Druckartikel: Hartes Pflaster Bamberg

Hartes Pflaster Bamberg


Autor: Sebastian Schanz

Bamberg, Freitag, 19. Oktober 2018

Wie stark sind die Rechten in der Stadt? An Tag vier im Neonazi-Prozess richtete sich der Scheinwerfer auf die Szene im Verborgenen und ihren politischen Feind: die radikale Linke.
Hauptangeklagter Thorsten P. (vorne) und Angeklagter Peter F. mit ihren Anwälten Thomas Gärtner (hinten) und Dieter Widmann. Foto: Ronald Rinklef


"Wir haben seit längerer Zeit in Bamberg einen schwelenden Rechts-Links-Konflikt, bei dem es ständig zu Reibereien kommt", berichtete ein Kripobeamter von der Abteilung Staatsschutz am Freitag vor Gericht. Auf beiden Seiten gebe es Gewaltbereitschaft, werde der Streit gesucht, habe sich ein Hass gebildet.

Im Zeitraum 2013 und 2014 seien die Spannungen dann immer mehr angewachsen, berichtete der Beamte. In Bamberg knallten regelmäßig beide Lager aufeinander. "Für uns als Polizei war Bamberg etwas Besonderes, was den Konflikt anging", erzählte der Kripobeamte.

Die Polizei habe deshalb Präventiv-Maßnahmen ergriffen, um etwa bei Demos die beiden politischen Gruppierungen auseinanderzuhalten. Einzelne "Gefährder" beider Seiten wurden angesprochen, damit sie fern blieben. Die Polizei forderte Mitglieder der Antifa auf, die sogenannten Outings zu unterlassen, also die Veröffentlichungen von Namen und Adressen von Rechtsradikalen. Als auf Seite der Rechten eine Häufung von handfesten Straftaten zu beobachten war, reagierte die Polizei. "Die Summe der Straftaten und die zeitliche Zuspitzung führten dazu, dass das Landeskriminalamt übernommen hat."

Dann war in den Ermittlungen auch von einem geplanten Anschlag auf ein Asylheim die Rede: "Da war ich geschockt", so der Bamberger Polizist. Die heutigen Angeklagten waren der Polizei alle als Rechtsradikale bekannt. Ein solches Gewaltpotenzial habe er den Verdächtigen aber nicht zugetraut.

Der mutmaßliche Anführer der Bamberger "Weisse Wölfe Terrorcrew", Thorsten P., kam schon als Kind durch seinen Vater in Bamberg mit rechtem Gedankengut in Berührung. Nach Quali und Ausbildung zum Stahlbauer machte er sich in der Hooliganszene des 1. FC Nürnberg einen Namen, erhielt Stadionverbot: "Man hat es ihm nicht einfach gemacht, er musste sich in Bamberg melden, vor Nürnberg-Spielen und auch in der Halbzeit", berichtete der Polizist. Schnell habe P. Kontakte zum rechten Bereich geknüpft. "Von da an hatte er ein neues Feindbild erhalten. Das Feindbild war links."

Zusammen mit seiner Frau Jennifer gründete Thorsten P. einen Bamberger Ortsverband der Partei Die Rechte. Die Thüringerin hatte ebenfalls schon in der frühen Jugend zur rechten Szene Kontakt. In Bamberg fungierte die 39-jährige Mutter von zwei Söhnen (18 und 7) als Ortsvorsitzende Der Rechten.

Weiteres Mitglied war auch Peter F., der 26-jährige Maschinenbediener, der in seinem Elternhaus im Landkreis massenweise Chinaböller hortete und seine Sprengversuche im Wald mit dem Handy filmte. Und auch Oliver B., der 24-jährige Logistiker, der als besonders radikalisiert gilt und im Prozess bisher durch eisernes Schweigen auffiel.

Alle vier waren auch Mitglieder der NPD. Vor Gericht wird ihnen vorgeworfen, den elitären Kern der kriminellen "Weissen Wölfe Terrorcrew" Bamberg gebildet zu haben. Vorstrafen bringt - abgesehen von einem Schlagring, der bei Jennifer P. gefunden wurde - nur Thorsten P. mit. Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen, Körperverletzungen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte: Nach dem Bayerntag der NPD 2014 in Neustadt an der Aisch hatte der 33-Jährige einem Polizisten, der ihn von Gegendemonstranten abhielt, in den Genitalbereich getreten. Eine andere Vorahndung resultierte aus einer Schlägerei zwischen Nürnberger Hooligans und Fans aus Leverkusen.

Der aktuelle Hauptanklagepunkt ist juristisch jedoch von einem anderen Kaliber: "Bildung einer kriminellen Vereinigung ist ein Tatbestand, der nicht besonders greifbar ist für den normalen Menschen, für den Juristen auch nicht", erklärte Richter Manfred Schmidt am Freitag. Die Verteidiger vertreten offensichtlich die Auffassung, dass der Tatbestand ihren Mandanten nicht nachgewiesen werden kann. Das wird der weitere Prozess zeigen.