Druckartikel: Gebündelte Denkmal-Kompetenz

Gebündelte Denkmal-Kompetenz


Autor: Klaus Angerstein

Bamberg, Dienstag, 21. November 2017

Die Symbiose von Wissenschaft und Technik in der Denkmalpflege führt nach Bamberg - in ein neu geschaffenes Kompetenzzentrum.
Rainer Drewello ist hochzufrieden mit den Arbeitsmöglichkeiten, die das neue Kompetenzzentrum den Mitarbeitern bietet. Matthias Hoch


Kathedralen wie Notre Dame in Paris, der Wiener Stephansdom oder der Kölner Dom, allesamt sind sie europäische Kulturdenkmäler ersten Ranges. Um deren Digitalisierung und Bestandssicherung kümmern sich unter anderen Experten des Bamberger Kompetenzzentrums für Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT). Und wenn es um die Rekonstruktion des Berliner Schlosses geht, sind die Denkmalexperten aus dem Fränkischen ebenfalls gefragt. Sie liefern anhand von exakten Gips-Modellen das digitale Datenmaterial, mit dem Steinmetzfirmen den Sandstein für das Schloss exakt bearbeiten können. Aufgaben, für die es Kompetenz braucht, sowohl in theoretischer wie in praktischer Hinsicht.

Genau das ist es, diese ideale Verbindung von Theorie und Praxis, die die Bamberger Denkmalkunde so einmalig macht. Institutionell sind diese Kompetenzen inzwischen im Kompetenzzentrum für Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT) gebündelt.
Der Sprecher dieser Einrichtung, Professor Rainer Drewello, steht geradezu idealtypisch für diese Verbindung von Theorie und Praxis der Denkmalpflege. Der gebürtige Bamberger konzentrierte sich nach Abitur und einem abgebrochenen Architekturstudium zunächst einmal auf die Praxis. Er erlernte den Beruf des Steinmetzes, ließ sich an der Regensburger Dombauhütte zum Laubschläger ausbilden, ehe er ein Chemiestudium folgen ließ.

Seinen Doktor baute er im Fach Werkstoffwissenschaften, um sich hernach beruflich zuerst einmal auf die Mikrobiologie zu konzentrieren. Und zwar deshalb, weil Mikroorganismen bei historischen Kirchenfenstern verantwortlich zeichnen für Glaskorrosion, und Drewello hier eine Gutachtertätigkeit einnehmen konnte. Über diese Tätigkeit bei einem Unternehmensableger der Erlanger Uni am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg gelangte er an die Professur für Restaurierungswissenschaft an der Uni Bamberg, und hier letztlich ans Kompetenzzentrum für Denkmalwissenschaft und Denkmaltechnologien (KDWT).

Örtlich wie persönlich drängten sich Bamberg wie Drewello geradezu auf. Da ist zum einen die Weltkulturerbestadt mit über 3000 denkmalgeschützten Häusern, einem mittelalterlichen Dom und einer repräsentativen fürstbischöflichen Residenz, dazu eine Bevölkerung, die für den Erhalt dieser historischen Bausubstanz in hohem Maß sensibilisiert ist - und da ist zum anderen Rainer Drewello, der Wissenschaft wie Technik im Denkmalbereich zu verknüpfen weiß. "Wir haben das Ziel, den Wissens- und Technologietransfer zu Wirtschaft, Handwerk und der Region auszubauen", so der Sprecher des Kompetenzzentrums.


Konzepte und Techniken

Aber was genau passiert in diesem Kompetenzzentrum mit seinen 20 Mitarbeitern? Für den Betrieb der Einrichtung machte der Freistaat immerhin fünf Millionen Euro locker. Dazu kommt noch eine technische Ausrüstung des Zentrums, die auch höchsten Ansprüchen genügt.
Was treibt die Denkmalpfleger an? Da geht es nicht nur um die Entwicklung kommunaler Denkmalpflegekonzepte, sondern eben auch darum, wie Bürger in den Prozess der Denkmalpflege aktiv mit eingebunden werden können.

Und in ihrer praktischen Arbeit setzen die Bamberger auf digitale Techniken. Nicht nur in der Bauforschung, wo mit Hilfe der Scan-Technik im 3D-Format historische Baufertigkeiten untersucht und analysiert werden, sondern auch bei der Archivierung und Dokumentation historischer Bausubstanz. Dabei kommen natürlich auch Techniken wie Flugdrohnen zum Einsatz.
So wurde im Auftrag des Auswärtigen Amts ein Tempel in Sri Lanka, für den keinerlei Pläne existierten, exakt mit dem 3-D-Verfahren dokumentiert. Hier allerdings ohne Drohne. Einer der Arbeitsschwerpunkte unter dem Titel "internationaler Kulturgüterschutz". Natürlich kommen in Bamberg auch die Restaurierungswissenschaften und die Holzforschung nicht zu kurz. In der Abteilung von Thomas Eißing beschäftigen sich die Mitarbeiter beispielsweise mit der Bestimmung des Alters von Holz. Damit lassen sich Dachstühle, Skulpturen, oder auch Gemälden genauestens datieren. Im Verlauf der letzten 20 Jahre wurden so über 7000 Gebäude untersucht.
Alles in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Landesämtern, so in Bayern oder Thüringen. Unter dem Dach des neuen Kompetenzzentrums findet sich auch ein mehr restaurierungswissenschaftlich geprägter Arbeitsbereich. Aus welchen Materialien sich beispielsweise mittelalterliche Kaisergewänder zusammensetzen, kann hier genauestens untersucht werden.

Offiziell eingeweiht wird das neue Kompetenzzentrum übrigens unter ministerieller Beteiligung am 4. Dezember. Am gleichen Tag öffnet das in Bamberg Am Zwinger 4 bis 6 untergebrachte Kompetenzzentrum, ab 15 Uhr für Interessierte seine Pforten.