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Fränkische Hilfe für afrikanische Kinder


Autor: Petra Mayer

Königsfeld, Montag, 10. Februar 2014

Am Fuße des Kilimanjaro liegt das Rose Education Center: Ein mit fränkischer Hilfe errichtetes tansanisches Bildungszentrum, in dem mehr und mehr Waisen ein Zuhause finden. Viele von ihnen wurden als Kinderarbeiter ausgebeutet, andere Opfer sexueller Übergriffe.
Wieder brachten fränkische Besucher Geschenke, darunter Kleidung, über die sich die kleinen Tansanier freuen. Foto: Thomas Kovacic


Herumzutollen und mit anderen Kindern zu lachen, muss Josi (Name von der Redaktion geändert) erst wieder lernen. Vier Jahre alt war die Kleine, als sie der Stiefvater erstmals vergewaltigte, nachdem ihn Josis Mutter verließ. In zahllosen Nächten verging er sich an dem Mädchen, das tagsüber auf der Suche nach Essbarem durchs Viertel streifte.

Über Nachbarn erfuhren kanadische Entwicklungshelfer von dem völlig verwahrlosten Kind, was Josi wohl das Leben rettete. Drei Monate verbrachte die heute Fünfjährige im Krankenhaus, deren innere und äußere Wunden heilten. Tiefe Verletzungen in der Seele aber bleiben. So ist Josi noch immer sehr ruhig, den Blick stets gen Boden gerichtet, und kapselt sich von anderen Kindern ab.

Wehgetan habe ihr der Vater - mit einem "Nagel", berichtete das Mädchen, das das Geschehen nicht begreifen kann. Im Rose Education Center bekommt die Tansanierin die Chance auf eine bessere Zukunft - wie mehr und mehr Jungen und Mädchen, die das Bildungszentrum dank fränkischer Spendengelder aufnimmt, ohne die das Projekt am Fuße des Kilimandscharo der unerfüllte Lebenstraum einer mittellosen Lehrerin geblieben wäre.


"Bildung und Nestwärme"

"Eine Menge hat sich getan, obwohl Rose weder Unterstützung vom Staat noch kirchlichen Organisationen erhält", berichtet Thomas Kovacic als Vorsitzender des Voitmannsdorfer Vereins Anam Cara Network, der die Hilfsbrücke nach Tansania 2009 schlug. 17 Waisen waren es anfangs, denen Roselyne Swai "Bildung und Nestwärme" gab, wie sich Friederike Klein als Projektleiterin ausdrückt. Heute sind es 40 - neben 130 weiteren Jungen und Mädchen, die in der Nähe von Moshi den Kindergarten der Einrichtung, Primary und Secondary School besuchen.

Gleich 2009 hatte Swai mit fränkischer Hilfe das Land zum Neubau eines Schulzentrums mit Klassenzimmern, Schlafsälen, Büro und sanitären Anlagen erworben, ohne den ihr Education Center keine staatliche Anerkennung erhalten hätte. "Fertiggestellt sind mittlerweile die Räume für drei Kindergarten-, sieben Primary-School- und zwei Secondary-School-Klassen", so Kovacic. Dank einer 10.000-Euro-Spende der Hallstadter Firma Stürmer gibt es nun sogar Fenster und Türen, um Schlangen, Ratten und Mäuse nachts von den Unterkünften der Kinder fernzuhalten. Ans Stromnetz angeschlossen ist das Schulzentrum seit 2011, das seit 2012 auch über einen eigenen Brunnen verfügt. Bis dahin hatten sich Jungen und Mädchen sauberes Wasser von einer nahe gelegenen Missionsschule erbetteln und in Eimern zwei Kilometer weit schleppen müssen.

Zu dritt in einem Bett

Ziegen und Hühner hält Rose Swai in dem großen Garten, der auf dem Grundstück angelegt wurde. "Noch immer aber fehlt es an vielem", meint der Anam-Cara-Network-Vorsitzende: Zwei Gebäude mit weiteren Schlafräumen müssten dringend finanziert werden, "damit sich die Jungen und Mädchen nicht mehr zu zweit oder zu dritt in ein Bett zwängen müssen". Eine Ungezieferbekämpfung sei unter solchen Umständen kaum möglich. "Die Kindern ertragen die katastrophalen hygienischen Bedingungen zwar ohne zu murren, eine Kontrolle durch die Schulbehörde könnte aber verheerende Auswirkungen bis hin zur Schließung haben."

Bewusstlos geschlagen

Was würde dann aus Josi und beispielsweise auch Lisa (Name geändert)? Vergewaltigt wurde die Mutter der Fünfjährigen, bewusstlos geschlagen und halbnackt liegen gelassen - schwanger mit Lisa, was die 19-Jährige fast um den Verstand brachte. An den Folgen eines Schlaganfalls starb die junge Mutter, deren Tochter jetzt im Rose Education Center aufwächst, ein schüchternes, aber fröhliches Kind, wie sich Kovacic und andere fränkische Besucher bei ihrem letzten Aufenthalt überzeugen konnten.

Eine ganze Gruppe von Männern verging sich an Janas (Name geändert) Mutter, obwohl sie schwer körperbehindert ist und ihre Tochter nach der Geburt somit auch nicht versorgen konnte. Rose Swai half der Kleinen. "Und mittlerweile freut sich Jana wieder ihres Lebens, deren Blick sich anfangs ganz nach innen kehrte", so Kovacic. Was die körperbehinderte Mutter umso glücklicher macht, deren Kind ein neues Zuhause fand und eine anerkannte Schule besucht.

Als Kinderarbeiter ausgebeutet

"Viele Jungen und Mädchen, die zu Rose kommen, wurden zuvor auch zur Kinderarbeit gezwungen", berichtet Friederike Klein. Schon Dreijährige aus bitterarmen Familien verdienten sich auf diese Weise täglich wenigstens eine Mahlzeit. "Kleine Mädchen werden früh auch als Housegirls eingesetzt, um beispielsweise die Babys anderer Frauen auf dem Rücken zu tragen, während kleine Jungs das Vieh hüten und auf Kaffeefarmen schuften."

Mit rund 40.000 Euro halfen Franken schon, das Bildungszentrum aufzubauen, das aber weiterhin auf Spenden angewiesen ist. Wer dazu beitragen möchte, erfährt alles Weitere auf der Homepage von Anam Cara Network.