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Firma spendet 100.000 Euro - mit Auflagen


Autor: Anette Schreiber

Untersteinach, Mittwoch, 14. November 2018

Noch dieses Jahr erhalten Untersteinacher Sturm-Geschädigte Spendengelder. Doch der Hauptspender gibt Einschränkungen vor.
So sah es bei der Untersteinacher Firma Stettler  nach dem Sturm aus.Foto: Firma Stettler


Fast acht Wochen nach dem verheerenden Sturm Fabienne sind immer noch Dachdecker und weitere Handwerker, aber auch etliche Untersteinacher in Eigenregie mit der Behebung der Sturmschäden beschäftigt. In dem 122-Seelen-Ort gibt es inzwischen einige neue Dächer, einige sind noch komplett oder teilweise abgedeckt. An manchen Dächern fallen neue Ziegel auf. An etlichen Stellen stößt man auf Reste demolierter Ziegel, verbeulten Blechs und geborstenen Holzes. Manche hier haben offenbar alle Schäden schon behoben, andere noch lange zu tun.

Seitens der Marktgemeinde war kurz nach dem Sturm ein Spendenkonto eingerichtet worden. Mittlerweile sind etliche Spenden eingegangen. Die Gemeindeverwaltung hat inzwischen alle Untersteinacher Haushalte angeschrieben und jeweils einen Fragebogen zukommen lassen. Wie Konrad Götz, Kämmerer der Verwaltungsgemeinschaft Ebrach, zu der auch der Markt Burgwindheim gehört erklärt, hatte er den Fragekatalog erstellt. Ab 1000 Euro Schaden greift der Spendenfonds.

Fragebögen verschickt

Per Fragebogen soll ermittelt werden, ob und welche Sturmschäden entstanden sind, die keine Versicherung abdeckt. Der Nachweis ist durch Rechnungen, Kostenvoranschläge und auch per Fotos zu erbringen. Die Unterschrift hat eidesstattliche Bedeutung. Bis 1. Dezember haben die Untersteinacher Gelegenheit, die Bögen zurückzusenden. Wer den Stichtag nicht einhält, wird wohl keine Berücksichtigung finden, betont Götz. Man könne aber auf dem Bogen vermerken, dass Unterlagen nachgereicht werden. Konrad Götz geht davon aus, dass noch im Dezember die Auszahlungen erfolgen, im kommenden Jahr eventuell noch welche für nachgereichte Unterlagen.

Auch aus Nachbargemeinden deute sich Solidarität an, so Götz. Beispielsweise aus Burgebrach. Dort werde erwogen, die Sturmgeschädigten in der Nachbargemeinde zu unterstützen - mit einer Spende von 50 Cent je Einwohner. Es kämen rund 3500 Euro zusammen, vorausgesetzt der Marktgemeinderat gibt dazu sein Einverständnis.

Kämmerer Götz zufolge sind Spenden "von 50 bis 100 000 Euro" eingegangen. Freilich sind die 100 000 ein Einzelfall und gehen auf das Konto der Firma Stettler. Die hat sich allerdings ausbedungen, elf Untersteinacher von der Verteilung auszunehmen. "Das geht", hat der Kämmerer bei der Rechtsaufsicht, also beim Landratsamt recherchiert. "Entscheidend ist der Spenderwille", und der sei in dem Fall wohl klar definiert.

Der Fränkische Tag hat bei Stettler Kunststofftechnik, einer Tochter von Gira (Radevormwald) , mit knapp 130 Beschäftigten der größte Arbeitgeber in der Marktgemeinde Burgwindheim, nachgefragt. Die beiden Geschäftsführer Klaus Romeis und Matthias Seelmann bestätigen die Konditionen. Bei den vom Spendengeld Auszuschließenden handle es sich um diejenigen, die gegen die 2017 erfolgte Betriebserweiterung geklagt hatten. Das und etliche damit zusammenhängende Gutachten hätten das Unternehmen viel Geld gekostet. So dürften die Spendenbedingungen nachvollziehbar sein. Die Mehrkosten hätte man lieber bei der jetzigen Aktion gespendet, lassen die Geschäftsführer wissen. Freilich wisse man nicht, ob alle Ausgeschlossenen Schäden zu beklagen haben.

Warum spenden Stettler und die Mutterfirma Gira? Die beiden Geschäftsführer waren noch Sonntagabend vor Ort und haben die Auswirkungen erlebt. Die Firma selbst sei verschont geblieben. Abgesehen von umgeknickten Bäumen und wild verteilten Transportkisten. Insgesamt ein Sachschaden von 3000 Euro. "Das ist nichts, gegen das, was andere haben," so Seelmann. Weitaus schlimmer hätte es die Firma getroffen, wenn Fabienne wochentags gewütet hätte, denn da wären die Parkplätze voll mit Fahrzeugen gewesen. Freilich musste am Sturm-Sonntag die Nachtschicht entfallen, weil der Strom ausgefallen war. "Wir arbeiten am Ort und wir kennen die Leute hier", macht Geschäftsführer-Partner Romeis deutlich. Somit wisse man, dass die Spendengelder am Ort bleiben. Dafür entfallen heuer die Weihnachtsgeschenke an Geschäftspartner. 50 000 der Stettler-Spende kommen von der Mutterfirma, wo man ebenfalls von den verheerenden Auswirkungen Fabiennes erfahren hat.

Warnungen ernst nehmen

Am eigenen Anwesen hat Burgwindheims Bürgermeister Heinrich Thaler sie heftigst zu spüren bekommen. Trotz Schadens in Höhe von ein paar Hunderttausend Euro spricht er von Glück, dass "kein Mensch zu Schaden gekommen ist". Zu einer anderen Zeit und an einem Wochentag wären viele wohl im Freien gewesen, meint er. Thaler hält es nach diesen "Erlebnissen" für angeraten, Sturm- und ähnliche Unwetterwarnungen künftig ernst zu nehmen und Vorkehrungen zu treffen. "Es scheint der Fall zu sein, dass sich Derartiges häufen wird."

Unter Federführung der Feuerwehr sollte in Anwesen der Raum ermittelt werden, in dem sich Bewohner bei derartigen Ereignissen geschützt aufhalten können. Außerdem fordert Thaler eine Absicherung der Telekommunikation. Am 23. September gab es in Untersteinach weder Festnetz- noch Handyverbindungen. "Wenn ein Mensch in einer lebensbedrohlichen Situation gewesen wäre, wir hätten keinen Notarzt verständigen können." Ohne Strom waren die Menschen auf Kerzen und Taschenlampen angewiesen, aber wer achte schon immer auf volle Batterien?

Fels in der Brandung

Als Fels in der Brandung bezeichnet Thaler in der Sturmnacht Kreisbrandrat Bernhard Ziegmann der ebenso vor Ort war, wie Landkreischef Johann Kalb. Der Landkreis habe unbürokratisch Container und Behälter für Sperrmüll und Faserzementplatten-Splitter gestellt. Der Fachbereich Öffentliche Sicherheit mit Rüdiger Heusinger an der Spitze habe den Menschen in der Sturmnacht beigetanden, hebt Thaler hervor. Seitens der Regierung wurde inzwischen Unterstützung signalisiert. Etwa in Form von Steuererleichterungen für die Geschädigten und weiteren Dingen, die noch geprüft würden.

Gemeinderat entscheidet

Wie kommen nun die Spenden den Geschädigten zu? Thaler bleibt bei der Entscheidung über den Zuteilungsmodus ebenso außen vor wie ein betroffener Marktgemeinderat.

Wie der Bürgermeister aber wissen lässt, wird der Marktgemeinderat diese Dinge in einer nichtöffentlichen Sondersitzung im Dezember besprechen und beschließen.

Die Nachfrage bei Kämmerer Konrad Götz ergab zudem, dass weder die Namen der Spendenempfänger noch die empfangenen Einzelsummen öffentlich genannt werden. Auf jeden Fall aber solle alles so gerecht wie möglich sein.

KOMMENTAR:

Ganz gerecht wird wohl ganz schwer

Da wird wohl noch einmal ein bisschen Sturm aufziehen in der Marktgemeinde Burgwindheim. Hoffentlich nicht mehr in der Art des Hurrikans Fabienne, aber stimmungsmäßig, so steht zu befürchten. Denn: Toll ist die Idee für eine Spendenaktion zugunsten der Sturmopfer. Doch welcher Modus auch immer angewandt wird, es wird immer Bürger geben, die das Gefühl haben, sie wurden nicht entsprechend berücksichtigt.

Aus Firmensicht verständlich sind die Stettler-Spenden-Bedingungen, dennoch werden genau diese auch die Zuteil-Befindlichkeiten aufheizen.

Der Gemeinderat, der letztlich über die Mittelverteilung zu entscheiden hat, ist nicht zu beneiden. Die Herausforderung liegt darin, alle nachweislich Geschädigten zu berücksichtigen und darüber nicht zu vergessen, Vorkehrungen für eine nächste ähnliche Heimsuchung zu treffen. Versicherungen abzuschließen, aber auch gemeindeweite Strategien zu entwickeln. Und das gilt nicht nur für Burgwindheim.

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