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Flüchtlinge in Bamberg: Viele tauchen einfach unter


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Mittwoch, 11. Januar 2017

Die Aufnahmeeinrichtung in Bamberg hat jetzt fast 1400 Bewohner, darunter 50 Marokkaner. Hoch ist die Zahl der Abgänge: Über 70 verschwanden im Dezember.
In Bamberg Stadt und Land leben mit Abstand die meisten Flüchtlinge im Bezirk: 2766 waren es am 9. Januar 2017. Foto: riegerPress


Es sind gute Nachrichten, die uns der Chef der Polizei-Inspektion Bamberg-Stadt, Thomas Schreiber, mitteilt: Die Sicherheitslage rund um die Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO) in Bamberg-Ost hat sich gegenüber November deutlich verbessert. "Die Serie von Auto-Aufbrüchen ist komplett eingeschlafen. Auch Jacken- und Handy-Diebstähle sind praktisch weg", sagt Schreiber auf Nachfrage. Er wertet diese Entwicklung als Ergebnis des konsequenten Durchgreifens der Sicherheitsbehörden.

Erinnern wir uns: Um das Treiben einer Gruppe so genannter Intensivstraftäter aus Nordafrika einzudämmen, waren im Dezember mehrere Personen aus der Aufnahmeeinrichtung in Untersuchungshaft genommen worden. Weitere wurden in dezentrale Unterkünfte in Oberfranken verlegt. Nicht wenige sind auch untergetaucht und entzogen sich auf diese Weise dem Zugriff. Die Regierung beziffert die Zahl der "Abgänge" im Dezember mit 72 - quer über alle Nationen.

Allerdings bedeutet der ruhige Verlauf des Jahreswechsels nicht, dass die Bamberger Polizei nach den Dauereinsätzen im Vorjahr nun arbeitslos wäre: "Nach wie vor werden wir zu vielen Straftaten in der Einrichtung gerufen. Außerdem reißen die Ladendiebstähle im Umfeld nicht ab", sagt Schreiber.

Eine weitgehend positive Bilanz des Jahreswechsels zieht die Sprecherin des Ombudsrates der Stadt für die AEO, Ursula Redler (Bamberger Allianz). Redler spricht davon, dass die Beschleunigung der Strafverfahren, die Inhaftierung einzelner Personen sowie die deutlich erhöhte Präsenz der Polizei zu einer spürbaren Entlastung der Situation geführt habe. Diese Entspannung zeige, dass die Mittel des Rechtsstaats funktionierten.

Ungeachtet der Forderungen aus der Politik und der Bürgerschaft hält der Freistaat am geplanten Ausbau der AEO fest. Nach jüngsten Angaben der Regierung von Oberfranken soll der rund zehn Millionen Euro teuere Ausbau im Frühling 2017 abgeschlossen sein. Derzeit leben 1379 Menschen in der AEO (Stand 9. Januar), nur ein Drittel gehört zur besonderen Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern. Der jüngste Anstieg geht vor allem auf Flüchtlinge aus Afrika zurück. Am Mittwoch lebten über 400 Nordafrikaner in Bamberg, darunter 50 Menschen aus Marokko, 276 Eritreer und 197 Senegalesen.

Als nicht zutreffend haben sich Informationen von Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) erwiesen, wonach der Freistaat nach den Vorfällen vom Herbst künftig davon absehen wolle, weitere Marokkaner in Bamberg unterzubringen. Auf Nachfrage stellte die Regierung von Oberfranken klar, dass der Aufnahmeeinrichtung wie bisher Flüchtlinge aus Nordafrika zugeteilt würden. Diese sollen nur nicht an die Bamberger Gemeinschaftsunterkünfte weiterverlegt werden, um die Sicherheitslage nicht zusätzlich zu verschärfen.

Entgegen bisherigen Darstellungen verfolgt der Freistaat außerdem nicht das Ziel einer möglichst kurzen Verweildauer der Flüchtlinge in der Erstaufnahme. Um nicht noch zusätzliche Fluchtanreize zu schaffen, sollen laut Sozialministerin Emilia Müller (CSU) erstrangig die Erstaufnahmen belegt werden und nicht die Gemeinschaftsunterkünfte. Grund: Nur in Ersteren gilt das Sachleistungsprinzip. Das freilich erhöht die Aufenthaltsdauer auch problematischer Flüchtlinge in Bamberg.

Wie nimmt die Bevölkerung in Bamberg-Ost die Lage wahr? Markus Ritter, der auf change.org zu einer Online-Petition gegen gegen eine Verdreifachung der Kapazitäten in Bamberg-Ost aufgerufen hatte, bestätigt, dass sich das Sicherheitsgefühl in Bamberg-Ost verbessert hat. Allerdings sei auch klar, dass die Unterkunft nicht über 1500 Plätze wachsen dürfe. Andernfalls überfordere man die Aufnahmefähigkeit Bambergs kurz-, aber auch langfristig. Ritter, der selbst im Osten wohnt, berichtet von einer erheblichen Verunsicherung in der Bevölkerung. "Ich lasse meine Kinder am Abend nicht mehr alleine zum Bambados gehen. Viele Familien reagieren so."