Fall Böhmermann ist ein Geschenk für Deutschland
Autor: Christoph Hägele
Berlin, Freitag, 15. April 2016
Hat die Bundesregierung im Fall Jan Böhmermann richtig entschieden? Ja, meint unser Redakteur Christoph Hägele. Die Auseinandersetzung sei gar ein Geschenk.

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Nach einer ungeschickten Bewertung des Gedichts als "bewusst verletzend" und Tagen dröhnenden Schweigens hat Kanzlerin Merkel gerade noch rechtzeitig ihren politischen Instinkt wiedergefunden. Sie räumt Erdogan einerseits das Recht ein, seine Rechte geltend zu machen und vermeidet es doch, dies wie eine Vorverurteilung Böhmermanns aussehen zu lassen.
Ihre Entscheidung, eine Strafverfolgung zuzulassen, begründete Merkel klugerweise mit der Gewaltenteilung. Über die Grenzen der Satire und ihre Abgrenzung gegen den Persönlichkeitsrechten entscheiden in Deutschland weder Politiker noch das Volksempfinden, sondern eine unabhängige Justiz.
Erdogan, für den Kunst und Presse Spielbälle staatlicher Willkür sind, darf diesen Hinweis Merkels gern als Kritik und Rechtsbelehrung verstehen.
Die juristische Auseinandersetzung um Böhmermanns Gedicht ist ein unverhofftes Geschenk. Deutschland muss in den kommenden Jahren Hunderttausende Menschen integrieren, die mit anderen Vorstellungen von Satire, Meinungs- und Pressefreiheit aufgewachsen sind. Werte und Empfindlichkeiten werden hier zwangsläufig kollidieren. Vor drohenden Kulturkämpfen kann die Justiz jetzt unmissverständliche Linien ziehen. Und Böhmermann? Er muss den Trubel aushalten. Es bleibt ihm nichts anderes übrig.