Druckartikel: Frieden wagen in Welt voll Hass

Frieden wagen in Welt voll Hass


Autor: Marion Krüger-Hundrup

Bamberg, Sonntag, 10. April 2016

Zum Auftakt der Saison 2016 im "Zelt der Religionen" am Markusplatz beteten Juden, Christen und Muslime um Frieden.
Zum Saisonauftakt kamen Besucher dreier Religionen in das Zelt am Markusplatz.Foto: Marion Krüger-Hundrup


Terror und Krieg haben keine Winterpause gemacht. Gewalt und Attentate erschütterten die Welt in den vergangenen Monaten. Für die Religionsvertreter in Bamberg waren diese nüchternen Fakten Anlass genug, darauf mit einem Friedensgebet im "Zelt der Religionen" zum Saisonbeginn 2016 zu reagieren.

Die Israelitische Kultusgemeinde Bamberg, die evangelische und katholische Kirche sowie die Türkisch-Islamische Gemeinde - allesamt Träger des Zeltes - hatten dazu an den Markusplatz eingeladen. Obwohl die vereinten Posaunenchöre der Kirchen St. Stephan und Erlöser schwungvoll und weittönend den Auftakt inszenierten, ließen sich nicht allzu viel Bamberger anlocken. Da passten die Begrüßungsworte des evangelischen Dekans Hans-Martin Lechner: "Wir müssen Frieden wagen in einer Welt voller Gier, Hass, Unmenschlichkeit, Flüchtlingsnot. Wir müssen uns neu besinnen auf einen Gott des Friedens." Der Kern aller Religionen sei der Friedensimpuls: "Religionen werden missbraucht für Terror und Krieg", beklagte der Dekan.

Für die Juden las Chasan Arieh Rudolph auf Hebräisch und Deutsch Verse aus der Thora, für die Christen der katholische Diakon Ulrich Ortner die Seligpreisungen aus der Bergpredigt, für die Muslime rezitierte Imam Coskun Sirri Mert auf Arabisch aus der Koransure 2. Daniela Medina Isljami übersetzte die Passagen. All diese Texte aus den Heiligen Schriften der drei monotheistischen Religionen kreisten um Gerechtigkeit und Frieden. "Es braucht Mut, um den Weg des Friedens zu gehen und sich mit der Kraft des Glaubens zu rüsten als Muslim und Nichtmuslim", legte Abdel Halim Ragab, Dozent an der Universität Bamberg, aus und sprach von "irrigen Interpretationen des Korans".


Gebet der Vereinten Nationen

Die Grundgebete der Juden, Christen und Muslime wurden gen Himmel geschickt, die ganze Schar im und vor dem Zelt vereinte sich im "Gebet der Vereinten Nationen". Ein vierstimmiger Kanon ertönte unter dem Dirigat von Dekanatskantor Martin Wenzel. "Gerechtigkeit bringt Frieden hervor, wenn Liebe unser Handeln lenkt ...". Schalom! Frieden! Salam! Wünschten sich alle, als sie einander die Hände reichten.

Dass dieses Friedensgebet, überhaupt das saisonale Geschehen im "Zelt der Religionen" und die Programmplanung möglich sind, sei schon "ein Ausdruck für den funktionierenden Dialog der Religionen in Bamberg", betonte Diakonin Andrea Hofmann, Geschäftsführerin des Fördervereins Zelt der Religionen e. V.. Auch die Neuwahlen des Vorstandes durch die rund 100 Mitglieder des Vereins seien harmonisch und einstimmig verlaufen. Zum Vorsitzenden wurde Dekan Lechner gewählt, seine drei Stellvertreter sind Domkapitular und Dompfarrer i. R. Gerhard Förch, Arieh Rudolph und Mehmet Cetindere (Türkisch-Islamischer Kulturverein). Als Beisitzer fungieren acht Vertreter und Vertreterinnen der drei Religionen, unter ihnen Rabbinerin Yael Deusel für ihren Minjan (Beterkreis).


Fülle an Veranstaltungen

Diakonin Hofmann präsentierte den Flyer mit dem neuen Programm des Zeltes, das im Oktober seinen Saisonabschluss findet. Bis dahin gibt es in den kommenden Monaten eine Fülle an Begegnungen, Gebeten, Vorträgen, musikalischen Leckerbissen. Als Höhepunkte im Programm führte Andrea Hofmann die multireligiösen Feiern für Kinder und Schulklassen im Juli an sowie eine Radltour zu drei Gotteshäusern - Synagoge, Kirche, Moschee - im September.

Die Diakonin macht darauf aufmerksam, dass das "Zelt der Religionen" ehrenamtlich betrieben wird und für seinen Erhalt auf Spenden angewiesen ist. "Wir bräuchten einen Stromanschluss, um elektrische Geräte wie Mikrofone oder Musikanlagen anschließen zu können", erklärte die Geschäftsführerin. Etwa 500 Euro seien dafür vonnöten sowie die Deckung laufender Stromkosten. Kontakt: Förderverein Zelt der Religionen, c/o Dekanat Bamberg, Eisgrube 16, 96049 Bamberg, Telefon 5193161, Mail: foerderverein.zdr@gmx.de, Web: www.zelt-der-religionen.de.