Fränkische Zulieferer in Not: Die Lösung hat (noch) keiner
Autor: Christoph Hägele
Bamberg, Mittwoch, 20. November 2019
Einen Tag nach der IG Metall diskutierten auf Einladung des Wirtschaftsclubs Bamberg Unternehmer und Politiker über die bedrohten Zulieferer in der Region Bamberg. Ein Wort fiel besonders oft: Technologieoffenheit.
Die Region Bamberg ist ein Labor für die von Klimaschutz, Automatisierung und Digitalisierung aufgezwungene Transformation der Zulieferindustrie. Etwa 25 000 Menschen finden bei Schwergewichten wie Bosch oder kleinen Spezialisten wie BorgWarner nicht nur Lohn, sondern in den Worten des Bamberger Psychologieprofessors Claus-Christian Carbon auch "Stolz und Identität".
Glückt die Transformation, wird Bamberg zur Modellregion. Scheitert sie, drohen den Einzelnen Arbeitslosigkeit, den Kommunen sinkende Steuereinnahmen, der Gesellschaft soziale Verwerfungen. Das ist die Lage, das sind die Aussichten. Über Gegenwart, Zukunft und ein wenig auch über die Sünden der Vergangenheit diskutierten Repräsentanten aus Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften jetzt in Hallstadt und Bamberg.
Die Kreativität der Ingenieure
Wer sich an den beiden Abenden trittfest durch das verminte Debattengelände bewegen wollte, glaubte offenbar ein bestimmtes Wort zwingend im Munde führen zu müssen. Als am Montagabend die IG Metall in den Hallstadter Kulturboden und tags darauf der Wirtschaftsclub Bamberg in die Konzerthalle geladen hatten, ging es den Diskussionsteilnehmern beinahe reflexhaft über die Lippen. Der wundersame Begriff, er lautete "Technologieoffenheit".
Technologieoffenheit, das bedeutet: Über die Antriebsform der Zukunft sollen nicht autoritär Parteien und Koalitionen befinden, sondern die Kreativität der Ingenieure und die Präferenzen der Konsumenten. Gemünzt auf die deutsche Gegenwart bedeutet Technologieoffenheit: Die Kräfte nicht unüberlegt zu einseitig auf die E-Mobilität zu konzentrieren.
In ihrem Klimapaket verständigte sich die Große Koalition aber jüngst darauf, den Kauf von E-Autos zu unterstützen und bis 2030 eine Million Ladestationen zu errichten. Die Grünen wollen ab 2030 sogar keine Verbrennungsmotoren mehr zulassen.
Vor diesem Hintergrund entdeckte nicht nur Mario Gutmann einen Widerspruch zwischen dem abstrakten Lob der Technologieoffenheit einer- und dem politischen Handeln andererseits. "Einige haben heute Kreide gefressen", sagte der Betriebsratsvorsitzende von Bosch in Bamberg am Montagabend. Angesprochen fühlen sollten sich in erster Linie wohl die oberfränkischen Bundestagsabgeordneten Lisa Badum (Grüne) und Andreas Schwarz (SPD).
Für Bosch im Besonderen ist das Wort von der Technologieoffenheit keine Phrase, sondern eine Frage von Wirtschaftlichkeit und Arbeitsplatzsicherheit. Neun von zehn in Bamberg beschäftigte Arbeiter verlieren beim Wechsel vom Diesel auf die E-Mobilität ihre Arbeit. Mit dieser düsteren Projektion rüttelte Gutmann das Publikum in Hallstadt auf.