Große Vielfalt, kleines Budget: Die freie Theaterszene in Bamberg sieht sich benachteiligt
Autor: Stefan Fößel
Bamberg, Sonntag, 31. März 2019
120 000 Zuschauer im Jahr besuchen die Vorstellungen der freien darstellenden Künstler aus Bamberg. Die öffentliche Förderung hält da nicht mit.
An diesem Morgen hat Hans-Günter Brünker in der Grafensteinstraße geprobt. Für vier Wochen nutzt dort der Fränkische Theatersommer in die Räume von Chapeau Claque, um sich auf die Rokoko-Komödie "Das Spiel von Liebe und Zufall" vorzubereiten. Man hilft sich gegenseitig aus in der vielfältigen freien Bamberger Theaterszene - und vertritt nun auch verstärkt gemeinsame Positionen.
Dafür hat sich vor einigen Monaten eine Interessengemeinschaft (IG) Freie Darstellende Künstler formiert, für die Brünker feststellt: "Wir sind überzeugt, dass die Stadt ein ungeheures Potenzial ungenutzt lässt." Er hat Besucherzahlen erfasst, vom Theater im Gärtnerviertel, von Wildwuchs, Zeitsprung und von vielen anderen Theatergruppen im Stadtgebiet. "Obwohl die Datenerhebung noch nicht vollständig ist, wird daraus ersichtlich, dass diese freien darstellenden Künstler jährlich mehr als 120 000 Zuschauer bespielen, davon gut die Hälfte in der Stadt Bamberg."
Das seien zusammen deutlich mehr Besucher als das E.-T.-A.-Hoffmann-Theater hat. Während aber dieses städtische Theater im Jahr mit drei Millionen Euro bezuschusst wurde, müsse die gesamte freie Theaterszene mit einer Förderung von 40 000 Euro auskommen. Für Kulturbürgermeister Christian Lange (CSU) ist das allerdings "wie ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen, hier stimmen die Bezugsgrößen nicht". Doch habe Bamberg gerade auch im Bereich der freien Theaterszene "sehr viel, worauf wir stolz sein können".
Der Globalbetrag Kultur, der in seiner Zeit als Kulturbürgermeister schrittweise von 171 000 Euro auf 225 000 Euro erhöht worden sei, setze hier die Grenzen. Ein noch höherer Globalbetrag sei wohl nicht realisierbar, denn "wir haben auch eine gesamtstädtische Verantwortung". Lange weist auch auf andere Fördermöglichkeiten, etwa über die Sparkassenkulturstiftung oder die Bürgervereine, hin. "Tatsächlich beruht die Vielfalt der freien Kunstszene in Bamberg zum einen auf einem außerordentlichen ehrenamtlichen Engagement und zum anderen auf der Bereitschaft professioneller Künstler, unter oft prekären Bedingungen tätig zu sein", stellt hingegen Brünker fest. Durch eine bessere Förderung könne sich die Szene sowohl inhaltlich als auch qualitativ weiter entwickeln. Laiengruppierungen würden sich neue Möglichkeiten eröffnen und professionelle Künstler, die aus finanziellen Gründen ihre Schaffenskraft nur teilweise der Kunst widmen können, könnten die Bamberger Kulturszene noch nachhaltiger bereichern.
Wenig Spielraum
Die IG fordert nun fünf Prozent der Förderung des E.-T.-A.-Hoffmann-Theaters, das wären etwa 150 000 Euro im Jahr. "Wir wollen denen nichts wegnehmen. Es geht nur darum, aufzuzeigen, wie stiefmütterlich die freien Künste in Bamberg derzeit behandelt werden", sagt Brünker. Er und seine Mitstreiter fordern strukturelle Veränderungen im Bereich der Förderung, in der dann alle theaterrelevanten Kosten, nicht nur die jeweiligen Projekte, enthalten sein sollen.
Kulturamtsleiterin Annemarie Renz-Sagstetter macht deutlich, dass sie wenig Spielraum hat: "Wir können maximal 30 Prozent der beantragten Förderung bewilligen. Und ein Großteil der Mittel, nämlich 147 000 Euro, entfallen ohnehin schon auf die institutionelle Förderung."
Das bekommt immer wieder auch das Theater im Gärtnerviertel (TiG) zu spüren. Statt beantragter 9500 Euro gibt es auch in diesem Jahr nur 2000 Euro. "Das Problem gibt es, seit wir diese Anträge stellen", sagt Nina Lorenz (TiG). "Wenn wir dann deutlich weniger bewilligt bekommen, bereitet uns das wirklich Schwierigkeiten." Um die Schauspieler bezahlen und die weiteren notwendigen Ausgaben überhaupt bestreiten zu können, müssten sich die Macher dann auf die mühsame Suche nach zusätzlichen Sponsoren machen. "Es ist gut, jetzt geschlossen aufzutreten und unsere Ziele ins Bewusstsein zu rücken, die Besucherzahlen stimmen ja", sagt Lorenz. "Wir sehen ja auch, was die für gute Arbeit leisten. Aber mehr ist einfach nicht drin", sagt Renz-Sagstetter. Ginge es allein nach den Anträgen, könne sie leicht auch das Doppelte ausschütten, aber dafür sei das Geld nicht da.