Erhard Eppler: Sein Wort zählt noch
Autor: Andrea Spörlein
Bamberg, Freitag, 04. Dezember 2015
Mit Erhard Eppler las in Bamberg ein wahrer "Wert-Konservativer" aus seinem Erinnerungsbuch "Links leben".
Der fast 90-Jährige, der sich eigentlich aus der Öffentlichkeit zurückziehen wollte, lässt sich in keine Schublade so leicht einordnen. Noch immer gilt er als "das linke Gewissen der SPD" und hat die Friedens- und Umweltpolitik entscheidend mitgeprägt. Dies geschah nicht immer zur Freude seiner Partei. Seinem umfangreichen publizistischen Werk hat er nun sehr persönliche Lebenserinnerungen hinzugefügt. Die gleichzeitig dem Leser interessante Einblicke hinter die Kulissen der bundesrepublikanischen Machtstrukturen bieten.
In Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Bildungswerk Bamberg, der Dietrich-Bonhoeffer-Forschungsstelle für Öffentliche Theologe an der Universität Bamberg und der Buchhandlung Neuer Collibri konnte Erhard Eppler zu einer Lesung und einem Gespräch über sein neues Buch "Links leben - Erinnerungen eines Wert-Konservativen" gewonnen werden.
Überaus anschaulich schildert Erhard Eppler in seinen Erinnerungen seine Kindheit und Jugend im Dritten Reich in Schwäbisch Hall. Insbesondere "weil die heutige Generation ein viel zu abstraktes Bild von dieser Zeit hat", so der 1926 in Ulm geborene Lehrersohn, der mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 "begann, politisch zu denken". Als Mitglied in der Haller Hitlerjugend-Spielschar, eigentlich eher eine Chorgruppe, konnte man sich einen "gewissen Freiheitsraum" für eine begrenzte Zeit erhalten. Um der Auflösung der Gruppe zuvorzukommen , trat der noch nicht einmal 17-jährige Eppler der NSDAP bei. Doch das hatte die Auflösung der Spielschar nur aufschieben können.
In einem zweiten Abschnitt las Erhard Eppler über seine Zeit als Gymnasiallehrer, der immer mehr mit politischen Ämtern und Aufgaben überhäuft wurde, sodass er sehr schnell das Gefühl bekam, beiden Aufgaben nicht gerecht werden zu können. Ab 1961 war er für die SPD Abgeordneter im Deutschen Bundestag und 1968 bis 1974 Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Bruch mit Helmut Schmidt
Besonders in seiner Zeit als Minister entwickelte er sich "zum Anwalt der Länder des Südens". Hier hat sich sein "Bewusstsein dramatisch verändert", wie er in seinen Erinnerungen schreibt. Hat er sich es doch nicht nehmen lassen, sich abseits der offiziellen Termine sein eigenes Bild über das Elend der Menschen dort zu machen. In diesem Zusammenhang hat er feststellen müssen, "wie falsche Entwicklungspolitik die Lebensgrundlage von Hunderttausenden von Menschen zerstört hat". 1974 kam es zum Bruch mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Der Etat seines Ministeriums sollte gekürzt werden und das wollte und konnte er nicht hinnehmen. Daher reichte er seinen Rücktritt ein und "hat diesen Entschluss bis heute nicht bereut".
Rund 250 Besucher waren ins neue Markushaus gekommen, um einen der profiliertesten Nachkriegspolitiker der Bundesrepublik Deutschland zu hören und wurden nicht enttäuscht. Viele hätten ihm auch noch gerne länger zugehört, denn seine Leidenschaft für die Politik ist immer noch zu spüren und seine Analysen haben nichts von ihrer Aktualität verloren. Auf die Frage aus dem Publikum, ob er im Nachhinein mit Helmut Schmidt "noch ein Friedenspfeifchen geraucht hätte", antwortete er mit einem klaren und deutlichen "Nein". Angesprochen auf sein Verhältnis zur SPD, der er seit 1956 angehört, meinte Erhard Eppler, dass "meine Partei mir nie mehr zugemutet hat als ich ihr" und das wäre doch "ein Kompliment für meine Partei".