Gartenschau-Sitzmöbel sind schon alle verkauft
Autor: Michael Wehner
, Donnerstag, 20. Sept. 2012
Nie gab es mehr Publikum für Sitzmöbel als auf dem Gartenschaugelände. Die Frage ist, was geschieht mit den bunten Erba-Accessoires nach dem 7. Oktober, wenn das Stühlerücken ein Ende hat?
Selten hat das Lümmeln solchen Spaß gemacht. Auf einem farbigen Sitzsack hingebreitet den Sonnenuntergang auf der Faltenwiese genießen - Tausende von Bambergern haben dies auf der Landesgartenschau Abend für Abend zelebriert. Wem sie das eindrückliche Sitzerlebnis verdanken, wird dabei den wenigstens bewusst gewesen sein. Es ist Ludwig Papritz vom Mohrenhaus an der Oberen Brücke, gewissermaßen der Herr der Gaustadter Gemütlichkeit, oberster Sesselspender der Landesgartenschau.
Was der frühere Steuerberater bei seinen Plänen für die Möblierung eines Landschaftsparks nicht ahnen konnte: Das Heer der bunt lackierten Stühle und so genannten Launchers, wie die lässig nach hinten gekippten Sitze genannt werden, der Polster und Hängematten avancierte bald zu einer Art Markenzeichen für die welligen Grünflächen der Erba-Halbinsel. Es wurde ein Sommer der Sitzsäcke und der Stuhlträger, wie ihn Bamberg kaum mehr erleben wird: Kein Weg war zu weit, kein Hügel zu steil, um die Sitzgelegenheiten von einem Ende der Gartenschau ans andere zu schleppen.
Besonders fleißig waren die Fans von Wolfgang Buck, wie ein Augenzeuge berichtet. Schon Stunden vor dem Konzert des fränkischen Rockbarden konnte man einen Stuhlgang riesigen Ausmaßes beobachten: Sämtliche 200 Alu-Fauteuils wanderten in der Hand ihrer Besitzer auf Zeit zur rund 150 Meter entfernten Bühne. Am nächsten Morgen wiederholte sich das allgemeine Stühlerücken - unter umgekehrten Vorzeichen. Die Servicekräfte hatten Mühe, die alte Ordnung wiederherzustellen.
Unverwüstlich und tolles Design
Ein Stuhl ist ein Stuhl, und ein Sitzsack ist ein Sitzsack. Nicht mehr. Dennoch liebt Papritz die Möbel des Französische Herstellers Fermob: "23 Farben, pulverbeschichtet, unverwüstlich, tolles Design", schwärmt der Geschäftsmann, der seine Möbel ebenso wie die Fatboy-Sitzsäcke für das Großereignis kostenlos zur Verfügung stellte.
Offensichtlich hat sich diese Form von Besessenheit auf das Bamberger Publikum übertragen. Kaum hatte sich herumgesprochen, dass die Gartenschau-Möbel im Oktober verkauft werden sollen, hagelte es Stuhl-Reservierungen in Papritz neuer Dependance am Laubanger. Ein Wettlauf nach den Original-Gartenschau-Accessoires setzte ein. Wenige Wochen später wurden die Wartelisten geschlossen: "Ich hätte die Stühle fünf Mal verkaufen können. Jetzt haben wir leider nichts mehr."
Kann es nur am Preis liegen, dass die Bamberger neuerdings wild auf bunte Alu-Möbel sind? Das Mohrenhaus hat die gebrauchten Gartenschau-Schaustücke zum halben Preis verkauft. Doch das heißt nicht, dass sie geschenkt gewesen wären. Es muss mehr dahinter stecken. Nehmen wir etwa den Bamberger Dauerkartenbesitzer Helmut Schaad, der in der Mayerschen Gärtnerei wohnt. Dass die Stühle trotz ihrer freundlichen Farbgebung viel aushalten, hat der Schuhtechniker gewissermaßen selbst erfahren: Beinahe jeden zweiten Abend verbrachte er mit seiner Familie auf dem Erba-Gelände - beim Picknick oder bei einer der vielen Veranstaltungen. Er freut sich schon: Eine pinkfarbene Bank, ein türkisfarbener und ein grüner Stuhl für mehrere hundert Euro werden künftig in seinem Garten an ein außergewöhnliches Jahr erinnern: "Das ist für mich ein Stück Bamberg."