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Grundschule in Scheßlitz ist eine von 21 bilingualen Schulen in Bayern


Autor: Sebastian Martin

Scheßlitz, Dienstag, 13. Sept. 2016

Die Kilian-Grundschule in Scheßlitz ist eine von zwei Versuchsschulen in Oberfranken, in denen Grundschüler von Beginn an zweisprachig unterrichtet werden.
Georg, Melina und Angelina (v.l.) zeigen die Kärtchen, mit denen Lehrerin Andrea Müller die Kinder der 2b an die englische Sprache heranführt. Foto: Ronald Rinklef


"What day is it today?", fragt Klassenlehrerin Andrea Müller die Klasse und Nils antwortet in ziemlich gutem Englisch: "Today is Tuesday." Es ist Dienstag, der erste Schultag, und obwohl jetzt sechs Wochen Ferien waren, haben sich die Schüler der 2b der Kilian-Grundschule in Scheßlitz alles merken können, was sie in der ersten Klasse gelernt haben.

Das ist nicht gerade wenig und schon gar nicht ganz einfach, denn die Sechs- bis Achtjährigen lernen bereits eine fremde Sprache. Die Schüler hier sind fast etwas einmaliges in Oberfranken, nur eine weitere Grundschule in Kronach ist bilinguale Schule - Teil eines Versuchs, den das bayerische Bildungsministerium seit vergangenem Jahr gestartet hat.


Unterricht auch auf Englisch

Gelernt wird in zwei Sprachen, Deutsch und Englisch. Je nach Fach hält Lehrerin Müller den Unterricht auf Englisch ab.
Das gehe vor allem in Kunst, Musik oder Sport sehr gut, sagt die 46-Jährige, die Englisch studiert hat und selbst längere Zeit in den USA gelebt hat. Aber auch in Mathematik spricht sie mit den Schülern zum Teil Englisch. "Die Kinder verstehen fast alles." Sie antworten auch in der Fremdsprache. Und falls nicht, dann wiederholt es die Lehrerin auf Englisch. Mit kleinen Liedchen führt sie die Schüler auch spielerisch an die Sprache heran. "Es ist komplettes Neuland, aber ich bin total begeistert und die Kinder sind es auch", zieht Andrea Müller eine Bilanz des ersten Schuljahres mit bilingualem Unterricht.

Das, was die Zweitklässler bereits erlernt haben, werden auch die Schüler der neuen 1b im kommenden Schuljahr lernen. Diese sind seit Dienstag im Klassenzimmer gegenüber der 2b im obersten Stock der Grundschule untergebracht. Die Schultüten stapeln sich im Klassenzimmer. Die 24 neuen ABC-Schützen werden von Katharina Groh nun auch bilingual unterrichtet.


Lehrer und Schüler lernen dazu

Die Eltern konnten gestern gleich zu Beginn eine Kostprobe von dem erleben, was ihre Kinder am ersten Schultag gelernt haben: ein kleines Lied. Das kam an. Silvia Kratzer, Mutter einer Erstklässlerin, war überrascht, was in der kurzen Zeit möglich ist. Dass ihre Tochter bilingual unterrichtet wird, sei kein Muss gewesen. "Wir wollten das ausprobieren und sind einfach gespannt", sagt die Scheßlitzerin.

Zu lernen gibt es nicht nur für die Schüler viel: Auch die Lehrerinnen Müller und Groh bilden sich ständig weiter und probieren Dinge aus. Denn: "Es gibt kaum Unterrichtsmaterialien", sagt Andrea Müller. Ein enormer Zeitaufwand stecke deshalb in der Vorbereitung des Unterrichts.

Die Klassenleiterin berichtet, dass sie nun, mit dem Wissen von einem Schuljahr, die Schüler früher an das Schreiben von englischen Wörtern heranführen würde. Es habe sich gezeigt, dass die Kinder sehr schnell lernen. "Der Wortschatz ist da", sagt die Lehrerin.


Schulversuch "Lernen in zwei Sprachen - Bilinguale Grundschule Englisch"


Hintergrund Die bayerische Staatsregierung will die Sprachkompetenzen der Schüler früh aufgreifen und entfalten. Deshalb wurde der Schulversuch "Lernen in zwei Sprachen - Bilinguale Grundschule Englisch" durch das Bildungsministerium mit der Stiftung Bildungspakt Bayern ins Leben gerufen.

Unterricht Das Schulprofil wird als freiwilliges Angebot an 21 Modellschulen in Bayern in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 entwickelt und getestet. Die Aufnahme in eine bilinguale Klasse erfolgt nur mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten. Bei geeigneten Themen, heißt es in den Eckpunkten, werden Unterrichtseinheiten auf Englisch gehalten, aber vor allem in Musik, Kunst und Sport. Die Sicherung der deutschen Fachbegriffe sei aber auch gewährleistet.

Lehrer Die Lehrkräfte sind speziell ausgebildet, müssen ein Englischstudium vorweisen und werden während des Versuchs fachlich und sprachlich ständig fortgebildet.

Evaluation Der Versuch wird wissenschaftlich begleitet und evaluiert von der Universität Eichstätt-Ingolstadt. Aus dem Versuch sollen Erkenntnisse für den weiteren Ausbau von bilingualen Grundschulen im Freistaat gewonnen werden.

Laufzeit Der Versuch läuft seit dem Schuljahr 2015/2016 und endet mit dem Schuljahr 2018/2019. sem