Druckartikel: Entführte rote Figur ist wieder aufgetaucht

Entführte rote Figur ist wieder aufgetaucht


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Montag, 10. Juni 2013

Die Veranstalter der Bamberger Ausstellung "Circles" konnten schnell wieder aufatmen: Am Montag früh gegen 9 Uhr tauchte die verschwundene Figur aus der Gruppe "Meeting" von Wang Shugang wieder auf - zusammen mit einem Entschuldigungsschreiben.
War es nur ein Scherz? Einen Tag, nachdem einer der acht roten Kunstfiguren vom Schönleinsplatz verschwand, kam er als "Bruder Thak" tituliert wieder zurück.  Foto: pr.


Es war ein Mitarbeiter des Bamberger Theaters, dem die Entdeckung gelang - im wahrsten Sinne des Wortes. Im Harmoniegarten stieß er am Montag auf dem Weg zur Arbeit auf einen Gegenstand, der von einer Decke verhüllt war.

Darunter verbarg sich eine der roten Kunst-Skulpturen, die seit kurzem die sitzende Männergruppe "Meeting" am Schönleinsplatz bilden. Die Installation von Wang Shugang, Teil der Ausstellung "Circles", war am Wochenende zum wahren Pilgerort für Touristen und Einheimische geworden.

Die anfängliche Vermutung des Finders, die verdeckte Figur sei vielleicht ein zweiter, unbekannter Teil der Installation erwies sich als falsch. Es handelte sich um die seit Sonntag früh vermisste Nummer acht der Figurengruppe. Einen Tag nach dem vermeintlichen Diebstahl haben der oder die Täter das Kunstobjekt im Harmoniegarten unter einer Decke versteckt wieder abgestellt. Interessant: Auf dem Kopf des rund zehn Kilo schweren Polyester-Mannes klebte ein Zettel mit der aus verschiedenen Buchstaben zusammengesetzten Aufschrift "Bruder Thak ist zurück".

Ob dies eine Anspielung an Bruder Tuck, den bekannten Gefährten Robin Hoods im Sherwood-Forest bedeuten soll oder nicht, ist nicht bekannt. Ein zweiter Zettel war ebenfalls an der Skulptur angeheftet. Er ist möglicherweise als Entschuldigung zu werten: "Der gute Thak wollte mich eigentlich gar nicht mehr verlassen. Aber die Runde sah zu siebt einfach zu traurig aus. Bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten. Ich hoffe, es kann alles wieder in den Ausgangszustand versetzt werden."

Zumindest am Montag Vormittag konnte die Gruppe noch nicht wieder komplettiert werden. Die sicher gestellte Figur wurde zum Zwecke der Spurensicherung erst einmal von der Polizei abtransportiert.
Der Diebstahl hatte sich am Sonntag früh gegen 5 Uhr ereignet. Wie die Polizei bestätigte, wurde der Täter dabei vom Nachtportier eines benachbarten Hotels beobachtet. Dieser verfolgte den Mann, der die Figur hoch über dem Kopf tragend Richtung Zinkenwörth flüchtete. Am Schillerplatz soll der Hotel-Mitarbeiter den Mann angesprochen haben, der daraufhin flüchtete. Doch nachdem der Nachtportier, zurück im Hotel, die Polizei alarmiert hatte, fehlte vom Dieb wie auch von der Figur jede Spur.

Noch am Sonntag hatte der Veranstalter der Ausstellung Circles, Alexander Ochs-Barwinek, eine Jahresfreikarte bei den Bamberger Museen für den Finder der Skulptur ausgelobt. Fieberhaft hatten zudem Freunde der Ausstellung den Sonntag über nach dem Verbleib der achten Figur gefahndet - erfolglos. "Weder am Fluss, noch in der Stechert-Arena zum Auftakt der Finals konnten wir den Sitzenden finden. Er war wie vom Erdboden verschluckt", sagte Ulrike Siebenhaar von der Pressestelle der Stadt.

Der Künstler, der die Gruppe geschaffen hat, Wang Shugang aus China, war dem Dieb aber nicht böse. Freilich bedauerte er es, dass dadurch ein Teil seines Kunstwerks der Bamberger Bevölkerung vorenthalten werde und forderte den Dieb auf, die Figur wieder zurückzubringen.

Da vergleichbare Entführungsfälle, aber auch ernster Diebstahl und Vandalismus angesichts der exponierten Lage der Figurengruppe auch in Zukunft nicht ausgeschlossen werden können, kündigt Ochs-Barwinek an, die Hockenden künftig jede Nacht mit einer Kette zu sichern. Doch liege dies nicht in der Absicht des Werks. Wang wolle keine gefesselten Chinesen zeigen. Vielmehr sehe er die Gruppe seiner meditierenden Landsleute auch als freundliche Botschafter friedfertiger asiatischer Kulturen. Ochs-Barwinek bittet die Bevölkerung um Unterstützung des Projekts: "Es wäre doch schade, wenn wir wir Wang Shugangs Circle abbauen müssten."

Die sitzenden Männer Wang Shugangs haben sich bereits in den ersten Tagen der Ausstellung zu einem Publikumsmagneten entwickelt. Hunderte ließen sich im Kreis der roten Männer fotografieren. Sogar Touristenbusse sollen für die Figurengruppe einen Extrastopp eingelegt haben.

Am Schönleinsplatz wurden in der Vergangenheit immer wieder Figuren entwendet, zuletzt im Januar 2011, als aus der Großkrippe eine Königsfigur verschwunden und nach einigen Tagen in Gaustadt wieder aufgefunden worden war.

Bei vielen unvergessen ist die Geschichte, die sich Weihnachten 1987 ereignete. Damals wurde das etwa einen halben Meter große Jesuskind aus der Großkrippe am Schönleinsplatz gestohlen, eine Tat zu der sich das Kommando Herodes bekannte. Auch diese Figur ist zurückgekehrt, allerdings erst an Ostern des folgenden Jahres. Der unbekannt gebliebene Dieb ließ sie in einer Plastikwanne wie weiland Moses im Weidenkörbchen die Regnitz hinabschwimmen. Bevor das Gefährt im Strudel der Oberen Mühlen zu kentern drohte, wurde das Christkind gesichtet und "gerettet".