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Ehefrau mit Küchenmesser in den Hals gestochen - Söhne sagen aus


Autor: Gertrud Glössner-Möschk

Bamberg, Donnerstag, 18. Februar 2016

Im Prozess gegen den 72-Jährigen aus Forchheim, der im Juni 2015 seine Frau in den Hals gestochen hat, wurden Sachverständige und zwei Söhne gehört.
Ein Foto vom ersten Verhandlungstag vergangene Woche: der Angeklagte mit seinem Verteidiger, Rechtsanwalt Thomas Drehsen  Foto: Gertrud Glössner-Möschk


Es war alles andere als ein schmeichelhaftes Bild, das die beiden Söhne des 72 Jahre alten F. (Name von der Redaktion geändert) am Donnerstag im Zeugenstand vor der Großen Strafkammer des Landgerichts gezeichnet haben. Der Angeklagte, ein Rentner aus Forchheim, der am 15. Juni 2015 seine Frau am Frühstückstisch überraschend angegriffen und mit einem Küchenmesser in den Hals gestochen hat, soll die Familie jahrezehntelang tyrannisiert haben. Er steht wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung seit Freitag vergangener Woche vor Gericht.

Sein ältester Sohn ist schon mit 17 Jahren von zu Hause ausgezogen, weil er den ständig alkoholisierten Vater, der seine Ehefrau schlug, nicht mehr ertragen konnte. Er habe die elterliche Wohnung danach zwar regelmäßig aufgesucht, mit seinem Vater aber so gut wie nie mehr gesprochen. Gekommen sei er nur, weil seine Mutter ihn gebraucht habe und er auf sie aufpassen wollte. "Auf meine Mutter lasse ich nichts kommen."


Eine Ahnung gehabt

An seinem Vater hingegen ließ der heute 51-Jährige kein gutes Haar: "Bevor ich so werde wie er, erschieße ich mich lieber." Er schilderte ihn als verlogen und verschlagen, außerdem würdige er andere herab, insbesondere seine ausländische Schwiegertochter. Von einem aktuellen, konkreten Anlass für den Messer-Angriff des Vaters auf die Mutter wusste der Sohn nichts, besonders überrascht zeigte er aber nicht.

Auch der jüngste Sohn der Familie, ein 39-Jähriger, der noch in der Wohnung der Eltern lebt, hatte wie sein älterer Bruder "schon so eine Ahnung gehabt". Bereits vor Jahren habe er sich bei der Polizei erkundigt, ob man gegen den tyrannischen Vater vorgehen könne. Die Polizei aber habe zu diesem Zeitpunkt keine Handhabe gesehen. Auch wenn es nicht den "großen" Streit gegeben habe: Reibereien seien an der Tagesordnung gewesen. "Wir waren nicht gegen ihn, bloß in der Mannschaft wollte er auch nicht spielen."

Wie sein älterer Bruder beschrieb der jüngere den Vater als Einzelgänger und Eigenbrötler, der alle seine Freunde vergrault habe, der seinen Unmut mit Zischlauten äußerte, den Fernseher auf unerträgliche Lautstärke stellte und "dreckig grinste", wenn er sein Missfallen und seine Überlegenheit ausdrücken wollte. Genau dieses Grinsen trug der Angeklagte bei den Aussagen seiner Söhne zur Schau.


Jüngerer Sohn blieb zum Schutz der Mutter zuhause wohnen

"Ich habe keine schöne Jugend gehabt", sagte der jüngere der Brüder vor Gericht. Vorsitzender Richter Manfred Schmidt wollte von ihm wissen, weshalb er dann nie von Zuhause ausgezogen sei. Die Antwort: "als Schutzfunktion für meine Mutter". Obwohl der jüngere Sohn bei den Eltern lebte, hatte auch er keine Erklärung dafür, warum der Vater ausgerechnet am Morgen des 15. Juni - einem Montag - so ausgerastet ist. Das Wochenende davor sei ungewöhnlich friedlich, ja sogar harmonisch verlaufen: "Friede, Freude, Eierkuchen" sei gewesen. Der Vater habe sich sogar einverstanden erklärt, endlich die völlig heruntergekommene Wohnung renovieren zu lassen, habe dafür sogar 4000 Euro angeboten.

Zu Beginn der Hauptverhandlung erklärten Sachverständige aus der Rechtsmedizin, dass dieser Angriff mit dem Messer "potenziell lebensgefährlich" gewesen sei, auch wenn der Angeklagte damals vielleicht gebrechlicher und "klappriger" gewesen sei als heute. Eine Psychologin attestierte dem 72-Jährigen normale Intelligenz. Aus weiteren Tests ergaben sich für F. "erhöhte Impulsivität" und "unterdrückte Ärgergefühle". Auch könne er unaufrichtig sein "im Sinne sozialer Erwünschtheit". Der Prozess wird voraussichtlich am 23. Februar abgeschlossen werden.