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Freitag, der 13. und dann noch Zeugnisse!


Autor: Anette Schreiber

LKR Bamberg, Donnerstag, 12. Februar 2015

Freitag, der Dreizehnte: kein guter Tag für Abergläubige, vor allem wenn sie noch zur Schule gehen. Oder vielleicht doch nicht? Wir haben einmal im Schulamt nachgefragt.
Ihr allererstes Zeugnis hat Barabra Pflaum noch. Damals bereitete ihr eine "4" Kopfzerbrechen. Heute amüsiert sich die Leiterin des staatlchen Schulamtes Bamberg darüber. Foto: Ronald Rinklef


Nein, abergläubisch ist Barbara Pflaum so überhaupt nicht. Damit kann dieser Freitag, der 13. der Schulamtsdirektorin auch absolut nichts anhaben. Und wie steht es dann mit den Hunderten von Schülerinnen und Schülern, die genau heute ihr Halbjahreszeugnis bekommen? Entwarnung seitens der erfahrenen Lehrerin: "Denn die Lehrer haben die Zeugnisse ja nicht am Freitag, den 13. geschrieben." Sondern lange vorher, beispielsweise an einem Samstag, den 30. Januar, auf jeden nicht an dem Tag, der Abergläubigen Bauchgrimmen verursachen könnte.

Ein Zeugnis entstehe schließlich nicht an einem einzigen Tag, führt die erfahrene Pädagogin weiter aus. Es handle sich vielmehr um den Bericht über ein halbes Jahr und da würden auch Noten einfach addiert und dividiert. Angesichts der vielen Informationsangebote der Schulen dürfe sich auch für Eltern keine Überraschung ergeben. Ob sie selbst einmal von einem Zeugnis "überrascht" wurde?


Unter die Haut gegangen

Die 62-Jährige lacht sofort und erinnert sich dabei an ihr allererstes Zeugnis, das Halbjahreszeugnis der ersten Klasse. Da stand eine "4". Sie konnte damals noch nicht so gut und viel im Zeugnis lesen, wusste aber nur so viel, dass "4" nicht gut ist und war einigermaßen schockiert. Freilich musste ihr erst erklärt werden,dass es sich um vier Fehltage handelte. Bei den nächsten Zeugnissen konnte sie lesen und in Folge die Dokumente richtig interpretieren. Und keines ist ihr mehr so unter die Haut gegangen.

Ganz so schlimm verhalte es sich nicht mit denjenigen, die Zeugnisse mit Inhalten füllen. Ein gutes Zeugnis schreibt man in der Regel wesentlich schneller als ein schlechtes, ist die Erfahrung der Schulamtsdirektorin, die auch Jahrzehnte selbst unterrichtet hat. "Bevor ich was Negatives schreibe, muss ich drei Mal nachdenken. Freilich falle ein schlechtes Zeugnis nicht vom Himmel. "Man sammelt ja ein halbes Jahr lang Fakten." Andererseits gelte, egal wie gern man einen Schüler oder eine Schülerin hat: "An der Note ist nicht zu rütteln." Schließlich sieht sie Lehrer auch in der Verpflichtung gerecht und objektiv zu sein. So seien Noten letztlich nichts anderes, als sich anbahnende Prozesse. Freilich empfinde sie es als "grausam", Eltern sagen zu müssen, "das und das kann das Kind nicht." Kinder können durchaus ein Zeugnis nicht verstehen. In solchen Fällen rät sie, einfach den Lehrer zu fragen.


Etliche bleiben verschont

Zurück zum Zeugnis-Freitag. Von dem, abergläubisch oder nicht, sind auch etliche Schüler verschont geblieben. Etwa die Viertklässler kriegen heute nichts. Warum? Weil sie bereits ihren jeweiligen Leistungsbericht schon im Januar bekommen haben. Außerdem haben 20 Prozent der Schulen im Zuständigkeitsbereich des Schulamts Bamberg eine neue Möglichkeit genutzt, bei der in der ersten bis dritten Jahrgangsstufe komplett auf das Zwischenzeugnis verzichtet werden kann. Mit dabei sind etwa so große Schulen wie die Kaulbergschule in Bamberg, sowie die Grundschulen in Hirschaid und Strullendorf.

Ganz ohne Feedback geht"s dabei freilich auch nicht. Anstelle des "Giftzettels" gibt es ein so genanntes Lernentwicklungsgespräch. Das sieht nach Schilderung der Schulamtsdirektorin so aus, dass der Klassenleiter ein Gespräch mit jedem Schüler spricht, bei dem die Eltern dabei sind und zuhören. Es dauert maximal 30 Minuten, findet im Zeitraum zwischen Januar und März statt.

Es wird dokumentiert, von Lehrer, Kind und Eltern unterzeichnet. Das Original erhalten die Eltern. Gegenstand des Gesprächs ist Lernverhalten und Lernfortschritt des Kindes. "Sinn soll sein, dass die Kinder mehr Verantwortung für ihr eigenes Leben übernehmen", erläutert Barbara Pflaum. Sie findet das kindgemäßer und gut, dass dabei auch Dinge beim Namen genannt werden. Im konventionellen Zeugnis hingegen "bin ich das Objekt, das beschrieben wird."

Bislang habe sie nur positive Rückmeldungen bekommen. Freilich ersetze dieses Entwicklungsgespräch nicht die Elternsprechstunde. Gut findet die Schulamtsdirektorin bei der neuen Möglichkeit einen weiteren Aspekt: "Die Kinder haben nicht so sehr diese Angst." Womit wir wieder beim Zeugnis-Freitag, den 13. sind. Wer an den Schulen mit den neuartigen Entwicklungsgesprächen dennoch ein Zeugnis bekommen möchte, dem werde eines ausgestellt.

Was das Kultusministerium zum Thema Zeugnis zu sagen hat:
"Wichtige Rückmeldung über den aktuellen Leistungsstand und Chance, sich über Lernfortschritte zu freuen"
Gut eine Million bayerische Schüler erhalten am Freitag Zwischenzeugnisse - an vielen Grundschulen ersetzen dokumentierte Lernentwicklungsgespräche die Zeugnisse - Lehrkräfte und Schulberatungsstellen stehen bei Sorgen als professionelle Ansprechpartner zur Verfügung.

Gut eine Million bayerische Schülerinnen und Schüler erhalten am Freitag zum Ende des ersten Schulhalbjahres ein Zwischenzeugnis. "Für Kinder und Eltern ist der Tag der Zwischenzeugnisse ein wichtiger Termin, weil er ihnen eine wichtige Rückmeldung zum aktuellen Leistungsstand der Kinder und Sicherheit über deren Leistungsvermögen gibt. Somit geben sie den Schülerinnen und Schülern die Chance, sich über erreichte Lernfortschritte zu freuen, und motivieren sie dazu, auch im zweiten Schulhalbjahr ihre Kenntnisse und Kompetenzen weiter unter Beweis zu stellen.", hob Bildungsminister Dr. Ludwig Spaenle die Bedeutung der Zwischenzeugnisse hervor.

Die Zwischenzeugnisse sind für Eltern und Kinder ein wichtiges Instrument, um über alle Jahrgangsstufen hinweg kontinuierliche Informationen über die Entwicklung der Schülerleistungen zu erhalten und so bei unerwünschten Entwicklungen zügig gegensteuern zu können: "Durch klare Rückmeldungen haben Eltern die Möglichkeit, gemeinsam mit den Lehrkräften individuelle Lösungen zu finden, um den Kindern zu schulischen Erfolgen zu verhelfen. Die Lehrkräfte sind hierfür die ersten Ansprechpartner", so der Minister. Zusätzlich bieten die Mitarbeiter der staatlichen Schulberatungsstellen weitere professionelle und kompetente Beratung an.

Ein weiteres Instrument neben den Zwischenzeugnissen, das dem Dialog zwischen Eltern, Kindern und Lehrkräften dient, ist das dokumentierte Lernentwicklungsgespräch, das seit diesem Schuljahr von vielen Grundschulen genutzt wird. Dabei werden die Schülerleistungen in einem Gespräch zwischen der Klassenleiterin bzw. dem Klassenleiter, den Erziehungsberechtigten und der Schülerin bzw. dem Schüler erörtert. Bildungsminister Spaenle: "Wir sehen darin eine Chance, dass Eltern, Lehrkräfte und Grundschüler noch intensiver und aufmerksamer über die Lernentwicklung ins Gespräch kommen als bei der Zeugnisausgabe."

Zwischenzeugnisse gibt es an bayerischen Grund-, Mittel- und Realschulen sowie an Gymnasien. Auch an den meisten beruflichen Schulen erhalten die Schülerinnen und Schüler Zwischenzeugnisse. An den Gymnasien bzw. Realschulen können die Zwischenzeugnisse in den Jahrgangsstufen 5 bis 8 einheitlich durch zwei schriftliche Informationen über das Notenbild ersetzt werden. Die Entscheidung darüber trifft die Lehrerkonferenz im Einvernehmen mit dem Elternbeirat zu Beginn des Schuljahres. Die bayerischen Viertklässler an Grundschulen sowie die zukünftigen Abiturienten haben ihre Leistungsberichte bereits erhalten, damit ihnen bis zum Übertrittszeugnis oder dem Abitur ausreichend Zeit für entsprechende Weichenstellungen bleibt.

Adressen staatlicher Schulberatungsstellen: www.schulberatung.bayern.de
Oberbayern-Ost (Freising, Erding, Ebersberg, Miesbach und das übrige östliche Oberbayern)
Beetzstraße 4
81679 München
Tel.: 089 982955110
E-Mail: info@sbost.de

Wie der BLLV den Zeugnistag sieht
Kein Kind schreibt gerne schlechte Noten
Am Freitag gibt es Zwischenzeugnisse / BLLV-Präsident Wenzel empfiehlt allen Eltern, möglichst gelassen damit umzugehen und ihr Kind bei schlechten Noten zu unterstützen

Anlässlich der Vergabe der Zwischenzeugnisse am Freitag hat der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, an alle Eltern appelliert, verständnisvoll und gelassen damit umzugehen - "auch wenn das manchmal schwer fällt." Wenn das Zeugnis nicht den Erwartungen entspreche, sei der Tag besonders schwierig. "Im Raum stehen die Klassenwiederholung oder gar ein Schulwechsel." Für viele Kinder bedeuteten schlechte Noten auch wochenlanges zusätzliches Lernen in privaten Nachhilfeinstituten. Besonders unter Druck gerieten Grundschulkinder vierter Jahrgangsstufen. "Wenn sich vermuten lässt, dass die Noten für den Besuch eines Gymnasiums nicht reichen, geraten viele Eltern in Panik". Es sei nicht einfach, ihnen diese Ängste zu nehmen und ihnen Mut zu machen, denn sie wollten für ihr Kind nur das Beste, räumte Wenzel ein. Die in diesem Schuljahr neu eingeführten "Lernentwicklungsgespräche" in ersten bis dritten Grundschulklassen seien eine Chance, die Situation zu entkrampfen. Lehrkräfte und Eltern hätten nun erste Erfahrungen damit gemacht. Diese gelte es, genau zu analysieren. Sinnvoll wäre es, das Angebot auf andere Schularten und Jahrgänge auszudehnen. Derzeit sind Lernentwicklungsgespräche ein freiwilliges Angebot an Grundschulen. Eines sei jetzt schon deutlich geworden: "Die Lehrerinnen und Lehrer, die solche Gespräche anbieten, brauchen erheblich mehr Zeit, denn der damit verbundene Aufwand ist enorm."

Lernentwicklungsgespräche könnten neue Formen des Umgangs zwischen Eltern, Schülern und Kindern ermöglichen. Deshalb hatte sie der BLLV grundsätzlich begrüßt. "Gespräche befördern zudem den Dialog. Sie können helfen, den zum Teil unerträglichen Druck, der auf Kindern und Eltern lastet, abzubauen", sagte Wenzel. Langfristig sollten auch alle Schülerinnen und Schüler davon profitieren. Andererseits dürfte ein solches Angebot nicht dazu führen, dass Lehrerinnen und Lehrer noch mehr belastet werden.

Als punktuelle Neuerung könnten Lernentwicklungsgespräche auch nicht darüber hinweg täuschen, dass der Druck, der auf Familien und Kindern laste, unverändert groß sei: "Schulbiografien entscheiden über Partizipation und Lebenschancen. Je mehr es Müttern und Vätern gelänge, gelassen und unaufgeregt mit schlechten Noten und Bewertungen umzugehen, umso größer die Aussicht auf Erfolg. "Kinder, die wissen, dass sie unabhängig von ihren Leistungen rückhaltlos geliebt werden, können Selbstbewusstsein entwickeln", erklärte der BLLV-Präsident. Das bedeute nicht, Lernunlust oder Nachlässigkeiten zu akzeptieren - es bedeute vielmehr, konstruktiv damit umzugehen. "Wenn Grundschulkinder die Lust am Lernen verlieren, hat dies Gründe. Jedes Kind lernt gerne und fast alle Kinder freuten sich zu Beginn der ersten Klasse auf die Schule." Diese Gründe müssten herausgefunden werden - am besten im gemeinsamen Gespräch mit der Lehrkraft oder auch mit anderen Eltern.
"Eltern sollten sich vor Augen führen, dass kein Kind gerne schlechte Noten schreibt", sagte Wenzel. Sie könnten versuchen, ihrem Kind zu helfen: "Es gibt z.B. Strategien der Stressbewältigung, die schon Kinder lernen können." Schülerinnen und Schüler profitierten auch sehr davon, mit Gleichaltrigen zu lernen. Manchmal erübrige sich dadurch bereits die Nachhilfe. Ein ruhiger und besonnener Umgang mit allen Angelegenheiten, die Schule betreffen, könne auch sehr hilfreich sein und aufgeregte Kinder beruhigen.

Umgekehrt dürften gute Noten im Zwischenzeugnis nicht einfach so zur Kenntnis genommen werden. "Die meisten Schülerinnen und Schüler haben hart dafür gearbeitet und freuen sich über Anerkennung und Lob."
Grundsätzlich jedoch müsse das Schulsystem und die Art, wie Kinder in ihm lernen müssen, kritisch hinterfragt werden. "Ein Schulsystem, das vielen Kindern Stress macht, das sie in Ängste und Blockaden treibt, kann nicht pädagogisch, es kann auch nicht kindgerecht sein." Schule müsse vielmehr fördern, unterstützen und ein positiv besetzter Lebensraum sein - ein Ort, an dem sich alle Kinder wohl fühlen und sich angstfrei entfalten könnten.