Hang hinter der "Wolfsschlucht": Deshalb mussten die Bäume fallen
Autor: Anna Lienhardt
Bamberg, Donnerstag, 16. Februar 2017
Die Stadt führt hinter der ehemaligen Jugendherberge Sicherungsmaßnahmen durch - erste Vorarbeiten zum "erlebnispädagogischen Kompetenzzentrum".
Spaziergängern ist sofort aufgefallen, dass an diesem Ort im Hain etwas vor sich geht: An der bereits längere Zeit leer stehenden ehemaligen Jugendherberge "Wolfsschlucht" wird gearbeitet, besser gesagt: dahinter.
Einiges an Sträuchern und zerlegten Baumstämmen hat sich bereits angesammelt, zum Vorschein kommt der nackte Hang. Erst gestern wandte sich eine Leserin an die Lokalredaktion, die sich entsetzt zeigte: Sämtliche Bäume und Sträucher am Steilhang hinter dem Gebäude würden restlos abgeholzt, so dass sich die Vorstellung einer Schlammlawine beziehungsweise eines Erdrutsches geradezu aufdränge. Die Dame, die ihr Schreiben als "Anregung" verstanden wissen möchte, deutet an: "Woanders bewaldet man Abhänge, um sie zu befestigen."
Bei genauerer Betrachtung vor Ort zeigen sich zwei Dinge: Erstens, der Hang ist außergewöhnlich steil. Zweitens, es sind bereits Netze über die teils offen liegenden Steine gespannt, die das Gefälle sichern sollen.
Es handelt sich um ältere Metallnetze, die neu ausgerichtet und verankert werden sollen. Ulrike Siebenhaar, Pressesprecherin der Stadt Bamberg, hat weitere Informationen: "Das Gebäude ist direkt am Fuße einer sehr steilen, ehemaligen Steinbruchwand von bis zu 35 Metern Höhe erbaut. Die Wand besteht aus relativ weichem Burgsandstein mit eingelagerten Tonen."
Immer wieder Felsstürze
Aufgrund der zum Teil großen "Verwitterungsempfindlichkeit" dieser Gesteine seien bereits in der Vergangenheit wiederholt größere Felsstürze Steinschläge aufgetreten. 1965 und 1984/85 habe die Stadt umfangreiche Maßnahmen durchgeführt, um die steile Wand zu befestigen. Nun stehen erneut umfangreiche Hangsicherungsmaßnahmen an. "Um diese durchführen zu können, muss zunächst der Wildbewuchs, vor allem Kletterpflanzen und Sträucher, entfernt werden", sagt Siebenhaar. Die naturschutzrechtlichen Genehmigungen lägen vor. Die Arbeiten müssen bis Ende Februar durchgeführt werden, weil dann die Brutzeit von Vögeln beginnt.
Doch was ist mit der Sorge der Leserin, dass der Hang abrutschen könnte, weil der Bewuchs entfernt wurde? "Würde es sich um einen reinen Erdhang handeln, würden Gehölze tatsächlich zum Halt beitragen. Doch wir haben hier einen ehemaligen Steinbruch-Hang. Die Wurzeln sprengen die Steine eher noch ab."
Sind die Gewächse entfernt, werden als Nächstes die vorhandenen Netze zur Wandsicherung neu verankert sowie weitere Abschnitte des Steilhangs, auf denen Steinschlaggefahr besteht, vernetzt. "Zudem werden bestehende Überhangsituationen gesichert und der Böschungsfuß wird durch eine Gabionenmauer unterstützt", erläutert Siebenhaar. Gabionenmauern sind, umgangssprachlich umschrieben, Metallkästen, die mit Steinen aufgefüllt werden.
Generell liegt die Stadt laut Sprecherin Siebenhaar voll im Zeitplan auf dem Weg zum erlebnispädagogischen Kompetenzzentrum, das in dem ehemaligen Jugendgästehaus geplant ist.
Das Konzept sieht vor, Jugendliche - einheimische wie Flüchtlinge - fit für ein eigenständiges Leben zu machen. Es soll 2018 seinen Betrieb aufnehmen.
Konzept Hinter der Bezeichnung "Erlebnispädagogisches Kompetenzzentrum für junge Menschen mit und ohne Migrationshintergrund" verbirgt sich eine neuartige Jugendhilfeeinrichtung. Die Idee: Jugendliche durch erlebnispädagogische Projekte kompetent für die Zukunft machen. Die jungen Menschen sollen in die Lage versetzt werden, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Das "erlebnispädagogische Kompetenzzentrum":
Bewohner Geplant ist eine Wohngruppe für elf einheimische Jugendliche ab 15 Jahren sowie eine weitere Gruppe für ebenfalls elf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge verschiedenster Nationalitäten.
Träger Betriebsträger des Kompetenzzentrums wird voraussichtlich das Don-Bosco-Jugendwerk Bamberg.
Kosten Die Sanierung des Hauses ist mit vier Millionen Euro angesetzt. Dank eines Förderprogramms übernimmt der Bund 3,6 Millionen Euro. Für die Stadt bleiben etwa 400 000 Euro plus rund 75 000 Euro für die Ausstattung.