Druckartikel: Federvieh und Ramba-Zamba

Federvieh und Ramba-Zamba


Autor: Dieter Grams

Bamberg, Montag, 22. Februar 2016

Chapeau Claque bringt den Kinderbuchklassiker "Pettersson, Findus und der Hahn" auf die Bühne.
Von links: Florian Berndt, Astrid Haas und Pascal Averibou Foto: p


"Ein Hahn muss krähen, sonst ist er kein Hahn", befindet Pettersson. Und damit hat der ein wenig schrullige Bauer zweifellos Recht. Sein Hahn Caruso, den er von Nachbar Gustavsson mitgebracht hat, kann krähen, und tut das auch. Pascal "Caruso" Averibou hätte keine Probleme, einen der landauf und -ab stattfindenden Kräh-Wettbewerbe auch gegen echtes Federvieh zu gewinnen, wenn auch der rasend eifersüchtige Kater Findus die stimmgewaltigen Lautäußerungen des neuen Mitbewohners eher mit einer alten Hupe vergleicht. Kein Wunder, denn bisher war er bei den Hennen Soffie-Moffie und Henrietta der sprichwörtliche Hahn im Korb. Jetzt nicht mehr. Jetzt ist ein in breitem bajuwarischen Dialekt parlierender, aufgeblasener, von sich selbst total überzeugter Gockel da.


Entzückte Hennen

Die darob entzückten Hennen verlieben sich auf der Stelle, was nicht ohne Folgen bleiben sollte, aber
der bisherige Local Heroe Findus sähe seinen Rivalen am liebsten im Suppentopf. Seine kleine Welt hat plötzlich keine Mitte mehr.

"Pettersson, Findus und der Hahn" - Chapeau Claque hat den Kinderbuchklassiker von Sven Nordqvist unter der Regie von Benjamin Bochmann auf die Bühne gebracht. Die Zuschauertribüne in der Alten Seilerei war bis auf den letzten Platz gefüllt. Ein klassisches Bühnenbild (David Grimm und Martin Klerner) fand zunächst einmal nicht statt. Die Chapeau-Protagonisten sind gelernte Minimalisten. Ein Riesen-Dreirad übernahm dann die Rolle des deus ex machina. Ein minimalistischer Geniestreich.


Etwas zäher Start

Das mit einem deutlichen französischen Akzent, den vermutlich Henrietta aus dem Off beisteuerte, begrüßte Premierenpublikum erlebte in der Folge einen etwas sehr zähen Start des Stückes, das erst allmählich Fahrt aufnahm, aber auch zwischendurch immer mal wieder ins Stottern geriet. Diese Lücken konnte auch das eigentlich glänzend aufgelegte Ensemble nicht immer überspielen. Wie auch? Es gibt ja ein Drehbuch.

Averibou brilliert in der Rolle des Caruso, und nimmt die Besucher mit durch alle uns so vertrauten Gefühlswelten von selbstherrlichem Hochmut und "Mir kann keiner" bis zu einem Sturz durch alle Schichten der Hoffnungslosigkeit. Er zuckt und schaudert und kehrt seine Seele nach außen, nachdem ihn Findus (quirlig, spielfreudig, liebenswert und hinterhältig böse: Astrid Haas) mit einer fiesen Intrige vom Sockel gestürzt hat, was auch wüste Beschimpfungen seiner bis dahin treuen Fan-Gemeinde nach sich zieht. "Zwei Tage Ramba-Zamba, und was ist jetzt?", beschweren sich die Hennen.

Florian Berndts Musik begleitet und unterstreicht den Spannungsbogen, der sich zwischen Findus und Caruso aufbaut, zwei Polen, zwischen denen der arme Pettersson hin und her schwankt. Berndt muss den kauzigen Alten nicht spielen. Er ist ein wunderbarer Pettersson. Wortwitz? O ja. Zum Beispiel Shakespeare: "Wurm oder nicht Wurm, das ist hier die Frage." Für ein Huhn eine Frage von elementarer Bedeutung.


Publikum begeistert

Situationskomik? Na klar. Wenn Pettersson erschrocken vom Schemel fällt, weil der Hahn unvermutet kräht jubelte vornehmlich das junge Publikum. Und den schon etwas älteren gefiel das auch.

Aber von beidem vielleicht eine Nuance zu wenig. Nikola Voits Kostüme dagegen wie immer ein Gedicht.
Der Riesenapplaus am Ende der Vorstellung stand dem Riesendreirad in nichts nach, und die langstieligen Rosen aus der Hand von Geschäftsführer Markus Hörner für alle Beteiligten waren natürlich mehr als berechtigt.