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Freispruch für Gleitschirmflieger


Autor: Gertrud Glössner-Möschk

Pommersfelden, Sonntag, 12. März 2017

Ein Mann aus dem Landkreis sollte eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen bezahlen, weil er auf einer Wiese bei Steppach gelandet ist.
Steppach, ein Ortsteil von Pommersfelden. Auf einer der Wiese nahe dem Dorf ist der motorisierte Gleitschirm gelandet.  Foto: Gemeinde Pommersfelden


Eine Wiese ist kein Flugplatz, und wer mit einem motorisierten Gleitschirm aus Sicherheitsgründen auf einer Wiese landet, kann sich schnell vor Gericht wiederfinden. Roland P. (Name geändert) ist das so ergangen.

Im Dezember flatterte ihm ein Strafbefehl ins Haus. Darin war eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 60 Euro festgesetzt. Der Vorwurf: Er habe vorsätzlich gegen luftrechtliche Bestimmungen nach Paragraph 25 des Luftverkehrsgesetzes verstoßen. Roland P. legte Widerspruch ein. Man traf sich vor dem Amtsgericht bei Richterin Kämmer.


Orientierung verloren

Roland P. ist Gleitschirmflieger und wollte beim Gleitschirmclub "Fränkische Schweiz" in Hohenmirsberg die Lizenz für den motorisierten Gleitschirm erwerben. Zur Ausbildung gehören drei Überlandflüge, die vorher mit dem Trainer durchgesprochen werden, die der Flugschüler in seinem leichten Gerät aber natürlich allein absolvieren muss.

Zu seinem ersten Überlandflug startete er am 27. Mai 2016 gegen 15 Uhr in Hohenmirsberg. Er verlor die Orientierung und beschloss, nach Richtung Westen zu fliegen, wo er sich besser auskennt. Er erreichte den Luftraum von Pommersfelden und landete schließlich auf einer Wiese im Ortsteil Steppach.

So weit stimmen die Schilderungen des Geschehens am 27. Mai von Roland P. und der Staatsanwaltschaft überein. Die Differenzen liegen bei der Bewertung. Die Staatsanwaltschaft unterstellte dem Gleitschirmflieger, er sei mit "willentlich abgestelltem Motor" vorsätzlich auf der betreffenden Wiese gelandet. In der mündlichen Verhandlung nannte die Staatsanwältin den Grund für ihre Vermutung: Roland P. habe den Besitzer der Wiese gekannt und dort die so genannten Aufzieh-übungen mit seinem Gleitschirm gemacht.

Was den Verdacht der Staatsanwältin weiter nährte: Nachbarn hätten sich schon früher über einen Gleitschirmflieger geärgert, der von besagter Wiese aus gestartet sei. Außerdem habe P. eine Firma in Steppach. Er sei, so die Vermutung, aus Bequemlichkeit und nicht aus Gründen der Sicherheit auf der Wiese gelandet. Wenn P. tatsächlich mit seinem Fluggerät in Not gewesen wäre, hätte er schon wesentlich früher an anderer Stelle, etwa in der Nähe von Ebermannstadt, landen können und müssen.


Kaum noch von der Stelle

Roland P. bestritt die ihm unterstellte Absicht. Kurz nach seinem Start sei der Wind stark abgeflaut. Unter ihm sei Wald gewesen und er sei kaum von der Stelle gekommen, schon gar nicht in Richtung Hohenmirsberg zurück. Deshalb habe er sich entschlossen, bei leichtem Ostwind in Richtung Westen weiterzufliegen und "da zu landen, wo ich mich auskenne. Ich wollte heil herunter kommen. Ich hatte, auf deutsch, a bissla Angst und habe mich nicht getraut, in der Fränkischen Schweiz zu landen."

Juristische, aber auch fachliche Unterstützung erhielt der Angeklagte von seinem Verteidiger, der selbst fliegt und dem Gericht Details erklären konnte, so zum Beispiel, dass Hochspannugsmasten für einen Gleitschirmflieger keine große Gefahr darstellen, "denn die sieht man ja". Viel gefährlicher seien die Dinge auf der Erde, beispielsweise Gräben oder Elektrozäune, weshalb es für seinen Mandanten sehr viel sicherer gewesen sei, auf einem ihm bekannten Grundstück zu landen.


Nachbarin rief die Polizei

Die Staatsanwältin ließ sich von diesem und allen anderen Argumenten nicht überzeugen. Sie beharrte: Der Mann hätte bei Ebermannstadt eine geeignete Fläche finden und nutzen müssen. Sie beantragte 30 Tagessätze zu je 60 Euro.

Der Verteidiger widersprach. Er führte in seinem Plädoyer auch die Differenz in der Beschreibung an, die sich aus der Aussage jener Nachbarin ergibt, die am 27. Mai die Polizei rief. Sie hatte angegeben, dass "da wieder einer gestartet" sei. Wenn die Frau tatsächlich nicht eine Landung, sondern einen Start beobachtet habe, könne das nicht sein Mandant gewesen sein, denn "er war zu dieser Zeit nachweislich in der Luft".

Außerdem: Was wäre denn die Alternative für seinen Mandanten gewesen? Jeder andere Platz außerhalb von Flugplätzen wäre ja ebenfalls nicht zugelassen gewesen.


Weites Ermessen

Amtsrichterin Kämmer, die zuvor noch die Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld und gegen Geldauflage angeregt hatte - womit die Staatsanwältin nicht einverstanden war - ging im Urteil einen Schritt weiter: Sie sprach den Angeklagten rundweg frei. Das Gesetz lege die Sicherheitslandung sehr weit aus. Es gebe ein großes Ermessen. Solche Landungen seien beispielsweise auch möglich, um sich Orientierung zu verschaffen. Die Beweislage gebe einen Vorsatz nicht her.