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Gnadenfrist für die Viehwaage


Autor: Evi Seeger

Eckersbach, Montag, 26. März 2012

Bis zum nächsten Eichtermin oder so lange der 74-jährige Wiegemeister Michael Schuster sein Amt noch ausübt, bleibt die Eckersbacher Viehwaage in Betrieb. Das hat der Schlüsselfelder Stadtrat beschlossen.
Wiegemeister Michael Schuster ermittelt das Gewicht eines jungen Rindes.  Foto: Seeger


"Reich kann man davon nicht werden", sagt Michael Schuster. Selbst wenn in den 50er und 60er Jahren 300 oder 400 Stück Vieh im Jahr auf die öffentliche Viehwaage geführt wurden.

Der Wiegemeister erhielt immer nur einen ganz kleinen Obolus für seinen Dienst. Früher eine Mark. Heute beträgt die Gebühr für das Wiegen eines Schweins einen Euro. Bei Großvieh würden zwei Euro fällig.
Doch das kommt so gut wie nicht mehr vor. Wiegemeister Michael Schuster bekommt davon allerdings nur die Hälfte. Macht nach Adam Riese 50 Cent pro Schwein für den Wiegemeister. Die andere Hälfte der Wiegegebühr bleibt bei der Stadt Schlüsselfeld, der die öffentliche Viehwaage gehört.

130 Euro Eichgebühr


Die heute nur noch wenigen Wiegevorgänge waren es auch, die die Stadtväter von Schlüsselfeld über den weiteren Betrieb der Eckersbacher Viehwaage nachdenken ließen. Bei der Rechnungsprüfung war die Waage aufgefallen, denn die öffentliche Einrichtung muss alle vier Jahre geeicht werden. Mit einer Gebühr von knapp 130 Euro stand auch jetzt wieder eine Eichung an. "Wir könnten in Eckersbach auch ohne die Viehwaage leben", stellte Stadtrat Hans Wagner in der Sitzung fest. Unter dem Aspekt, dass es die letzte derartige Einrichtung im gesamten Stadtgebiet ist, wollte er jedoch gerne daran festhalten. Schließlich gebe es in Eckersdorf noch einen Wiegemeister, der dieses Amt auch ausüben dürfe. Ein neuer Wiegemeister müsste erst eine Ausbildung absolvieren.

Also entschlossen sich die Stadträte, die Waage vorerst weiter zu betreiben. Bis zum nächsten Eichtermin oder solange Wiegemeister Michael Schuster dieses Amt noch ausübt.

Der heute 74-jährige Michael Schuster wurde 1958 vom Eichamt Bamberg als Wiegemeister vereidigt. Dafür musste er einen Kurs in Theorie und Praxis absolvieren. Obwohl der Nebenerwerbslandwirt bis zum Tod des Wiegemeisters Johann Schweis nur dessen Stellvertreter war, hat er von Anfang an auch immer gewogen.
Erst vor etwa 14 Tagen habe er die letzte Sau auf seiner Waage gehabt, erzählt der Eckersbacher. Heute würden die Tiere nur noch in Ausnahmefällen lebend gewogen. Beispielsweise wenn jemand ein Schwein für eine Hausschlachtung kauft. Die Metzger, früher Schusters Hauptkunden, würden heute nicht mehr selbst schlachten. "Sie fahren die Tiere zum Schlachten nach Bamberg in den Schlachthof." Etwa 120 bis 140 Kilogramm bringe ein lebendes Schlachtschwein auf die Waage, erzählt Schuster. Einmal habe ein Schwein in Richtung Possenfelden das Weite gesucht, erinnert er sich. In einer Hecke habe man das Tier wieder eingefangen.

Die Eckersbacher haben ihr schmuckes Wiegehäusla lieb gewonnen. Als die Gemeinschaftsgefriertruhe nicht mehr benötigt wurde, haben sie das Gebäude der Länge nach halbiert und die Viehwaage dorthin versetzt.