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Franken sitzt auf dem Trockenen


Autor: Günter Flegel

Bamberg, Freitag, 04. April 2014

Der Staub aus der Sahara, der nicht nur den Himmel gelb färbt, ist in Franken das kleinste Problem. Seit Wochen hat es kaum geregnet. Während die Grundwasserpegel noch im Grünen Bereich sind, herrscht im Wald wieder einmal Alarmstufe rot.
Sogar die Schiffe auf dem Main sitzen auf dem Trockenen - was aber nichts mit dem Wetter zu tun hat. Turnusgemäß werden im Frühjahr die Schleusen gewartet und bei größeren Arbeiten wie derzeit in Würzburg und Ottendorf (Landkreis Haßberge, im Bild) trockengelegt. Foto: G. Flegel


Für die Wetterbeobachter in Franken ist der morgendliche Gang in den Garten zum Regenmessbecher ziemlich frustrierend: Wenn sich ein paar Tautropfen in dem Röhrchen sammeln, dann ist das schon das höchste der Gefühle. Der letzte Monat, der zum Beispiel in der Wetterstation Köslau in den Haßbergen ein deutliches Plus beim Nass brachte, war der November 2013. Seither herrscht zwar nicht völlig Ebbe, aber vor allen nach dem extrem trockenen März doch ein erhebliches Niederschlagsdefizit.

Kurzzeitgedächtnis

Das nährt allerlei Befürchtungen, nicht zuletzt vor einem Hochwasser, auch wenn das erst einmal absurd klingt. Aber: Wochenlange Trockenperioden gab es in den vergangenen Jahren mit schöner Regelmäßigkeit, was das Kurzzeitgedächtnis nicht speichert. Der Blick in die Statistik aber ist im Gegensatz zum aktuellen Himmel über Franken, den der Staub aus der Sahara gelb färbt, ungetrübt: Auch 2013 waren die ersten drei Monate in Köslau viel zu trocken. Das Niederschlagsdefizit betrug im März 2013 gut 30 Prozent; nicht ganz so viel wie im März 2014 (40 Prozent Minus), aber immerhin. Dass das gesamte Jahr 2013 am Ende sogar überdurchschnittlich nass ausfiel, lag in erster Linie am Mai, der mit einem Plus von 158 Prozent im Vergleich zum langjährigen Mittel rekordverdächtige Regenmengen brachte: 222 statt 64 Liter pro Quadratmeter.

Erhalten oder ausgleichen

Stefan Ochs, der in Herzogenaurach eine Wetterstation betreibt, bringt beim Versuch, die längerfristige Wetterentwicklung vorherzusagen, immer zwei Begriffe ins Spiel: Erhaltungsneigung und Ausgleichsverhalten. "In den letzten Monaten war das Wetter von einer ungewöhnlichen Erhaltungsneigung geprägt", sagt Ochs. Das eingespielte Wettermuster änderte sich allenfalls kurzfristig; Hochdrucklagen und der Zustrom milder Luftmassen aus dem Süden ließen in Franken den Winter ausfallen und hielten Niederschlagsgebiete fern.
Die Wahrscheinlichkeit beim Wettergeschehen spricht dafür, dass irgendwann das Ausgleichsverhalten mal wieder das Ruder übernimmt. "Will heißen, dass es nach langen trockenen oder warmen Perioden auch wieder einmal Phasen mit nassem und kühlem Wetter geben wird", sagt Ochs. Ob sich dieser Ausgleich in Wochen, Monaten oder gar Jahren abspielt, kann niemand vorhersagen. 2003 gab es im Frühjahr ebenfalls eine Trockenperiode, und damals setzte sich die Erhaltungsneigung durch. Das ganze Jahr, Jahrhundertsommer inklusive, blieb zu warm und auch in der Summe viel zu trocken (nur 460 statt 716 Liter Niederschlag in Köslau).

Fällt der Sommer ins Wasser?

In den Jahren seit 2003 lagen die Jahresniederschläge in Franken immer in der Norm oder sogar deutlich darüber - trotz wiederholter markanter Trockenperioden. 2007 etwa fielen in Köslau mehr als 900 Liter Regen auf den Quadratmeter; Mai, Juni und Juli waren viel zu nass nach einem April, in dem fast gar kein Tropfen vom Himmel kam.
Fällt also der Sommer 2014 ins Wasser? Oder trägt sich das ganze Jahr nach den fast schon sommerlichen Frühlingstemperaturen im März mit einem neuen Spitzenwert in das Buch der Temperaturrekorde ein? Prog-nosen über so lange Zeiträume bezeichnet nicht nur Stefan Ochs als Kaffeesatzleserei.
Auffällig ist, dass sich die aktuelle Trockenperiode in einen fast regelmäßigen Turnus einreiht: 2003, 2007 und 2011 verzeichnete das Landesamt für Umwelt außergewöhnlich lange Trockenzeiten, die sich messbar auf die Pegelstände der Flüsse und Seen sowie auf das Grundwasser auswirkten.

Normale Pegel

Aktuell meldet das Landesamt über den Niedrigwasser-Informationsdienst im Internet (www.nid.bayern.de) meist normale Pegel beim Grundwasser und nur an einigen wenigen Stationen in Franken niedrige Werte. Die hängen aber weniger mit der aktuellen Wetterlage zusammen, da sich der Niederschlag, je nach geologischer Zusammensetzung des Untergrunds, erst mit längerer Verzögerung auf das Grundwasser auswirkt.
Bereits kritisch ist dagegen die Lage in Frankens Wäldern. Bei der Waldbrandgefahr gilt fast flächendeckend die zweithöchste von fünf Warnstufen. Der um zwei Wochen verfrühte Beginn der Vegetationszeit lässt die Wälder zwar saftig grün erscheinen; Blüte und Blattwachstum entziehen den oberen Bodenschichten aber das Wenige an Feuchtigkeit, das nach dem ausgefallenen Winter noch vorhanden ist. Nicht nur die Messbecher der Wetterbeobachter lechzen nach einem Regenguss.