Erste Unterführung unter der ICE-Strecke ist offen
Autor: Sebastian Martin
Breitengüßbach, Mittwoch, 04. Mai 2016
Radfahrer und Fußgänger können in Breitengüßbach wieder von Ost nach West gelangen. Es ist ein Zeichen, dass ein Ende in Sicht ist.
Renate Kunzmann lebt seit 36 Jahren direkt an den Bahngleisen in Breitengüßbach. In dieser Zeit hat sie in vielerlei Hinsicht Gelassenheit gelernt. Normalerweise fahren Züge vor ihrem Esszimmer-Fenster vorbei. Derzeit sind es Baufahrzeuge: "Ich putz' einfach meine Fenster nicht mehr", meint sie augenzwinkernd-pragmatisch zu den Auswirkungen. Kunzmann geht es wie vielen anderen Breitengüßbachern: Seitdem die Bahn-Baustelle so richtig Fahrt aufgenommen hat, haben sie mit Dreck und Lärm zu kämpfen.
Freigabe als Signal
Renate Kunzmann war am Dienstagabend neben zahlreichen anderen Betroffenen dabei, als die Bahn in der Nähe ihres Grundstücks die erste Unterführung unter der Bahnlinie wieder frei gab. Damit ist ein kleines Stück Normalität für Rad- und Fußgänger zwischen dem Ost- und Westteil von Breitengüßbach hergestellt. Die Eröffnungsfeier sollte für alle Leidgeplagten eine Verschnaufpause sein: Bahn-Projektleiter Dieter Thormann bedankte sich für die Geduld, Bürgermeisterin Sigrid Reinfelder (UBB), die Erfolge beim Lärmschutz für Unteroberndorf verkünden konnte, freute sich über die Öffnung. Selbst Zapfendorfs Bürgermeister Volker Dittrich (AfZ) war gekommen, neben Landrat Johann Kalb und Bundestagsabgeordneter Emmi Zeulner (beide CSU), die sich für die Gemeinden in Berlin einsetzt. Das Signal: Es geht voran - oder wie es ein Breitengüßbacher formulierte: "Da ist Licht am Ende des Tunnels."
Anstrengende Tage folgen noch
Der Tunnel ist in dem Fall das "Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8", der ICE-Ausbau, der seit Januar zwischen Lichtenfels und Bamberg für eine Vollsperrung des Zugverkehrs sorgt. Vor allem die Zapfendorfer und Breitengüßbacher kämpfen mit den Auswirkungen. "Anstrengende Tage werden noch vor uns liegen", gab Andreas Köder, Standortchef der bauausführende Firma Weiß, zu - der Firma, die im Übrigen von den Breitengüßbachern Lob bekam. Sie mache eine gute Arbeit, so der Tenor. Die Freigabe der Unterführung kam passend zur Halbzeit der Vollsperrung: "Wir wollen am 4. September fertig werden. Wir sind optimistisch, dass es gelingt!", erklärte Projektleiter Thormann. Er gab auch den Ausblick, dass Ende Mai die erste Schienen von Nord nach Süd verlegt werden, Ende Juli soll das Gleisbett fertig sein. Später verlaufen vier statt zwei Gleise durch Breitengüßbach.
Gelassenheit dominiert
Renate Kunzmann bleibt entspannt: Nur 13 Meter liegt ihr Haus von den Schienen entfernt, später wird dazwischen eine hohe Lärmschutzwand für Schatten in ihrem Garten sorgen. "Das ist dann so", sagt sie erstaunlich gelassen. Nur eine Sache stört die Anwohnerin: Die Bahn habe im vergangenen Jahr angekündigt, dass ihr Grundstück als Baustellendurchfahrt benötigt werde - bis heute warte sie auf eine Information, ob und wann das der Fall sein wird. "Ich weiß einfach nicht, ob wir im Garten was anpflanzen können."