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Fall Mohsin: Er darf eine Ausbildung machen


Autor: Anette Schreiber

LKR Bamberg, Montag, 20. Juli 2020

Die nächsten drei Jahre sind sicher: Lange haben der Pakistani Mohsin Tariq und seine "Oma" Gabi dafür gekämpft, dass er hier eine Ausbildung machen darf.
Juniorchef Benedikt Raab und Ausbildungsleiter Thomas Polzer zusammen mit Mohsin Tareq und MdL Holger Dremel (von links) auf dem Gelände der Firma  Raab, wo der Junge nun eine Ausbildung beginnen darf. Foto: Anette Schreiber


"Die Firma hat wirklich viel Geduld gehabt", sagt Gabi Geisel in Richtung Benedikt Raab und Thomas Polzer. Mohsin Tariq nickt heftig. Über zwei Jahre ist es her, dass er bei der Firma Raab in Ebensfeld (Landkreis Lichtenfels) ein Praktikum absolvierte. Und bereits damals war Ausbildungsleiter Thomas Polzer von dem jungen Mann überzeugt und wollte ihm die heißersehnte Lehrstelle geben. Das Problem: Tariq ist aus Pakistan geflüchtet und durfte die Lehrstelle nicht einfach so antreten. Mehr noch, ihm drohte die Abschiebung.

Dabei hatte er immer alles erfüllt, was die Ausländerbehörde von ihm forderte. Als 13-Jähriger kam er nach Zapfendorf. Hier ist er bestens integriert, war Zweitbester seiner Regelklasse beim Quali, engagiert sich für den Ort und im Basketball. Und dennoch, nur durch das Engagement von Landtagsabgeordnetem Holger Dremel (CSU) ist es gelungen, dass Tariq nun seine Lehre beginnen und drei weitere Jahre hier bleiben kann.

Gabi Geisel und Mohsin Tariq haben lange und überall dafür gekämpft, damit der inzwischen 19-Jährige endlich die Ausbildung machen kann. "Sie haben ihm zwei Jahre seines Lebens gestohlen", findet Gabi Geisel. Den Durchbruch brachte schließlich der Einsatz Dremels, der den Innenminister von diesem besonderen Fall in Kenntnis setzte. Parallel dazu reichte Tariq mit der Hilfe von Gabi Geisel eine Petition im Bayerischen Landtag ein. Über das Büro des Abgeordneten blieb man in der Angelegenheit in Verbindung. Dremel und sein Büro in Scheßlitz setzten sich nach Kräften ein.

Tariq hatte schließlich viel vorzuweisen, wovon sich Dremel auch bei den Besuchen des jungen Pakistani in seinem Büro selbst überzeugen konnte. Jedes Mal dabei: Gabi Geisel.

Mohsin Tariq hat Bescheinigungen über insgesamt 49 erfolgreich abgeschlossene Praktika vorzuweisen. "Leute, die sich so einbringen und integrieren wollen, brauchen wir, uns ist echt daran gelegen, dass er bleibt", hat Dremel bereits im Herbst letzten Jahres gegenüber dem Fränkischen Tag gesagt.

Und Dremel ließ Mosin Tariq und Gabi Geisel, die dem jungen Mann als "Oma" beisteht, nicht allein. "Sein Büro war für uns immer ansprechbar, sogar am Wochenende", bestätigt die 73-Jährige

Corona-bedingt wurde der Termin vor dem Petitionsausschuss immer wieder verschoben. Für Mohsin Tariq eine quälende Zeit. "Am Anfang habe ich versucht, mich mit Sport abzulenken, aber das ist dann irgendwann nicht mehr gegangen." Gabi Geisel hatte Angst um diesen Schützling, den sie kennt, seit er mit weiteren Jungs nach Zapfendorf kam.

"Halt die Füße still", habe sie ihm immer wieder ans Herz gelegt. So wie sie all den Geflüchteten, derer sie sich ehrenamtlich annimmt, mantra-ähnlich einschärft: "Haltet euch an die Gesetze, füllt Eure Anträge aus."

Nachdem dann im Mai endlich die positive Entscheidung des Petitionsausschusses kam, teilte die AEO mit, dass Tariq die Erlaubnis habe, die Ausbildung machen zu dürfen. "Ich konnte es erst gar nicht glauben", so Tariq.

Er hat nun eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Zuständig ist nicht mehr die AEO in Bamberg, sondern die Ausländerbehörde der Stadt. Hier staunte übrigens die zuständige Sachbearbeiterin nicht schlecht, wie leicht Mohsin Tariq sich bei der Beantwortung der vielen Fragebögen tat. Sie habe gemeint, was der 19-Jährige da geleistet habe, hätten viele nach 25, 30 Jahren in Deutschland nicht zustande gebracht, gibt Gabi Geisel stolz das ihr Berichtete wieder.

T-Shirt von der Lehrerin

Viele Glückwunschbotschaften zu dieser Wendung auf Tariqs Handy untermauern die Beliebtheit des aufgeschlossenen jungen Mannes. Am allermeisten jedoch freut er sich über das T-Shirt, das ihm seine Zapfendorfer Quali-Lehrerin Ulrike Grötschel-Bauer zu diesem Erfolg geschenkt hat, und das er stolz trägt: "Hier steckt Qualität aus Franken drin."

Mit dem Petitionsentscheid darf der junge Mann auch bis zu Beginn der Lehre im September bei der Firma Raab als regulärer Arbeiter auf den Baustellen der Firma schaffen. Ab September beginnt die Ausbildung als Maurer. Warum hat das Unternehmen so lange auf den jungen Pakistani gewartet? "Weil er einfach gut ist", verdeutlicht Raab-Ausbildungsleiter Thomas Polzer. Er führt aus, man habe gesehen, dass Mohnsin sich engagiert, seit er in Deutschland ist. Auf der Baustelle sei er beim Praktikum immer interessiert gewesen, habe immer angepackt. Und jetzt? "Wir sind begeistert! Er ist richtig, richtig gut", sagt Polzer und: "Der will, der kann, der macht." Auch mit den anderen Schützlingen von Oma Gabi habe das über 200 Mitarbeiter zählende Hoch- und Tiefbauunternehmen immer sehr gute Erfahrungen gemacht. Sie seien gern gesehen und machten einen guten Job.

Aufenthaltstitel

Mohsin Tariq kann die Wendung zum Guten immer noch nicht so glauben. Seine Oma sagt: "Wenn das jetzt nicht geklappt hätte, hätte ich den Glauben an die Gerechtigkeit verloren." Dankbar sind beide neben der Ausbildungsfirma insbesondere Dremel. Der kommt zur Firma, um sich ein Bild zu machen und ist äußerst zufrieden. Für die Zeit der Ausbildung hat der Pakistani einen Aufenthaltstitel. Und dann? "Wenn er sich weiter so entwickelt, dann sehe ich einer Zukunft hier positiv entgegen", ist Dremel überzeugt. Zu Oma Gabi sagt er: "Es bräuchte mehr so Leute wie sie!" Mohsin nickt heftig: "Sie ist ein Geschenk Gottes." Die ältere Dame ist kurz gerührt und sagt dann gewohnt resolut: "Ich möchte einmal in Berlin bei den Politikern über das Thema Flüchtlinge sprechen!"