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Fachtagung "Menschenhandel und Asyl" im Bistumshaus


Autor: Marion Krüger-Hundrup

Bamberg, Sonntag, 18. Oktober 2015

Vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingskrise bekam die öffentliche Fachtagung "Menschenhandel und Asyl" im Bistumshaus St. Otto eine besondere Brisanz: Allein in den vergangenen vier Wochen kamen 340 000 Flüchtlinge nach Bayern.
Von links: Ursula Männle (Hanns-Seidel-Stiftung), Erzbischof Ludwig Schick, Josef Mederer (Präsident Bayerischer Bezirketag) und Monika Cissek-Evans (Fachberatungsstelle "Jadwiga"). Foto: Marion Krüger-Hundrup


"Auf dieser Flüchtlingswelle schwimmen Menschenhändler und Zuhälter mit", brachte Burkhard Haneke, Geschäftsführer des katholischen Osteuropa-Hilfswerks Renovabis, eine bittere Tatsache auf den Punkt. Es kämen aber nicht nur Täter, sondern auch zahllose Opfer von sexualisierter Gewalt. Renovabis war gemeinsam mit der Hanns-Seidel-Stiftung und dem Aktionsbündnis gegen Frauenhandel Veranstalter der Fachtagung "Menschenhandel und Asyl" im Bamberger Bistumshaus St. Otto.


Fokus auf Frauenhandel

Ein hochkarätiger Referentenkreis legte den Fokus auf Frauenhandel, der für ungezählte Frauen grausame Realität, für organisierte Menschenschinder ein lukratives Milliardengeschäft allein in Europa ist. Erzbischof Ludwig Schick nannte diese Realität im 21.
Jahrhundert "die am weitesten verbreitete Sklaverei, die millionenfach durchgeführt wird". Schick, der auch Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz ist, forderte eine konsequente Anwendung des Strafrechts für Menschenhändler. Zudem müssten Frauen gestärkt werden: "Denn starke Frauen sind für Menschenhandel und Prostitution nicht zu haben."

Ursula Männle, Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, rief dazu auf, in den Asylverfahren für weibliche Flüchtlinge "Personal mit interkultureller Kompetenz und mit Fachwissen" einzusetzen. Männle warb dafür, im Asylverfahren frühzeitig die Fachberatungsstellen für die Betroffenen von Menschenhandel einzubinden. Vertreterinnen dieser Stellen - etwa "Solwodi" oder "Jadwiga" - beklagten die oftmals fehlende Bereitschaft der Behörden, mit ihnen zu kooperieren. Außerdem dauere es viel zu lange, bis Frauen - zu 90 Prozent die Opfer von Menschenhandel - vor Gewaltsituationen bewahrt würden. So sei es Gebot der Stunde, alleinstehende und alleinerziehende Frauen in Flüchtlingsunterkünften räumlich getrennt von Männern unterzubringen. Es müsse eine schnelle, unbürokratische Hilfe geben, um Frauen in einen Schutzraum bringen zu können.


Schutzräume für Frauen schaffen

Angelika Schmitt aus dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge griff diesen Appell auf: "Ein besserer Austausch der Behörden mit Aktiven im Kampf gegen Menschenhandel ist nötig, ferner die Bereitstellung von Schutzwohnungen und die gesicherte Finanzierung von Therapien."

Gleichwohl habe es gerade in ihrer Behörde Fortschritte darin gegeben, Sonderbeauftragte für die Identifizierung von Opfern zu schulen sowie die Fachberatungsstellen und die Polizei baldmöglichst einzuschalten.
Rechtsanwalt Christoph Lindner führte das Menschenrecht auf Schutz vor Menschenhandel an, welches im Asylverfahren wirke. Opfer dürften nicht abgeschoben werden, wenn im Herkunftsland ein reales Risiko einer schweren Rechtsverletzung besteht. Allerdings würden rechtlich verbindliche Vorgaben "nicht immer konsequent umgesetzt", beklagte Lindner.

Seitens des Asylverfahrens sollten die Opfer endlich zahlenmäßig erfasst werden. Bisher (2014) gebe es nur 392 registrierte Ermittlungsverfahren im Bereich sexuelle Ausbeutung.

Martin Neubauer, Prinzipal des Brentano-Theaters, und seine Schauspielkollegin Nadine Panjas, brachten in ihrer szenischen Lesung die Brisanz des Tagungsthemas vor den rund 120 Teilnehmern auf einen zynischen Punkt: "Man muss nicht alles zerreden, was Spaß macht", schlüpfte Neubauer in die Rolle des Bordellbesuchers "mit Resten einer katholischen Erziehung". Er fand Gefallen an der "Zwangsprostituierten" Nadine, die "einfach nur weg will".