Erinnerung an einen verstörenden "Besuch" der Rechten
Autor: Stefan Fößel
Bamberg, Donnerstag, 25. Oktober 2018
Während sich im linken Szenetreff "Balthasar" 40 Zuhörer über rechte Strukturen informierten, standen draußen zum Teil vermummte Neonazis.
Es war an diesem Abend wohl vor allem beabsichtigt, zu provozieren und Ängste zu schüren. Der Angeklagte Oliver B. (Namen geändert) hatte über WhatsApp sechs Mitstreiter mobilisiert, darunter auch Thorsten P., die bei einem Festival gegen Rassismus am 7. Juni 2015 Präsenz zeigen und die Teilnehmer (ver-)stören wollten.
Die damals Beteiligten wurden schon vor drei Jahren vom Amtsgericht Bamberg zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt, doch nun sind die Ereignisse auch für den aktuellen Neonazi-Prozess vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts interessant. Denn unter anderem die vor Gericht verlesenen Chat-Protokolle zeigen, dass es sich um eine geplante Aktion handelte, an der auch Mitglieder und Anwärter der "Weisse Wölfe Terrorcrew" teilnahmen. "Keine Waffen, Handschuhe und Halstuch sind aber durchaus erwünscht", hatte B. angewiesen. Peter F. war an diesem Tag nicht dabei, weil gegen ihn bereits einige Anzeigen wegen gefährlicher Körperverletzung liefen und er "lieber erst mal die Füße still halten" wollte.
Die anderen waren hingegen bereitwillig dabei, hätten auch gern schon das nachmittägliche Fußball-Turnier gegen Rassismus aufgemischt. B. schrieb aber in die Gruppe, dass man sich aufgrund der "dilettantischen Vorbereitung" nur auf einen Antifa-Vortrag über rechte Strukturen beschränken wollte, der um 19 Uhr im Café "Balthasar" begann. Nachdem es dort zuvor mehrfach Ärger mit den Rechten gegeben hatte (unter anderem warf F. im Mai 2015 ein Fenster mit einem Gullideckel ein), wurde die Veranstaltung durch eine Polizeistreife an der Schranne geschützt.
Das hinderte die Störenfriede jedoch nicht daran, sich auf der anderen Straßenseite aufzubauen, einige vermummten sich auch mit Schlauchschal oder Sonnenbrille. "Die Männer wurden von verschiedenen Anwesenden als Neonazis erkannt, das hat natürlich einige in Panik versetzt", sagt eine Zeugin, die an jenem Abend im "Balthasar" dem Vortrag zuhören wollte.
"Die Vermutung lag nahe, dass das kein freundlicher Besuch wird, Angst war die vorherrschende Stimmungslage", sagt ein anderer. Die Gäste versperrten schnell die Tür und ließen, wo es möglich war, die Rollläden herunter.
P. soll gegen eine Scheibe geschlagen haben, B. habe versucht, mit einem Tablet Fotos aus dem "Balthasar"-Innern zu machen. Die Polizeistreife forderte daraufhin Verstärkung an, die auch bald eintraf. Vier der Täter wurden festgenommen, darunter auch B. Das hatte der sich im Chat zuvor noch anders vorgestellt, als ein Mitstreiter erklärte, dass das Ganze wohl wieder mit einer "Gewahrsamnahme" endet: "Wir müssen danach schnell weg. Ich muss am nächsten Tag arbeiten, da darf ich nicht wieder fehlen."
Am Folgetag wird die Aktion in den rechten WhatsApp-Gruppen diskutiert. Einer der Teilnehmer prahlt damit, dass er "fünf Mal die Zelle vollgepisst" habe, ein anderer beklagt, dass "die linken Scheißer zu fünft die Tür zugehalten haben".