Güterzugverkehr in Bamberg könnte gigantisch wachsen

2 Min
Schon heute belastet Güterzugverkehr ( im Bild Häuser an der Schildstraße) viele Menschen in Bamberg. Künftig könnte er deutlich wachsen. Foto: Ronald Rinklef
Schon heute belastet Güterzugverkehr ( im Bild Häuser an der Schildstraße) viele Menschen in Bamberg. Künftig könnte er deutlich wachsen. Foto: Ronald Rinklef

Zum Ende der Trassendiskussionen wächst in Bamberg das Unverständnis über die gefühlte Kompromisslosigkeit der Bahn. Kommt es zu einem "Reset" der Verhandlungen durch einen Auftrag an ein unabhängiges Ingenieurbüro?

Vielleicht wird man in 20 Jahren sagen, es war die Wende in der Bamberger Debatte um die beste Bahntrasse. Ziemlich sicher war es ein Misstrauensvotum gegenüber der Bahn und ein Schritt zu einer standfesteren Bamberger Position in einer Schlüsselfrage der Stadtpolitik. "Wir wollen keine weiteren Belastungen für die Anwohner, wir wollen keine Mauern in unserer Stadt, wir wollen auch den Grundwasserstrom nicht gefährden." Sebastian Niedermaier (SPD), seines Zeichens Gärtner, war der erste, der am Mittwoch im Stadtrat klar und deutlich eine Forderung aussprach, die immer mehr Menschen im Stadtrat zu bewegen scheint. Sie misstrauen den Angaben der Bahn, sie fürchten, mit möglicherweise halbseidenen Versprechungen "über den Tisch gezogen zu werden" und verlangen, dass die Stadt ein eigenes Gutachten in Auftrag gibt.

Protest mit Traktoren?

Das Echo ließ nicht lange auf sich warten. Auch Gärtnerkollege Pankraz Deuber (BUB) rief zum Widerstand gegen die Bahnpläne auf. Den Verantwortlichen des Verkehrsunternehmens warf er vor, mit wenig verlässlichen Informationen die Zukunft der Stadt aufs Spiel zu setzen. Deuber zeigte sich kampfbewusst ("notfalls kommen wir mit Traktoren"), und wenig erschrocken: "Warum soll man vor einer Bahn Angst haben, die nicht einmal Geld zum planen hat?"

Doch ist es sinnvoll, für Bahntrassenpläne städtisches Geld auszugeben, während andere Untersuchungen noch laufen? Für die Einbindung externer Gutachter sprachen sich mit Blick auf das Jahrhundertprojekt Ursula Sowa (GAL), Dieter Weinsheimer (FW), aber auch Michael Bosch (BR) und Norbert Tscherner (BBB) aus. Heinz Kuntke (SPD) und Peter Neller (CSU) warnten dagegen vor einem "Schuss aus der Hüfte". Skeptisch zeigte sich auch Martin Pöhner (FDP): "Eine Trasse, die alle befriedigen wird, findet sich nicht."

Sichtlich beeindruckt hat Baureferent Thomas Beese die Stadträte, als er die Informationen bewertete, die Roland Diehl vom Projektbeirat Rheintalbahn Anfang Oktober nach Bamberg gebracht hatte. Am dortigen Beispiel werde deutlich, dass Bamberg bei den Güterzugzahlen noch "erhebliches Verschlechterungspotenzial" besitzt. So nutzen in Offenburg sage und schreibe 416 Züge die vorhandenen zwei Gleise. Demgegenüber nehmen sich die "Vervierfachungsprognosen" des Bundesverkehrswegeplans für Bamberg fast bescheiden aus. Bekanntlich rechnet die Bahn in zehn Jahren Bamberg auf vier Gleisen mit 216 Zügen, davon 126 Güterzüge. Zum Vergleich: Die Lärmbelastung, die in Bamberg zur Zeit beklagt wird, geht von derzeit 32 Güterzügen am Tag aus. Für Beese macht das Zahlenspiel klar, dass in Bamberg betriebstechnisch weitaus mehr Güterzüge fahren könnten als bisher bekannt. Auch "die Latte der Verantwortung für die Entscheidungsträger wird dadurch noch einmal höher gelegt", sagte er dem FT.

Drohkulisse aus Berlin

Die rechnerisch möglichen Zugzahlen sind auch deshalb ernst zu nehmen, weil von Bamberger Abgeordneten kolportiert wird, die Bahn könne den Ausbau durch Bamberg stoppen und sich mit einem "Flaschenhals" zufrieden geben - ein Szenario, das man sich nicht wünschen könne, findet Bambergs OB Andreas Starke (SPD).
Auch Beese kritisiert die Bahn. Für ihn ist es wenig vertrauensfördernd, dass das Verkehrsunternehmen wichtige Fragen bislang schuldig geblieben ist. "Wir funktioniert die Bahn in Bamberg heute? Welche Bedeutung hat der Güterbahnhof? Wie viele Züge enden hier? Bis heute wissen wir das nicht."


Kommentar von Michael Wehner

Monate nach dem Start des Koordinierungskreises Bahnausbau scheinen die Verhandlungen mit der Bahn am toten Punkt angelangt zu sein. Oder sie sind wieder dort, wo sie schon einmal waren: Die Bahn weigert sich mehr oder weniger offen, über andere Pläne als die ihren nachzudenken, geschweige denn Geld in die Hand zu nehmen, um stadtgerechte Alternativen zu finden.

Aus Berlin wabern Gerüchte nach Bamberg, die die Stadträte unter Druck setzen sollen. Nach dem Motto: Entweder Ihr akzeptiert den Ausbau im Bestand oder es passiert überhaupt nichts mehr - und nur der Lärm wächst.

Gut, dass diese Drohkulisse den Zusammenhalt der Entscheider in Bamberg eher zu fördern scheint und die Entschlossenheit, einen Weg zu finden, der von den Interessen Bambergs bestimmt wird - und nur von diesen.

Die Weinerlichkeit, mit der Manche zuletzt immer wieder die Verantwortung wegschoben, weil man gegen die Bahnpläne angeblich nichts tun könne, ist dieser Stadt unwürdig. Für ihre Ziele kämpft die Bahn schon selber, da braucht es keine Schützenhilfe aus dem Stadtrat.