FDP feiert auch ohne ihren Chef
Autor: Christoph Hägele
Bamberg, Sonntag, 23. Juli 2017
Aufgrund von Zahnschmerzen sagte Christian Lindner seinen Auftritt in Bamberg ab. Die Abwesenheit ihres Parteichefs bedrückte die Liberalen aber nicht.
Die Jahre der Häme sind vorüber. Erleichtert berichteten oberfränkische Liberale am Samstag von steigenden Mitgliederzahlen und beglückenden Begegnungen an Infoständen: "Die Menschen merken, dass sich die FDP um ihre Probleme kümmert. Um den Nahverkehrs, günstigen Wohnraum oder die Ausstattung der Schulen", sagt der Bamberger Stadtrat Martin Pöhner. Zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung überstrahlt werden die kommunalpolitischen Geländegewinne der meist ehrenamtlich tätigen Liberalen aber von der schieren Präsenz ihres Bundesvorsitzenden.
Ein heller Geist
Christian Lindner ist ein heller Geist, rhetorisch brillant und im medialen Umgang mit allen Wassern gewaschen. Er hat eine demoralisiert am Boden liegende Partei aufgerichtet und bis an die Schwelle des Bundestags-Comebacks geführt. Auch in Oberfrankens FDP wird das kaum einer bestreiten. Sich selbst, die eigenen Erfolge und Traditionen unnötig klein machen, wollen Oberfrankens Liberale bei aller Bewunderung für ihren Parteichef aber auch nicht. "Christian Lindner macht einen fantastischen Job. Aber natürlich besteht die FDP aus viel mehr": So oder so ähnlich klangen am Samstag nicht nur Funktionäre wie Thomas Nagel, der Vorsitzender der FDP Oberfranken.
Wegen Dehler gekommen
Was Nagel aussprach, beglaubigten Gäste wie Karl Graf mit ihrer bloßen Anwesenheit: "Ich habe mich auf Lindner gefreut. Gekommen bin ich aber wegen Thomas Dehler. Also alles nicht so schlimm." Denn Christian Lindner, er kam nicht. Reden sollte er in Bamberg auf Einladung der Friedrich-Naumann-Stiftung zum 50. Todestag von Thomas Dehler. "Christian Lindner hat abgesagt. Er ist in München und hat Probleme mit den Zähnen. Wahrscheinlich wird ein ärztlicher Eingriff nötig", musste Nagel den Besuchern schon am Eingang des E.T.A-Hoffmann-Theaters sagen. Er wirkte anfangs angestrengt dabei, als plagten auch ihn heftige Zahnschmerzen.
Ein lebendiges Bild
Kein einziger Besucher aber machte kehrt, noch nicht einmal enttäuschtes Stöhnen oder Flüche waren zu hören. Sicherlich hätte Lindner mitreißender gesprochen als Lichtenfels Zweite Bürgermeisterin Sabine Rießner (CSU), als Bambergers Zweiter Bürgermeister Christian Lange (CSU) oder als der Bayreuther Thomas Hacker: Jedes Wahlplakat schmückende Slogans wie "Statt political correctness mehr political coolness wagen" fanden sich in Lindners Redemanuskript, nicht aber in den Ansprachen im Bamberger Theater. Gleichwohl gelang vor allem Hacker ein lebendiges Bild von Thomas Dehler.