Sprint-Star Gina Lückenkemper in Bamberg: Warum sich die 22-Jährige in Franken auf Olympia vorbereitet
Autor: Stephan Großmann
Bamberg, Donnerstag, 20. Juni 2019
Deutschlands schnellste Frau liebt einen Bamberger. Deshalb trainiert Gina Lückenkemper in Franken. Hier will sich die 22-Jährige auf Olympia vorbereiten.
Es wird langsam Zeit. Der Blick senkt sich, jeder Muskel ist angespannt, der Tartanboden drückt sich sichtbar in die Fingerknöchel. Stille. Dann schießt Gina los. Sogleich löst sich ihre Anspannung wieder, sie nimmt Tempo raus. Dennoch dauert es, bis sie tatsächlich zum Stehen kommt und zurück zum Startblock schlendert. Kurze Pause, dann das Ganze noch einmal.
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Unkompliziert und sympathisch plaudert Gina Lückenkemper zwischen ihren Übungsstarts, als wäre das Lauftraining keinen Deut anstrengend. Sie ist die aktuell schnellste Frau Deutschlands. Damit dies auch so bleibt, trainiert die 22-Jährige, die einfach nur Gina genannt werden möchte, sechs Mal in der Woche. So auch an jenem Sommertag im Bamberger Fuchs-Park-Stadion. Die in Soest aufgewachsene und in Hamm (Nordrhein-Westfalen) geborene Sportlerin ist seit etwa anderthalb Jahren in Franken unterwegs. Warum? Sie lächelt verschmitzt: "Mein Freund wohnt in Bamberg."
Relativ regelmäßig fährt sie daher in die Domstadt. Nicht nur, um zu trainieren. Aber auch. Ihren Startblock hat der Sprintstar stets im Auto liegen, am liebsten steuert sie das Fuchs-Park-Stadion an. "Hier ist es meistens schön ruhig und sehr naturbelassen. Das mag ich." Überhaupt schätzt die Ausnahmeathletin die Beschaulichkeit der Region und die fränkische Mentalität. "Ich fühle mich hier wohl, Bamberg ist toll. Ich brauche keine Metropole."
Denn selbst eine Frau, deren Fokus und deren Leidenschaft auf größtmöglicher Geschwindigkeit liegen, braucht ein gutes Gegengewicht, ein gewisses Maß an Entschleunigung. "Schon als kleines Kind merkte ich, dass ich schneller bin als andere. Ich spreche schneller, esse schneller und laufe schneller." Sie denkt kurz nach und lacht dann laut: "Nur in Mathe war ich nie die Schnellste."
Umso wichtiger ist es, hin und wieder einfach abzuschalten. Einer ihrer Ruhepole heißt Stefan, ihr Freund. Er, ein gebürtiger Bamberger, ist selbst zwar kein Profisportler, arbeitet aber in der Branche. Sie hatten sich auf einem Wettkampf in Berlin kennengelernt. Vor anderthalb Jahren war das, seither pendeln sie in einer Fernbeziehung durchs Land. "In der Regel schaffen wir es, uns fast jede Woche zu sehen." Doch das könnte sich schon bald ändern: "Der Plan lautet, meine Zelte hier in Bamberg aufzuschlagen. Aber frühestens, wenn die Saison vorbei ist."
Pferd Picasso ist Ruhepol
Nur einer hilft Gina noch besser, all die Gedanken über Sekunden-Bruchteile, schweißtreibende Wettkampfvorbereitungen und mentalen Stress hinter sich zu lassen - Picasso. Natürlich nicht der Maler, sondern ihr Pferd. "Ich muss ihn nicht unbedingt reiten. Manchmal gehe ich nur in den Stall, miste aus oder wasche ihn. Dann bin ich einfach nur bei ihm und das genieße ich sehr."