Druckartikel: Er fällt, bis die Fichte zu Boden fällt

Er fällt, bis die Fichte zu Boden fällt


Autor: Sarah Stieranka

Wallenfels, Dienstag, 26. Juli 2016

Erst das Geräusch einer Motorsäge, dann folgen ein Knirschen und ein lauter Knall. Acht Bäume müssen für das Floß gefällt werden.
Mit einem Wendehaken bringt Franz Reinhold den Baum zum fallen. Fotos: Markus Klein/Sarah Stieranka


Der Geruch von Holz liegt in der Luft. Zwischen den Bäumen sind einzelne Sonnenstrahlen zu sehen und der Wind schaukelt die Blätter sanft hin und her. Plötzlich das Geräusch einer Motorsäge. Eine Stimme schreit: "Baum fällt." Alle treten zur Seite und die Umgebung ist für wenige Sekunden von Staub umgeben.

In diesem Jahr bauen wir Volontäre der Mediengruppe Oberfranken für unser Projekt "Wald, Wasser, Volos" ein Floß. Der erste Schritt: acht Bäume fällen. Natürlich nicht irgendwelche, sondern Fichten. "Fichte ist ein leichtes Holz und das ist der springende Punkt, wenn man da Leute draufsetzen will", erklärt Franz Reinhold vom Flößerverein Wallenfels.

In den letzten 800 Jahren wurden immer Fichten für den Floßbau benutzt. Denn: In Kronach ist es die am häufigsten vorkommende Baumsorte. Daher wird sie von den Flößern auch als "Brotbaum im Frankenwald" bezeichnet. Außerdem hält die Baumart viel aus - wurde früher sogar für die Pfähle der Wasserhäuser in Amsterdam und Rotterdam genutzt, erzählt Reinhold. Ein Festmeter, also ein Kubikmeter, kostet um die 85 bis 100 Euro.


16 Meter lang und 28 Zentimeter Durchmesser

Für ein Floß werden acht Stämme benötigt. Der Durchmesser sollte 28 Zentimeter betragen und die Länge bei 16 Metern liegen. Per Augenmaß entscheidet Flößer Michael Mähringer, welche Fichte er fällt. Dabei achtet er auf die Krümmung des Baumes. Nur gerade Stämme eignen sich für den Floßbau. Ist ein Stamm schief, entstehen beim Zusammennageln Zwischenräume, in die Füße der Floß-Touristen gelangen könnten. Deshalb eignen sich auch bereits auf dem Boden liegende Stämme weniger. "Wir haben so etwas noch nie benutzt, da du nicht siehst, ob die krumm sind, wenn sie liegen", sagt Flößer Helmut Müller.



Üblicherweise wird das Holz Ende Oktober bis Anfang November geschlagen, weil dann wenig Saft im Holz ist. Ende Juli sind "die Stämme zu schwer und müssen getrocknet werden", erklärt Mähringer. Das dauert in der Regel ein halbes Jahr. Daher wiegen unsere Stämme, die derzeit noch voll mit Saft sind, etwa eine Tonne. "Das Holz muss trocken sein, anders hält es nichts aus", versicherte uns Franz Reinhold. Für unsere Abschlussfahrt im August mussten wir uns somit etwas anderes einfallen lassen.

Zum Rudern verwenden die Wallenfelser Tannenstangen, mit denen sie sich vom Flussboden abstoßen. Für die Floße werden ausschließlich gesunde Bäume verwendet. "Wenn sich der Borkenkäfer am Holz zu schaffen macht, saugt es sich schneller voll und hält nur zwei bis drei Jahre", sagt Holzmacher Mähringer. Bei gesunden Stämmen können die Wassergefährte etwa vier bis fünf Jahre genutzt werden. Dann wird aus ihnen, genau wie aus den Reststücken, die bei der Baumfällung übrig bleiben, Brennholz.


Kraftakt beim Entrinden

Ist der Baum gefällt, müssen die Äste mit der Kettensäge abgetrennt werden. Ein Kettensägenschein ist hierbei Pflicht. Werden die Äste ungenau abgetrennt, ist es später schwerer den Stamm zu entrinden. Hierfür wird ein Schaber eingesetzt, der mit voller Kraft unter die Rinde gerammt wird. Und dann heißt es immer wieder ansetzen und mit voller Kraft die Rinde ablösen.

Bei acht Stämmen ein richtiger Kraftakt - doch die Herren vom Flößerverein sind diese Arbeit gewohnt. "Meine Eltern haben früher damit ihr Geld verdient. Mein Bruder ist Flö-ßermeister. Ich habe Flößerblut in den Adern und bin sogar schon von Würzburg nach Holland geflößt", erinnert sich Helmut Müller an seine besten Flößer-Tage zurück. Doch die sind noch lange nicht zu Ende. Denn jedes Jahr hilft er beim Floßbau mit, fällt mit anderen um die 50 Bäume und baut daraus sechs Floße. Eine Tradition der Familie, an der er festhält.