Führender Jazz-Pianist gastiert in Bamberg
Autor: Petra Mayer
Bamberg, Montag, 28. Januar 2013
In Bamberg gastiert am 1. Februar ein führender deutscher Jazz-Pianist. Über die Anfänge seiner Karriere in den 70ern, aber auch Entwicklungen der Szene sprachen wir mit Christoph Spendel vor seinem Auftritt bei fränkischen Jazzfans.
"Jazz geschieht in Echtzeit, nur einmal", meinte Graham Collier als britischer Bandleader, Dozent und Autor zur "Black American Music". Von Jazz als Konversation sprach Schlagzeuger Daniel Humair. Womit beide gut umschrieben, was Fans und Bands an der improvisierten Musik lieben, wie sie am Freitag wieder im Gewölbekeller der Oberen Sandstraße 18 erklingt. Mit Tony Lakatos eröffnet Christoph Spendel die Februar-Konzertreihe des Jazzkellers, von dem der Pianist im Interview als einem "Lieblingsclub" schwärmte.
Immer wieder neu
"In gewisser Hinsicht erfinden Jazzmusiker Stücke bei jedem Auftritt neu", sagt Spendel als einer der führenden deutschen Jazz-Pianisten. Auf ureigenste Weise entwickle sich jedes Programm im Zusammenspiel mit den Zuhörern, "wobei ich das Bamberger Publikum ebenso wie die konzertante Atmosphäre des Jazzkellers schätzen lernte", so der nach längeren Aufhalten in den Staaten mittlerweile in Frankfurt lebende Bandleader, Komponist, Arrangeur, Produzent, Musikprofessor und Musikjournalist.
Namhafte Künstler begleiteten die bald 40-jährige Karriere des Jazzmusikers, der sich zunächst an Größen wie Oscar Peterson, Dave Brubeck und Miles Davis orientierte. In die Wiege gelegt hatte Spendels Mutter ihrem Filius das Talent: Eine Musikpädagogin und Pianistin, an deren Seite der fünfjährige Christoph schon die Finger über die Tasten gleiten ließ. "Und mit 15 Jahren unterrichtete ich selbst Privatschüler, nachdem mich neben dem Spiel immer auch die Wissensvermittlung interessierte."
Aufbruchstimmung in den 70ern
Die 70er wurden zur Sturm- und Drangphase Spendels. In der Düsseldorfer Szene profilierte sich das Nachwuchstalent mit der Band Jazztrack um Saxofonisten Wolfgang Engstfeld. So trat der Pianist mit dem Ensemble auch anlässlich der Berliner Jazztage 1975 in der Philharmonie auf, wie auf seiner Homepage nachzulesen ist. "Damals herrschte Aufbruchstimmung, man riss die Mauern zwischen den Stilistiken ein", meint Spendel, der in all der Zeit selbst keinen Stil "der gesamten Palette zwischen Jazz, Rock Latin, Klassik und moderner Ambience Music" ausließ.
20 Musiker, ein Zuhörer?
Vermisst der Pianist, der mit Kollegen wie Michael Sagmeister spielte, mit Albert Mangelsdorff, Klaus Doldinger, Christof Lauer, Wolfgang Schlüter und Manfred Schoof - um nur einige deutsche Wegbegleiter zu nennen - jene Aufbruchsstimmung der 70er? Zuweilen. "Heute stehen wir ja vor dem Problem eines Überangebotes, nachdem auch viele Hochschüler viel zu früh auf den Markt drängen", meint der Professor der Frankfurter Musikhochschule, der zuvor in Tel Aviv, New York und Florida lehrte. "Man produziert einfach mal so 'ne CD, während das für uns damals eine fast spirituelle Sache war." Indes sei die Nachfrage nicht im gleichen Maße wie das Angebot gestiegen. "So dass irgendwann 20 Musiker wohl für einen Zuhörer spielen."
Zu gerne würde Spendel den Jazz aus dem Elfenbeinturm ziehen und einem breit gefächerteren Publikum zugängig machen. "Alles fängt schon an den Schulen bei Lehrern an, die wenig Grundwissen und das oft noch auf die falsche Weise vermitteln." Man brächte Jazz mit Avantgarde in Verbindung statt seine Tradition, Vielfalt und somit auch Bedeutung für diverse Stile und Genres zu beleuchten.
New Yorker Freunden Bamberg empfohlen
Jetzt freut sich Christoph Spendel aufs Konzert in der Domstadt - "wieder einmal", wie er mit einem Schmunzeln meinte: "Schließlich schicke ich auch alle Besucher aus New York, wo ich eine Zeitlang lebte, bei Deutschland-Touren nach Bamberg."