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Essenspaket für Bambergs Oberbürgermeister


Autor: Anna Lienhardt

Bamberg, Dienstag, 16. Juli 2013

Oberbürgermeister Andreas Starke ernährte sich eine Woche lang von Lebensmitteln aus Asylbewerber-Essenspaketen. Auch Gäste und Mitarbeiter im Rathaus bekamen davon etwas ab.
Am letzten Tag des Projektes gab es mittags Salamibrot und Rohkost. Foto: Barbara Herbst


Darf's ein Cappuccino sein? Wer in den vergangenen Tagen Gast von Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) war und dieses Getränkeangebot angenommen hat, wurde Teil eines Projekts: Er hat Milch aus einem Essenspaket für Asylbewerber getrunken.

Der Oberbürgermeister nahm gemeinsam mit einigen anderen bekannten Bambergern am Projekt "Und? Schmeckt's?" teil. Die Idee dahinter stammt von der Flüchtlingsinitiative "Freund statt fremd": Die Teilnehmer ernährten sich eine Woche vom Inhalt von Essenspaketen, wie sie Asylbewerber in ganz Bayern bekommen.
Mit welchem Flüchtling die Bamberger Persönlichkeiten tauschten, wussten sie nicht. Die Asylbewerber bekamen ihrerseits eine Spende von mindestens 35 Euro, von der sie sich ihr Essen für eine Woche selbst zusammenstellen konnten. Das ist die Ausnahme.



Denn in Bayern gilt das Asyl-Sachleistungsprinzip, das heißt, die Flüchtlinge dürfen nicht selbst für den Wert eines Essenspaketes einkaufen. Zwar können sie deren Zusammensetzung anhand von Listen auswählen. Doch Gutscheine oder Geld für den Lebensmitteleinkauf - wie in anderen Bundesländern üblich - gibt es nicht. Allenfalls von ihrem Taschengeld dürfen sie selbst Essen einkaufen.

Fehlende Wahlfreiheit ist Kritikpunkt

Die fehlende Wahlfreiheit sieht Starke kritisch: "Die Selbstbestimmung wird eingeschränkt. Und was ist zum Beispiel mit Allergien oder Unverträglichkeiten?" Vertragen hat er selbst alles, aber: Das Tiefkühlrindfleisch, das bereits angetaut war und dessen Fleischsaft ausgelaufen war, kam ihm nicht auf den Teller.
Dafür: Viel Gemüse. "Rohkostsalat haben wir häufiger gemacht." Gestern gab es zum Mittagessen zum Beispiel Salamibrot, dazu Gurken und Tomaten in Scheiben.

Sich eine Woche lang ausschließlich vom Inhalt des Essenspakets zu ernähren, das gelang dem Oberbürgermeister allerdings nicht durchgehend. "Dazu war ich auf offiziellen Anlässen zu viel unterwegs, etwa beim Bayerischen Städtetag in Bayreuth." Ganz um die Häppchen kam er nicht herum. Aber: Auf dem Weg nach Bayreuth gab es eine Banane aus dem Essenspaket.

Dort angekommen wurde er von anderen Bürgermeistern auf seine Teilnahme an der Aktion angesprochen, doch nicht nur dort. "Die Resonanz war groß, vor allem in den sozialen Netzwerken wie Facebook gab es einen regen Meinungsaustausch."

Nun ist die Aktion zu Ende. Wie ist sein Resümee? "Grundsätzlich war die Qualität des Essens befriedigend. Die fehlende Auswahlmöglichkeit schränkt das Ernährungsprogramm doch erheblich ein." Auch auf kultur- und länderspezifische Besonderheiten werde keine Rücksicht genommen. "Ich hatte den Eindruck, man orientiert sich am durchschnittlichen Mitteleuropäer."

Essen spielt nicht die Hauptrolle

Starke betont aber auch: "Das Essen spielt eine Rolle in der Situation der Asylbewerber, aber nicht die entscheidende." Diese Menschen bräuchten Hilfe, die Asyl-Sozialarbeit müsse verbessert werden und die Integrationsbemühungen verstärkt werden.
Worum er sich aktuell bemüht: um Gehör bei Ministerpräsident Horst Seehofer. In einem Brief bittet Starke darum, eine Alternative zu den Lebensmittelpaketen zu prüfen. "Gutscheine fände ich prinzipiell besser, aber das müsste bayernweit geregelt werden. Damit die Verpflegung in Gemeinschaftsunterkünften, Notunterkünften und bei Unterbringungen außerhalb der Aufnahmeeinrichtungen einheitlich organisiert wird", sagte Starke im FT-Gespräch.

Apropos Verpflegung: Er hat gleich zugesagt, als "Freund statt fremd" nach seiner Teilnahme gefragt hat. "Ein Selbstversuch kann nie schaden. Und ich fand die Idee der Initiative gut, die Bamberger Bürgerschaft für die Ernährung der uns anvertrauten Asylbewerber zu sensibilisieren." Auch die Rathaus-Mitarbeiter waren eingebunden. Ein Kollege hat aus den Zutaten des Essenspaketes zum Beispiel eine Pizza gebacken - allerdings ohne Käse, weil der im Paket fehlte. Zum Essen konnte der Oberbürgermeister seine Gäste zwar nicht einladen, dafür aber auf ein Glas Wasser. Auf dem Tisch in seinem Büro steht eine Karaffe mit Mineralwasser. Wer sich davon einschenkt, trinkt Wasser aus einem Asylbewerber-Lebensmittelpaket.