Die Mutter eines im Sandstraßen-Prozess Festgenommenen erhebt schwere Vorwürfe gegen die Justiz. Das sorgt auch für bundesweites Medieninteresse.
Der aktuelle Strafprozess wegen der Gewalttaten in der Sandstraße im Juli 2017 ist in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnlicher. Selbst erfahrene Justiz-Mitarbeiter können sich nicht daran erinnern, dass gleich drei Zeugen noch im Gerichtssaal wegen des Verdachts der Falschaussage verhaftet wurden. Zwei von ihnen sind noch immer in Untersuchungshaft. "Als Mutter bin ich in größter Sorge, ich darf mit meinem Sohn Robin nicht kommunizieren oder ihn besuchen. Ich empfinde das als skandalös", sagt Juliana F., deren Sohn am vergangenen Mittwoch im Zeugenstand verhaftet worden war. Die Flensburgerin ist mittlerweile nach Bamberg gereist, um sich für ihren Sohn einzusetzen. Zudem informierte sie bundesweit Medien, von RTL bis Hamburger Morgenpost, über die Ereignisse vor dem Landgericht Bamberg.
"Mauer des Schweigens"
"Ich werde diesen Weg zur Wahrheit weiter beschreiten, auch wenn er noch so steinig ist", hatte hingegen Oberstaatsanwalt Otto Heyder am vierten Verhandlungstag des Sandstraßen-Prozesses angekündigt und große Teile der Aussage von Robin F. wörtlich protokollieren lassen, um Widersprüche aufzeigen zu können.Es gehe ihm nicht darum, Druck auf die Zeugen auszuüben. Schon bei Anklageerhebung hatte Heyder von einer "einzigartigen Mauer des Schweigens" berichtet.
In jener Nacht vom 29. auf den 30. Juli, um die es vor Gericht geht, war der damals knapp 22-Jährige zum ersten Mal in Bamberg. Er hatte auf der Durchreise nach Italien einen Zwischenstopp in Bamberg eingelegt und mit einer alten Bekannten und deren erweitertem Freundeskreis in der Sandstraße gefeiert. Als die letzten Lokale schlossen, gerieten einige aus der Gruppe mit zwei anderen Männern in Streit, der schließlich handgreiflich wurde.
Bald darauf folgte ein weiteres Aufeinandertreffen, kurz aber folgenreich für den 36-Jährigen Christian K. (Namen geändert). Der erlitt nach einer Attacke von Tom Z. einen Schädelbasisbruch und lag vier Wochen im Koma. Der 36-Jährige hat seinen Geruchssinn verloren, hört nur noch auf einem Ohr und fühlt sich nicht mehr als der selbe wie vor der Tat. Von den zahlreichen Zeugen, die sich in den entscheidenden Sekunden unweit des Geschehens aufhielten, konnte vor Gericht fast keiner genaue Angaben machen, wie K. zu Fall gebracht und ob er am Boden noch getreten wurde. Robin F. habe K. zwar aus weiter Entfernung liegen sehen, sei dann aber weitergegangen, weil sich andere kümmerten. Den Angriff habe er nicht gesehen, seine Bekannte habe ihm davon berichtet - was sie wiederum anders darstellt. Auf dem Überwachungsvideo, das vor der Justizvollzugsanstalt aufgenommen wurde, erkannte F. sich selbst nicht wieder. Man sieht den Zeugen im Video unter anderem Bewegungen vollführen, die von einigen Prozessteilnehmern als nachgeahmte Schläge und Tritte gedeutet wurden.
"Das Ganze ist eineinhalb Jahre her, er war damals alkoholisiert und wurde nun unter Druck gesetzt", sagt Juliana F.. Robin sei ein völlig unauffälliger junger Mann, der derzeit eine Ausbildung absolviere. "Wir konnten nur ganz kurz telefonieren, er hat verzweifelt geweint." Ihr Anwalt Jan Smollich pflichtet ihr bei: "Das sind willkürliche Methoden der Bamberger Justiz, wie ich sie in 26 Jahren als Strafverteidiger bundesweit noch nicht erlebt habe." F. könne sich eben "an das eine oder andere nicht erinnern".
Besteht Verdunkelungsgefahr?
" Dafür wird er dann aus meiner Sicht in eine Art Beugehaft genommen, damit er eine Aussage trifft, die der Staatsanwaltschaft genehm ist", sagt der Anwalt. F. habe keinen der Beteiligten gekannt und habe entsprechend auch nichts zu verdunkeln. "Und selbst wenn er etwas ausgesagt hätte, was so nicht ganz zutrifft, ist das nach mehr als einem Jahr auch kein Wunder. Man kann ihn doch wegen sowas nicht verhaften." Smollich kündigte Haftbeschwerde und eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Oberstaatsanwalt an: "Die Freiheit ist schließlich ein Grundrecht. Allein schon, dass ihn die Mutter nicht besuchen darf, ist eine Unverschämtheit."
Gegen die beiden noch inhaftierten Zeugen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage und versuchter Strafvereitelung, beim mittlerweile wieder aus der U-Haft entlassenen 28-Jährigen (O-Ton Heyder im Gerichtssaal: "Sie lügen permanent") ging es zudem um falsche Verdächtigung. Eine weitere Zeugin bewahrte nur ihr kleines Kind vor der Festnahme im Gerichtssaal.
Vorausschicken möchte ich, dass ich den Zeugen Robin F. nicht kenne, weder verwandt oder verschwägert mit ihm bin und auch die Familie nicht kenne. Nach der Berichterstattung über diesen Vorgang frage ich mich: Wann stoppt jemand diesen wildgewordenen Staatsanwalt? Ein Zeuge, nur zufällig und alkoholisiert am Tatort, wird nach eineinhalb Jahren mit fünf Tagen Ladungsfrist (was für eine vorausschauende Planung) von Flensburg nach Bamberg beordert. Während der Befragung verstrickt er sich wohl in Widersprüche. Das kann passieren, besonders wenn man zum Tatzeitpunkt nicht ganz nüchtern war und schon 18 Monate vergangen sind. Einen Zeugen, der sich ursprünglich freiwillig bei der Polizei gemeldet hat, jetzt im Gerichtssaal festnehmen zu lassen und dann auch noch den nächsten Angehörigen keine Besuchserlaubnis zu geben, wird nur eines erzeugen - Staatsverdrossenheit bei diesem jungen Mann. Der wird sich nie wieder als Zeuge melden. Und Staatsverdrossenheit wird nicht nur bei diesem jungen Mann erzeugt, sondern auch bei mir. Herr Oberstaatsanwalt Heyder, werden Sie vernünftig und lassen Sie den Zeugen frei.
Werner Huß, Eckernförde
liebe mama, ja schön mit der ausbildung, noch schöner mit dem suff vom kleinen, aber endlich mal ein staatsanwalt, der sich nicht für blöde verkaufen lässt, und das mit der staatsverdrossenheit treiben wir dem knäblein auch noch raus oder anders gesagt, da wird jemand fast zu tode geprügelt und keiner will was gesehen haben
Zunächst einmal: Die Verwendung von Groß- und Kleinschreibung erleichtert die Lesbarkeit eines Textes ungemein. Jetzt zur Sache: Natürlich muss dieses Verbrechen aufgeklärt werden und ein gerechtes Urteil gesprochen werden. Trotzdem kann es nicht angehen, dass ein übereifriger Staatsanwalt mittlerweile vier Zeugen vorläufig festnehmen lässt und in U-Haft schickt weil ihm die Aussagen der Zeugen nicht ausreichend oder widersprüchlich erscheinen. Was sollte denn das Motiv des Zeugen F. sein, einen Tatbeteiligten zu decken, der ihm völlig unbekannt ist? Aber da wird Herr oder Frau supiter bestimmt eine Antwort haben, genau so, wie er oder sie eine Lösung hat, dem „Knäblein die Staatsverdrossenheit auszutreiben“.
Sehr geehrte Frau/Herr supiter,
ich wünsche Ihnen, daß sie nicht auch in diese oder eine ähnliche Lage vor Gericht kommen und auf jemanden zeigen sollen, den Sie vor eineinhalb Jahren bei Dunkelheit und alkoholisiert, einmal im Leben gesehen haben (sollen). Fassen Sie sich (und alle anderen auch, einschließlich Herrn Heyder) an die eigene Nase und überlegen, was Sie am 30.07.2017 gemacht haben: Welche Leute haben Sie an diesem Tag getroffen? Welche Kleidung hatten Sie an? Was haben sie zu Mittag gegessen? Wie war ihr (lückenloser!) Tagesablauf, den Sie auch vor Gericht (uneidlich und trotzdem strafbewährt) aussagen könnten? Spätestens hier kommt jeder von uns ins Straucheln. Und ich bezweifle, daß Sie und der Herr Oberstaatsanwalt diese Fragen zu unser aller Zufriedenheit beantworten könnte. Auf grund dieser Zweifel beantrage ich, Sie und Herrn Heyder für eine Woche mal weg zu sperren! Ich hoffe das gibt Ihnen zu denken!
Dr. Gerhard Herbst, Litzendorf (rein zufällig auch der Wohnort des Herrn Staaatsanwaltes)
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