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Geschichte(n): Ebrachs Knast und Prominenz


Autor: Anette Schreiber

Ebrach, Dienstag, 17. April 2018

Zum Thema Gefängnis hat Ebrachs Gemeinde-Archivarin Barbara Gülta einiges zu sagen. Seit 60 Jahren ist hier eine Strafanstalt für junge Männer.
Barbara Gülta hat als Kind das berüchtigte APO-Knast-Camp miterlebt. Die Gemeinde-Archivarin und Fremdenführerin kann diese Erfahrungen nun auch berufilich nutzen. Foto: Anette Schreiber


Als in Ebrach der Teufel los war, das war berühmte Knast-Camp mit Prominenz der APO-Szene lief, war Barbara Gülta gerade mal vier Jahre alt. Sie konnte beileibe nicht einordnen, was sich da um sie herum tat. Sie fand es auf jeden Fall spannend und aufregend, all die Männer mit den langen Haaren, die wie eine Prozession um das Gefängnis zogen und dann auch noch Bilder auf die Straße malten.

Heute, nahezu 50 Jahre später, kann sie dieses persönlich miterlebte Stück Zeitgeschichte gut bei ihren Führungen einbauen und Exponate im Museum der Geschichte Ebrachs, für das sie gleichfalls tätig ist, besonders gut zuordnen.

Ebrach und das Kloster sind ebenso mit einander verbunden wie die Ebracherin selbst mit beidem. Bekanntlich ging die heutige Justizvollzugsanstalt aus dem ehemaligen, Anfang des zwölften Jahrhunderts gegründeten Zisterzienserkloster hervor, nachdem es im Jahr 1806 verweltlicht worden war.

Politische Gemeinde im Werden

Mit der weltlichen Nutzung der Anlage ging das Werden der politischen Gemeinde einher: Die im Vollzug tätigen Beamten bildeten die Bevölkerung des Ortes. Und die gingen in die einstige Klosterkirche. Barbara Gültas Familie wiederum stellte viele Generationen lang die Mesner. Ihr Vater arbeitete selbst als Vollzugsbeamter im Gefängnis.

Wenn Barbara Gülta behauptet, Ebrach und das Gefängnis gehören zusammen, hat das entsprechende Bedeutung. Die Vollzugsbeamten, früher grün heute blau gekleidet, sind vertrauter Bestandteil des Ortsbildes. Die in der Anstalt eigenen Ausbildungsbetriebe - wie unter anderem Kfz-Werkstatt oder Gärtnerei - werden von den Einheimischen ganz selbstverständlich genutzt. Gefangene, in weißer oder blauer Anstaltskleidung sieht man bei der Grünanlagenpflege oder in der Landwirtschaft.

Eigener Jugendvollzug

Seit dem 1. April 1958 gibt es in Bayern ein eigenen Jugendvollzug, zuvor wurden jugendlichen Straftäter wie Erwachsene behandelt. Seit 1958 ist Ebrach Jugendstrafanstalt, erklärt Gerhard Weigand, der hier von 2002 bis 2004 stellvertretender Anstaltsleiter war und die Vollzugseinrichtung seit dem Jahr 2010 leitet. Er ist 57 Jahre alt und stammt aus dem etwa zwölf Kilometer entfernten unterfränkischen Gerolzhofen. Als Kind besuchte er seine Ebracher Schulkameraden, nahm das Gefängnis aber nie als solches wahr. Wohl weil es für die Kumpels etwas ganz Normales und deshalb wohl nichts Erwähnenswertes war.

Dabei ist die Ebracher JVA schon etwas Besonderes, erklärt Weigand: Sie ist die größte von drei bayerischen Jugendjustizvollzugsanstalten und zwar für die älteren Gefangenen, also im Alter von 17 bis 24 Jahren und vor allem für die mit hohen Jugendstrafen. Die JVA Laufen-Lebenau, in Oberbayern an der Grenze zu Österreich gelegen, hat die 14- und 15-jährigen Gefangenen, Neuburg-Herlenwörth die 16 bis 17-Jährigen.

Maximal 312 Haftplätze

Haftplätze, so Weigand gibt es maximal 312. Um sie kümmern sich in den verschiedensten Berufsfeldern 230 Bedienstete in Voll- und Teilzeit. "Ohne Nutzung und Pflege durch die Justiz", so erwähnt Weigand am Rande, wäre die Anstalt vermutlich schon lange verfallen. So wurde nicht nur denkmalgeschützte Substanz gepflegt, die JVA Ebrach wurde in Anpassung an ihre Aufgaben mehr fach erweitert und modernisiert - Hackschnitzelheizung oder Sporthalle sind neben verschiedenen Ausbildungsbetrieben nur zwei Aspekte. Im Jugendvollzug, so Weigand spielt Bildung und Ausbildung eine zentrale Rolle.

Generell sind Gefangene zu Arbeit verpflichtet. Bei den Jugendlichen steht dabei jedoch der Erziehungsauftrag im Vordergrund. So stehen den Inhaftierten in Ebrach 59 Lehrplätze in 17 verschiedenen Handwerksberufen und 15 anstaltseigenen Handwerksbetrieben zur Verfügung. Daneben wird eine Vielzahl von schulischen Ausbildungen, vom Hauptschulabschluss bis zum Abitur mit externen Bildungsträgern angeboten, führt Weigand weiter aus. In der Anstalt habe sich neben dem Zuwachs an Gebäuden in den letzten sechs Jahrzehnten auch inhaltlich etliches getan.

Das kann Barbara Gülta bei Museumsführungen gut erklären: Zu sehen ist eine Musterzelle, wie sie in den Anfangsjahren der Jugendvollzugsanstalt gebräuchlich war. "Ebrach ist ein kleiner, aber aufregender Ort, weil hier immer besondere Menschen waren".

Sie meint die Mönche, ebenso bekannte Insassen. So soll Versandhauschef Josef Neckermann in der Nachkriegszeit wegen einer Bagatelle hier gewesen sein. Altkanzler Helmut Kohl war auch in Ebrach, so Gülta, aber als Besucher der berühmten Klosterkirche. Und erst am Montag kam Prominenz hierher: Bayerns Justizminister Winfried Bausback: Anlass war das Jubiläum 60 Jahre Jugendvollzug in Ebrach., weil hier immer besondere Menschen waren". Sie meint die Mönche, ebenso bekannte Insassen, wie Versandhauschef Josef Neckermann, oder auch prominente Besucher wie etwa Schauspieler, die sich die Kirche ansehen, oder hier drehen, sowie natürlich Besuch der JVA: Erst am gestrigen Montag kam Bayerns Justizminister Winfried Bausback in den Steigerwald: Anlass war das Jubiläum 60 Jahre Jugendvollzug in Ebrach.