Druckartikel: Ernst wird's mit dem Spaß: Helau!

Ernst wird's mit dem Spaß: Helau!


Autor: Petra Mayer

Bamberg, Dienstag, 29. Januar 2013

"Zum Spaß ist der Fasching net do", lästerte Karl Valentin. Auch Literaten nahmen den organisierten Frohsinn gern aufs Korn, wie Martin Neubauer fürs anarcho-literarische Faschingsprogramms des Bamberger Brentano-Theaters recherchierte.
Heiko Triebener und Martin Neubauer.  Foto: Christof Kuen



"Ob Fasching oder Karneval, damisch sind wir allemal", reimten Münchner Aktivisten des reglementierten Amüsements bei der Stilisierung eines Gaudiwurms. Tätä - tätä - tätä. Ein Seitenhieb der Altneihauser Feierwehrkapell'n an anderer Stelle: "Ihr Franken habt für München Charme wie Wurmfortsatz und Reizblinddarm." Ja, so klingt Lyrik der "fünften Jahreszeit" als unsinniges Pendant zur Poesie deutscher Dichter und Denker. Können Literaten überhaupt Faschingsfans sein? Mit dieser Frage befasste sich auch Martin Neubauer bei Recherchen zu seinem neuen Programm "Voll grotesk - mit Tuba".

Kein Pardon für E.T.A. Hoffmann

Eine "innige Beziehung" hatten die wenigsten Schriftsteller zu den "tollen Tagen", meint der Leiter des Brentano-Theaters. Auf "verrückte Gedanken" brachte sie allenfalls noch das "Fastnachtsspiel", an dem sich die Nürnberger ab dem frühen 15.

Jahrhundert ergötzten. Beeindruckt vom Maskentreiben des Römischen oder Venezianischen Karnevals zeigten sich Johann Wolfgang von Goethe und E.T.A. Hoffmann. Wobei der Karikaturist bei einem Kostümball lernte, dass Faschingsfans nicht zwingend Spaß verstehen. So zeichnete Hoffmann als Richter auf Probe die Posener Lokalprominenz in ulkigen Posen. Und zunächst klopften sich die hochkarätigen Gäste auch auf die Schenkel, bis sie genauer hinsahen. Prompt verstummte das Lachen und Hoffmanns juristische Karriere endete, nachdem man ihn gänzlich humorlos strafversetzte.

Ernüchternde Worte fand im 17. Jahrhundert schon Hans Aßmann von Abschatz für die "Fastnacht": "Man füllt sich, eh man fasten muss / bis auf den Ekel und Verdruss, / und macht das Maß der Sünden voll, / wenn man darüber trauen soll", so der Lyriker. Woran ein Vierteljahrtausend später Joachim Ringelnatz anknüpfte: "Man vertrollt sich lärmlich, wendet sich erbärmlich."

"Ans Werk der Fröhlichkeit machen"

Sarkasmus von Kurt Tucholsky zur "fünften Jahreszeit" an der Spree: "Nun spuckt sich der Berliner in die Hände und macht sich ans Werk der Fröhlichkeit. Er schuftet sich von Anfang bis zum Ende durch diese Faschingszeit." Während Karl Valentin als Münchner Humorist "vor lauter Abneigung gleich an einem Rosenmontag gestorben ist", wie Martin Neubauer anmerkte. Die Narren narrte er in den Jahren zuvor ja schon mit Weisheiten wie: "Zum Spaß ist der Fasching net do, do hört sich der Spaß auf. Und amüsieren wannst di willst, hättst halt heimgehn solln!"

Aber nein! Natürlich bestreikt nicht jeder Literat das alle Jahre wiederkehrende Heiterkeitsgebot. Manche bewiesen auch karnevalistische Ambitionen bis hin zu Theodor Storm, der im 19. Jahrhundert im hohen Norden sinnierte: "O wär im Februar doch auch, /wie's ander Orten ist der Brauch / bei uns die Narrheit zünftig! / Denn wer, so lang das Jahr sich misst, / nicht einmal herzlich närrisch ist, / wie wäre der zu andrer Frist / wohl jemals ganz vernünftig."