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Friedensangebot an den Bamberger Biber


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Freitag, 10. März 2017

Das Wasserwirtschaftsamt beginnt mit Steinschüttungen am Hollergraben. Sie sollen die Biber daran hindern, den Damm zu unterhöhlen.
Der schmale Damm zwischen Regnitzarm und Hollergraben ist eine Schwachstelle im Bamberger Gewässernetz. Nun sollen Steinschüttungen ihn vor Biber-Bauten schützen. Foto: Ronald Rinklef


Der Konflikt ist nicht ausgestanden, aber die Begleitmusik klingt deutlich versöhnlicher. Als Mitte Februar zwei Biberbauten unter dem schmalen Damm der Stengelallee zwischen linkem Regnitzarm und Hollergraben entdeckt wurden, war die Aufregung groß. Behördenvertreter warnten vor dem drohenden "Regnitz-Tsunami" in Klein-Venedig. Die umtriebigen Nager stießen dagegen auf wenig Verständnis. Der Schadbiber sei im Hain nicht erwünscht, hieß es. Schon reiften Überlegungen, den Übeltäter gezielt zu vergrämen.

Mittlerweile scheint der Pulverdampf verraucht. In einer Pressemitteilung informiert die Stadt über den Beginn von Steinschüttungen am Hollergraben. Dafür soll die viel begangenen Stengelallee zwischen der Walkmühle und dem Bootshaus von Montag, 13. März, bis Mittwoch, 22. März, gesperrt werden. Von einem Verjagen des Bibers wird nicht mehr gesprochen. Im Gegenteil: Die Tiere sollen "geschont werden".

Etwas anderes wäre auch gar nicht erlaubt. Das hat nicht nur mit den Problemen einer eventuellen Jagd im Hain zu tun oder mit dem Strafgesetzbuch, das das Töten oder Verletzen von Castor Fiber mit Bußgeldern bis zu 50 000 Euro belegt. Jürgen Gerdes, Biologe im Umweltamt der Stadt, plädiert aus einer Reihe von fachlichen und praktischen Gründen für ein gedeihliches Miteinander von Mensch und Tier - gerade in einem Schutzgebiet wie dem Hain. Der wichtigste: So leicht wäre der Biber gar nicht zu vertreiben. Würde ein Revier in Bamberg frei, würden es Jungtiere sofort wieder auffüllen.

Biber-Erlebnisse beschäftigen in diesem Monaten nicht nur die Bamberger. Das hat damit zu tun, dass die Zahl der umtriebigen Nagetiere Experten zufolge auf 18 000 in Bayern angewachsen ist. Eine Erfolgsgeschichte: Castor Fiber, der mit 30 Kilo etwa das Gewicht eines Rehs erreichen kann, galt als ausgerottet, seit 1867 das letzte bayerische Exemplar erlegt worden ist. Die Tiere wurden zu Kleidungsstücken und medizinischen Extrakten verarbeitet oder dienten als Fastenspeise. Erst in den 60er Jahren war mit der Wiedereinbürgerung begonnen worden. Mittlerweile, das zeigt der Fall Bamberg, nimmt das Tier auch stark vom Menschen genutzte Flusslandschaften in Anspruch - und kommt damit gut zurecht.

Freilich kostet die Rückkehr eines Ureinwohners auch Geld. Beispiel Bamberg: Die Dämme im Hain müssen gesichert, empfindliche Buchen in Wassernähe mit Zäunen geschützt oder mit einer entsprechenden Paste vor Nagerzähnen geschützt werden. Auch das Auslegen von Pappeln- und Weidenholz mit Rinde,Biber-Leibspeise, könnte ein Weg sein, um Ärger vorzubeugen.

Trotz gewisser Konflikte rät Biber-Experte Horst Schwemmer vom Bund Naturschutz dazu, das Nagetier auch in einer stark genutzten Stadtlandschaft anzunehmen: "Der Biber ist eine Bereicherung der Natur. Der Mensch kann durch ihn sehr viel erleben, und sein Erscheinen hat nachgewiesenermaßen positiven Einfluss auf die Artenvielfalt", sagt er. So soll sich etwa die Zahl der Fischarten in seinem Schlepptau vervielfachen.

Aussagen, dass es sich bei den im Hain ansässigen Bamberger Biberfamilien um die etwas größere Art des äußerlich nicht zu unterscheidenden kanadischen Bibers handelt, hält Schwemmer für abwegig. Gen-Untersuchungen von bayerischen Bibern hätten gezeigt, dass es dafür keine Hinweise gibt. Auch der Hain-Biber sei ein Nachkomme der aus Polen eingeführten europäischen Art. Kreuzen können sich beide Varianten nicht.

Standpunkt des Autors:

Er soll bleiben

Warum sich Mensch und Biber leicht ins Gehege kommen, hat einen einfachen Grund. Beide haben den Drang, sich die Umwelt zu unterwerfen, beide greifen in das Gewässernetz ein.

Deshalb den Nager zu verbannen, ihn gewissermaßen wegzutrumpen, wäre gerade in einer Stadt ein Fehler, die sich ihrer Flussnähe rühmt - Feigheit vor der Natur.

Die Wiedereinbürgerung des Bibers bereichert unsere verarmte Kulturlandschaft. Sie holt eine Art zurück, die seit Millionen Jahren an Frankens Flüssen lebte. Der Biber ist ein Bamberger.