Tritte gegen Obdachlosen: Täter übt Selbstjustiz an schlafendem Mann
Autor: Udo Güldner
Bamberg, Donnerstag, 16. Januar 2020
Der Obdachlose lag in der Nähe einer Disco und schlief. Erst durch die Tritte des Täters wurde er geweckt. Für den 30-jährigen Bamberger war es nicht das erste Mal, dass er auffällig wurde: Seit 2004 häufte er Vorstrafen an.
Ein fieser Tritt gegen einen am Boden liegenden Obdachlosen könnte einen 30-jährigen Angeklagten vor dem Landgericht Bamberg teuer zu stehen kommen. Der vielfach vorbestrafte Mann hatte das Gesetz in die eigene Hand genommen und seinen schlafenden Bekannten "eiskalt in die Fresse getreten", wie es ein Zeuge formulierte.
Richard K. (Name geändert) hat einen schweren Tag hinter sich. Viel Mühen hat es gekostet, um bis 20 Uhr auf runde drei Promille Blutalkohol zu kommen. Für den 51-jährigen Obdachlosen ist das offenbar ganz normal. Im Lieferanteneingang eines Bamberger Tanzclubs schläft er nun seinen Rausch aus. Er bemerkt dabei nicht, dass zwei Männer eine Nische in der dortigen Straße als öffentliches Pissoir missbrauchen.
Obdachloser mit Mund voller Blut und lockeren Schneidezähnen
Wenig später wacht Richard K. dann aber doch auf. Vor Schmerzen und mit dem Mund voller Blut, wie er im Zeugenstand schildert. Er hört jemanden lachen. Erst eine Überwachungskamera wird zeigen, dass er das Opfer eines feigen Fußtrittes geworden ist. Vorerst merkt er nur, dass seine Schneidezähne im Unterkiefer bedenklich wackeln und das Gesicht anschwillt.
Er hat Kopfschmerzen und Blutergüsse. Er braucht ganze zehn Minuten, um sich aufzurappeln. Dann kommt die Polizei. Später muss Richard K. drei Monate lang eine Drahtschiene tragen, damit das Gebiss wieder stabil wird.
Vor Richter Manfred Schmidt gab der 30-jährige Angeklagte aus Bamberg die gefährliche Körperverletzung unumwunden zu.
War der Tritt gegen Obdachlosen versuchter Mord?
Der Lagerist kommt von der Arbeit zum "Treffpunkt für Alkoholiker" auf einer Parkbank gegenüber des Tatorts und hat noch seine Sicherheitsschuhe an, die verhindern sollen, dass er sich durch herunterfallende Gegenstände selbst verletzt.