Druckartikel: Erst Spargel, dann Erdbeeren: Fällt die Ernte aus?

Erst Spargel, dann Erdbeeren: Fällt die Ernte aus?


Autor: Natalie Schalk

Bamberg, Donnerstag, 27. Juni 2013

Bis zu 50 Prozent weniger Spargel als in einem normalen Jahr wurden heuer geerntet, auch um die Erdbeeren ist's schlecht bestellt. Bauer Ingo Reinhart ist ein Feld abgesoffen - Schaden: an die 70.000 Euro. Der Unterfranke hofft, das mit einer späten Ernte auszugleichen. Und er ist mit der Spargelsaison ganz zufrieden. Trotz geringer Erträge. Denn heuer musste er seine Produkte wenigstens nicht verramschen.
Daniela Reinhart steht voll hinter dem Familienbetrieb ihres Mannes Ingo. Sie trägt sogar Erdbeer-Ohrringe. Foto:Ronald Rinklef


Mit Gummistiefeln stapften die Spargelbauern heuer durch nasse Felder. Dauerregen, Kälte, wochenlang. Aber Spargel mag's warm - Dieter Heberlein, beim Bauernverband für Oberfranken zuständig, schätzt, dass die Ernte heuer 30 bis 50 Prozent geringer ausfällt als in normalen Jahren. "So viel lässt sich auch nicht über den Preis ausgleichen."

Bauer Ingo Reinhart ist trotzdem ganz zufrieden mit der Saison. Der 34-Jährige aus Untersteinbach (Kreis Haßberge) baut auf 60 Hektar Spargel in den Landkreisen Kitzingen, Haßberge und Tirschenreuth in der Oberpfalz an. "Etwa 30 Prozent weniger kommt bei uns hin", schätzt er. "Wir haben gemerkt, dass weniger da ist, auch im Handel. Wenn es zuviel gibt, wird's zum Ramschprodukt." Der höhere Preis habe die geringeren Erträge zwar nicht ganz ausgeglichen, aber die größere Wertschätzung seiner Produkte sei ihm einfach sympathisch.



So was hört Theo Däxl, beim Bauernverband in München bayernweit zuständig für Obst- und Gemüsebau, jetzt öfter: "Das Schlimmste für einen Bauern sind Übermengen. Dieses Jahr hatten wir mehr Nachfrage als Angebot. Wirtschaftlich sind die wenigsten glücklich. Aber moralisch tut so ein Jahr den Bauern gut."

Und wieviel teurer war der Spargel nun? "Nicht viel mehr als letztes Jahr", sagt Däxl. Der Eindruck sei entstanden, weil der Preis zum Saisonbeginn relativ hoch war. "Man darf nicht den Aprilpreis 2012 mit dem vom April 2013 vergleichen", sagt Däxl. Denn im April gab's dieses Jahr fast noch keinen Spargel. "Letztes Jahr war's dafür am Ende relativ teuer. Man muss die gesamte Saison sehen." Für ein Kilo vom "schönen Einser" mit einer Dicke von 16 bis 26 Millimeter zahlten die Verbraucher in Franken heuer beim Direktvermarkter durchschnittlich 7,80 Euro, die Südbayern mussten 8,78 Euro hinlegen.

Letzte Chance für Spargel-Fans

Eigentlich ist die Saison zu Ende, traditionell wird nur bis zum Johannistag am 24. Juni gestochen. "Weil die Pflanzen zum Saisonbeginn nicht besonders gefordert waren, können die Bauern ein paar Tage länger stechen. Aber wer zu lange sticht, schädigt die Pflanze - und damit die Ernte des kommenden Jahres", erklärt Däxl.

Auf dem Gemüsemarkt in Bamberg gibt's noch Spargel. "Eine Woche noch", sagt Marktkaufmann Dieter Peterhänsel. Doch wie bei den Landwirten geht's jetzt auch im Handel um ein anderes regionales Produkt: Erdbeeren. Denen bekommt das miese Wetter genausowenig wie dem Spargel.

"Nach der schlechten Spargelsaison haben wir uns auf die Erdbeeren gefreut. Jetzt lässt der Regen - und vor allem die Kälte - die Erdbeeren nicht wachsen", sagt Däxl. "Aber wir haben die Hoffnung für die Erdbeersaison noch nicht aufgegeben." Denn die wird heuer ungewöhnlich lang: Bis Mitte August sollen die späten Sorten gepflückt werden.

Erdbeeren bis Ende August

Bei Erdbeerbauer Hermann Bayer sogar bis Ende August. "Wir haben die spätestmögliche Sorte bis auf 700 Meter Höhenlage im Frankenwald angepflanzt", erklärt der Kronacher. Familienunternehmer Bayer hat Erdbeerplantagen in den Landkreisen Kronach, Coburg, Lichtenfels und Sonneberg.

Der 56-jährige Chef bemüht sich um Optimismus: "Die Saison dauert ja noch. Und am Wochenende soll's wärmer werden." Das sei aber auch unbedingt nötig - nicht nur für die Früchte, sondern auch für die Verbraucher. Wenn's kalt ist, werden weniger Erdbeeren gegessen. Er fahre die Früchte täglich nach München, habe mit seinen Erdbeerständen und Selbst-Pflück-Feldern die Vermarktung in der Hand. "Aber ich kenne Kollegen, die unter extremen Dumpingpreisen leiden." Die Preise schwanken mit der Witterung, aber derzeit zahle ein Großhändler für's Pfund zwischen 30 Cent und 1,10 Euro. "Um kostendeckend zu arbeiten, müssten es mindestens 75 Cent sein."

Risikostreuung

Deshalb setzt auch Bauer Reinhart auf Direktvermarktung. "Un ter anderem. Wir beliefern auch Supermärkte." Der Hofladen ist eines von vie len Standbeinen, die ein landwirtschaftliches Unternehmen braucht, um die Unwägbarkeiten des Wetters auszugleichen.

Bauer Reinhart hat frühe Erdbeeren im Kreis Kitzingen, mittlere in den Haßbergen und späte im oberpfälzischen Tirschenreuth. Risikostreuung. "Irgendwas geht immer schief. Heuer ist uns im Kreis Kitzingen ein Feld mit sechs Hektar komplett abgesoffen." Den Schaden beziffert er auf 60.000 bis 70.000 Euro. "Mal sehen, ob wir das mit der Späternte bis Mitte August ausgleichen können!"