglich ist. Erlaubt sind lediglich Gruppenabfragen mit dem Alter der Bürger. Man muss wissen: Je detaillierter die Daten sind, die herausgegeben werden, desto leichter wird es für die Parteien zu manipulieren. Das ist nicht im Sinne des Gesetzgebers. Der Wähler soll seine Entscheidung autonom treffen. Auch die Datenschutzgrundverordnung ist in dieser Hinsicht eindeutig: Keine Angaben, die Rückschlüsse auf die Ethnie eines Bürgers zulassen.In Bamberg wurden die Wahlbrief der SPD an mehrere Tausend Mitbürger mit Migrationshintergrund versandt. Spielt es bei der Einordnung des Verstoßes eine Rolle, dass es eine erhebliche Zahl von Betroffenen gegeben hat?